Tote Augen Sehen Leben 1994
Trauma
Mitnichten beginnt die Tat nicht allein mit der Handlung. Vielmehr reißt das Vorfeld den Umriß der Tat. Noch weißt die Skizze verschobene Perspektiven auf, doch entwickeln sich die Linien weiter bis hin zur Vollendung. Die Tat an sich ist nur die Summe der Überlegungen, die uns die Handlungsweise als logisch erscheinen läßt. In diesem Augenblick, der keiner ist, verlassen wir die Wurzeln, um in die Peripherie des Absoluten zu gleiten, ohne in lachenden Gef¨¹hlen ertrinken zu m¨¹ssen. Die kurze Suche ist beendet, ohne bemerkt zu haben, wieviele Zeit benötigt wurde, um den Vorgang g¨¹ltig abzuschließen. Jetzt beginnt und endet der Zeitpunkt der Tat. Zur gleichen Zeit beginnt das Trauma ...
Märchenprinzen
Märchenprinzen sterben schneller als erwartet, denn sie sind nur schön und fröhlich Manisch lächelnd fallen ihre Blicke zuckers¨¹ß - die Maske schmilzt zur Fratze ¨¹bersät mit bitters¨¹ßen Tränen Pastellfarben bleiben leicht verdaulich Kraftlos blättert die Farbe vom Kost¨¹m Ton um Ton wird alles grau. Märchenprinzen lachen laut verschwinden leise So fällt ihr Lachen in den bitters¨¹ßen Fluß Darin tanzen die Blätterfarben Unaufdringlich in Pastell Und laut lachend schwimmt der Märchenprinz zur Mitte und bittet um Vergebung Fröhlich blubbernd versinkt er lächelnd Ton um Ton verstummt.
Bunter Rauch
In bunten Rauch getaucht zu leben entf¨¹hrt entr¨¹ckt im Farbenrausch Verf¨¹hrt durch leise L¨¹gen gebrochen scheint das Gipsgesicht gebrochen scheint das Gipsgesicht ... Verborgen blutet der greise J¨¹ngling sein Stolz vebietet klar zu denken So sei es ! Worte - jetzt ohne Sinn gebrochen scheint das Gipsgesicht gebrochen scheint das Gipsgesicht K¨¹nstlich leuchtend schreiten Tag und Nacht gemeinsam durch scheinbar liebenswerte Bilder, die St¨¹ck f¨¹r St¨¹ck den Gips zerbeißen die St¨¹ck f¨¹r St¨¹ck den Gips zerbeißen ... zerbrochen ist das Gipsgesicht zerbrochen ist das Gipsgesicht ... Der J¨¹ngling blutet weiter teils verborgen hinter weißer Masse zersetzt im bunten Rauch zerbrochen ist das Gipsgesicht ...
Ich Liebe Schmerzen
Seit Tagen liege ich im warmen Wasser Ich f¨¹hle mich wohl warm und leicht Meine Haut löst sich ganz leicht vom Fleisch Ich genieße den Schmerz er tut gut Ich liebe Schmerzen Warum nicht ? Das Wasser ist tiefrot Das Rubinauge beobachtet mich Kleine Blutgerinsel treiben in meinem Saft Der Schmerz ist fast unerträglich Aber ich will mehr noch mehr Schmerzen sp¨¹ren Ich liebe Schmerzen Warum nicht ? Inzwischen kann ich nicht mehr sitzen Meine Muskeln liegen frei Zitternd bebt mein Körper brennend Neben der Wanne t¨¹rmt sich die Haut Streifen um Streifen mehren sich meine Schmerzen Ich liebe Schmerzen Warum nicht ? Das rohe Leben liegt h¨¹llenlos frei schutzlos dem Schmerz ausgeliefert Meine Liebe zum Schmerz wird mir irgendwann das Leben kosten aber ... Ich liebe Schmerzen Warum nicht ?
Rote Tränen
Es macht mir eigentlich keine Freude in meine eigene Hand zu schneiden, rote Tränen zu beobachten, die einen kleinen Rinnsal bildend mich verlassen. Die einzige Möglichkeit mich an mir zu rächen Zu s¨¹hnen f¨¹r das was ich sprach und tat. Ohne bewußt gehandelt zu haben. Es kommt mir vor als hätte ich nie gelacht nie geweint, gelacht geweint Die Bilanz zeigt aufwärts Doch verliert sich die schwarze Linie am tr¨¹ben Horizont der brennt. Mit steigender Tendenz Richtung Unendlichkeit Weit entfernt von so etwas wie Gef¨¹hlen. Ich sp¨¹re nicht das St¨¹ck Fleisch, daß anstatt meiner rote Tränen weint. Im Moment noch wenige Und jeder Schritt abseits der Linie wird bestraft mit fl¨¹sternden Worten die mehr rote Tränen fordern. Hört nur wie sie fl¨¹stern und wispern schimpfen und geifern stechen und bohren zerren und beißen fordern: rote Tränen zu weinen und schließlich darum betteln Endlich rote Tränen zu weinen Endlich rote Tränen zu weinen ... rote Tränen zu weinen ... Tränen zu weinen ... zu weinen ... weinen
Fl¨¹stern
Urplötzlich hat es begonnen, zu mir zu sprechen. Nicht laut und deutlich waren die Worte Die Stimme zelebrierte sie leise und freundlich Ein sympathisches Fl¨¹stern Nicht aufdringlich noch boshaft, - aber bestimmt Das Fl¨¹stern hatte mich gerne und half mir beim Nachdenken. Anfangs nur dann, wenn ich Hilfe benötigte. Immer dann wenn ich allein war. Doch immer öfter hörte ich das Fl¨¹stern. Dann kam der Tag, an dem ich aufhörte nachzudenken. Das Fl¨¹stern hatte diese Aufgabe ¨¹bernommen. Und ich folgte seinen Gedanken blind und unbeirrt. Ich war nie mehr einsam, auch wenn die Menschen in meiner Umgebung verschwanden. Sie mochten ihn nicht, obwohl sie ihn nicht einmal kannten. Selbst meine Mutter wachte eines Tages nicht mehr auf. Sie hatte mich verlassen Das Fl¨¹stern hatte es so bestimmt. Mit der Anzahl der Menschen, die um mich herum verschwanden, erhöhte sich die Zeit unserer Zweisamkeit. Es blieb viel Zeit miteinander zu reden. Er hörte mir zu ich ihm und ich tat all das, was er mir zufl¨¹sterte.
Mit Dem Wissen ...
Es ist nicht Absicht meiner Tat den Kindern ihre Freude zu rauben, aber es wird besser sein sie zu töten, um sie vor dem Kommenden zu bewahren. Ein sanfter Tod - unbemerkt - kann etwas sehr schönes sein. Es ist nicht Absicht meiner Tat den Kindern ihre Träume zu rauben, aber es wird besser sein sie zu töten, denn ihre Träume werden immer nur häßlich sein und sich ¨¹ber ihren Schlaf wie ein dunkler Schatten legen. Es ist nicht die Absicht meiner Tat mit dem Tod der Kinder den Zyklus des Lebens zu unterbrechen aber es wird besser sein sie zu töten, denn Erwachsene können sehr Gefährlich sein Sehr Gefährlich, denn sie vergaßen ihre Jugend Es ist die Absicht meiner Tat allein zu sein Als letzter zufrieden dem Ende des Tages beizuwohnen mit dem Wissen der nächste wird wieder fröhlich sein ...
Gedanken
Es war der Gedanke der mich traf wie der Dolch das frische Fleisch eines geopferten Tieres trifft und tötet. Und die gleiche Hilflosigkeit spiegelte sich in meinen Augen wieder, die rosa schimmerten, Der Eigenzorn ließ die Äderchen zerplatzen. Bewußt zerstört zu haben, fragte ich nach dem Sinn und sah nur das Symbol der Eitelkeit, in dessen Windungen sich mein Wille verirrte und das Geschehen noch während der Dimensionsfessel zu vergessenem Strandgut degradierte. Herausgetrennt aus dem Bilderbuch der Freude. Achtlos verworfen in eine graue Pappschachtel in der es modrig vergessen wird. Die Konturen verwischen Ich schlug mir vor zu schweigen um auf eine Antwort zu warten. - und ich wartete Woche f¨¹r Woche Jahr f¨¹r Jahr. Doch eine Antwort erhielt ich nie Nur Schweigen folgte auf Schweigen Endlich war es so still, daß ich bemerkte wie mich mein eigenes Schweigen auslachte.
Warten
Ich warte auf den Augenblick in dem die Sonne anfängt zu lächeln um gemeinsam mit dem Mond zu tanzen Die Dunkelheit von Licht durchflutet freundlich vom Gesang der Vögel begr¨¹ßt wird Und die Väter mit den Kindern am Sandkasten sitzen und spielen Doch es kam anders ... Die Blitze rissen den Himmel in Fetzen Und im Trauerfluß der Wolken ertranken all die Vögel Ihnen blieb keine Zeit zu singen Unheimlich heulte der schuldlose Sturm Und in der Luft lag der Geruch der Angst Die Väter bargen die leblosen Körper ihrer Kinder Die Wut der Natur hat sich gelegt Die Wogen geglättet - der Himmel befreit Die Väter haben ihre Kinder begraben und begonnen kleine Sandkästen anzulegen Und dort sitzen sie und warten warten auf einen Augenblick ... Und sie warten auf den Augenblick in dem die Sonne anfängt zu lächeln um gemeinsam mit dem Mond zu tanzen Die Dunkelheit von Licht durchflutet freundlich vom Gesang der Vögel begr¨¹ßt wird Und sie warten auf die Kinder die mit ihnen spielen werden
Es Ist Zeit
Es ist Zeit die Suche aufzugeben Der Weg war steinig, die F¨¹ße bluten mein Stolz ist längst gebrochen Mein Leben war ein Acker ohne Hoffnung Der Pfad ist markiert von den bleichen stummen Zeugen, derer, die den Weg vor mir schritten. Entlang versteinerter Traumbilder gedanklich gefangenen Sehns¨¹chten Endlos zeigt der Horizont am grauschwarzen Firmament ein Gemälde Häßliche Vögel beobachten meinen Körper, der nackt von der Sonne gebranntmarkt auf allen vieren kriechend sucht Die Wunden eitern und locken ihn herbei Es ist Zeit die Suche aufzugeben Der Weg ... Der trockene Sand klebt an meinen Lippen Regungslos bleibt er liegen Die Gef¨¹hle sind gestorben Der Schmerz ist isoliert Der Biß der Schlange bleibt unbemerkt Ein Windhauch k¨¹ndigt seine Nähe Die Spur wird durch den Schlag der Schwinge beseitigt zur¨¹ck bleibt nur ein Meer aus Sandkörnern Ich ahne wie mein Fleisch aus meinem Körper gerissen wird. Es ist Zeit Laß es dir schmecken mein Freund Es ist Zeit Es ist Zeit ... Es ist Zeit die Suche aufzugeben Der Weg ...
Das Spiegelbild
Glas Ein lichtschluckender Hintergrund Als die Zukunft sich im Gleichschritt mit der Gegenwart befand, fiel mein Blick auf das Spiegelbild. Von der Faszinatioin des Zeitpunktes gebannt, vergaß ich zu denken. Allein der Blick in das Auge meines Spiegelbildes ist mir möglich. Seitenverkehrt trifft ihn dasselbe Licht, das mir zu diesem Abbild verhilft. Nur schwach ! Deshalb die Farbe grau ! Das Gesicht meines Spiegelbildes scheint meine Konturen aufzusaugen. Mein Ursprungskörper vor dem Glas verblaßt, verliert Substanz. Ich nähere mich dem Spiegelbild und verwandele mich in einen Zyklopen, der sich an meinen Körper schmiegt. K¨¹hle Glätte begr¨¹ßt meine Lippen, meine Haut. Der gedachte Kuß meines kalten Spiegelildes weckt in mir die Sehnsucht, diesem näher zu sein. Die Augen geschlossen presse ich meinen Leib immer intensiver und mit geballter Sehnsucht an mein eigenes Spiegelbild. Und er scheint dies zu bestärken. Knirschend zerbricht die Grenze Millionenfach zerschneiden wir uns gegenseitig zu Fleisch und Kristallen um eins zu werden. Gemeinsam st¨¹rzen wir in die Leere Vereinigt begr¨¹ßen wir den Boden, der immer näher kommt ...
Tote Augen
Welch wunderbares Gef¨¹hl war und ist es zu fallen Getragen vom Wind Losgelöst vom Stamm Um in Neuem gebettet zu zerfallen Die Form als Ursprung ändert sich und tote Augen sehen Leben Und nach Verfall und Kälte beginnt der Kreis sich zu schließen. Wir erwachen und bemerken Das Sterben ist ästhetisch bunt ...