SIDDHARTHA Eine indische Dichtung von Hermann Hesse ERSTER TEIL Romain Rolland dem verehrten Freunde gewidmet DER SOHN DES BRAHMANEN Im Schatten des Hauses, in der Sonne des Flu.ufers Booten, im Schatten des Salwaldes, im Schatten des Feigenbaumes wuchs Siddhartha auf, der sch.ne Brahmanen, der junge Falke, zusammen mit seinem Freunde, dem Brahmanensohn. Sonne br.unte seine lichten Schultern am Flu.ufer, beim Bade, bei den heiligen Waschungen, bei den heiligen Opfern. Schatten flo. in seine schwarzen Augen im Mangohain, bei den Knabenspielen, beim Gesang der Mutter, bei den heiligen Opfern, bei den Lehren seines Vaters, des Gelehrten, beim Gespr.ch der Weisen. Lange schon nahm Siddhartha am Gespr.ch der Weisen teil, ¨¹bte sich mit Govinda im Redekampf, ¨¹bte sich mit Govinda in der Kunst der Betrachtung, im Dienst der Versenkung. Schon verstand er, lautlos das Om zu sprechen, das Wort der Worte, es lautlos in sich hinein zu sprechen mit dem Einhauch, es lautlos aus sich heraus zu sprechen mit dem Aushauch, mit gesammelter Seele, die Stirn umgeben--vom Glanz des klardenkenden Geistes. Schon verstand er, im Innern seines Wesens Atman zu wissen, unzerst.rbar, eins mit dem Weltall. Freude sprang in seines Vaters Herzen ¨¹ber den Sohn, den Gelehrigen, den Wissensdurstigen, einen gro.en Weisen und Priester sah er in ihm heranwachsen, einen F¨¹rsten unter den Brahmanen. Wonne sprang in seiner Mutter Brust, wenn sie ihn sah, wenn sie ihn schreiten, wenn sie ihn niedersitzen und aufstehen sah, Siddhartha, den Starken, den Sch.nen, den auf schlanken Beinen Schreitenden, den mit vollkommenem Anstand sie Begr¨¹.enden. Liebe r¨¹hrte sich in den Herzen der jungen Brahmanent.chter, wenn Siddhartha durch die Gassen der Stadt ging, mit der leuchtenden Stirn, mit dem K.nigsauge, mit den schmalen H¨¹ften. Mehr als sie alle aber liebte ihn Govinda, sein Freund, der Brahmanensohn. Er liebte Siddharthas Auge und holde Stimme, er liebte seinen Gang und den vollkommenen Anstand seiner Bewegungen, er liebte alles, was Siddhartha tat und sagte, und am meisten liebte er, seinen Geist, seine hohen, feurigen Gedanken, seinen gl¨¹henden Willen, seine hohe Berufung. Govinda wu.te: dieser wird kein gemeiner Brahmane werden, kein fauler Opferbeamter, kein habgieriger H.ndler mit Zauberspr¨¹chen, kein eitler, leerer Redner, kein b.ser, hinterlistiger Priester, und auch kein gutes, dummes Schaf in der Herde der Vielen. Nein, und auch er, Govinda, wollte kein solcher werden, kein Brahmane, wie es zehntausend gibt. Er wollte Siddhartha folgen, dem Geliebten, dem Herrlichen. Und wenn Siddhartha einstmals ein Gott w¨¹rde, wenn er einstmals eingehen w¨¹rde zu den Strahlenden, dann wollte Govinda ihm folgen, als sein Freund, als sein Begleiter, als sein Diener, als sein Speertr.ger, sein Schatten. The Legal Small Print So liebten den Siddhartha alle. Allen schuf er Freude, allen war er zur Lust. Er aber, Siddhartha, schuf sich nicht Freude, er war sich nicht zur Lust. Wandelnd auf den rosigen Wegen des Feigengartens, sitzend im bl.ulichen Schatten des Hains der Betrachtung, waschend seine Glieder im t.glichen S¨¹hnebad, opfernd im tiefschattigen Mangowald, von vollkommenem Anstand der Geb.rden, von allen geliebt, aller Freude, trug er doch keine Freude im Herzen. Tr.ume kamen ihm und rastlose Gedanken aus dem Wasser des Flusses geflossen, aus den Sternen der Nacht gefunkelt, aus den Strahlen der Sonne geschmolzen, Tr.ume kamen ihm und Ruhelosigkeit der Seele, aus den Opfern geraucht, aus den Versen der Rig-Veda gehaucht, aus den Lehren der alten Brahmanen getr.ufelt. Siddhartha hatte begonnen, Unzufriedenheit in sich zu n.hren, Er hatte begonnen zu f¨¹hlen, da. die Liebe seines Vaters, und die Liebe seiner Mutter, und auch die Liebe seines Freundes, Govindas, nicht immer und f¨¹r alle Zeit ihn begl¨¹cken, ihn stillen, ihn s.ttigen, ihm gen¨¹gen werde. Er hatte begonnen zu ahnen, da. sein ehrw¨¹rdiger Vater und seine anderen Lehrer, da. die weisen Brahmanen ihm von ihrer Weisheit das meiste und beste schon mitgeteilt, da. sie ihre F¨¹lle schon in sein wartendes Gef.. gegossen h.tten, und das Gef.. war nicht voll, der Geist war nicht begn¨¹gt, die Seele war nicht ruhig, das Herz nicht gestillt. Die Waschungen waren gut, aber sie waren Wasser, sie wuschen nicht S¨¹nde ab, sie heilten nicht Geistesdurst, sie l.sten nicht Herzensangst. Vortrefflich waren die Opfer und die Anrufung der G.tter aber war dies alles? Gaben die Opfer Gl¨¹ck? Und wie war das mit den G.ttern? War es wirklich Prajapati, der die Welt erschaffen hat? War es nicht der Atman, Er, der Einzige, der Alleine? Waren nicht die G.tter Gestaltungen, erschaffen wie ich und du, der Zeit untertan, verg.nglich? War es also gut, war es richtig, war es ein sinnvolles und h.chstes Tun, den G.ttern zu opfern? Wem anders war zu opfern, wem anders war Verehrung darzubringen als Ihm, dem Einzigen, dem Atman? Und wo war Atman zu finden, wo wohnte Er, wo schlug Sein ewiges Herz, wo anders als im eigenen Ich, im Innersten, im Unzerst.rbaren, das ein jeder in sich trug? Aber wo, wo war dies Ich, dies Innerste, dies Letzte? Es war nicht Fleisch und Bein, es war nicht Denken noch Bewu.tsein, so lehrten die Weisesten. Wo, wo also war es? Dorthin zu dringen, zum Ich, ZU mir, zum Atman, gab es einen andern Weg, den zu suchen sich lohnte? Ach, und niemand zeigte diesen Weg, niemand wu.te ihn, nicht der Vater, nicht die Lehrer und Weisen, nicht die heiligen Opferges.nge! Alles wu.ten sie, die Brahmanen und ihre heiligen B¨¹cher, alles wu.ten sie, um alles hatten sie sich gek¨¹mmert und um mehr als alles, die Erschaffung der Welt, das Entstehen der Rede, der Speise, des Einatmens, des Ausatmens, die Ordnungen der Sinne, die Taten der G.tter unendlich vieles wu.ten sie--aber war es wertvoll, dies alles zu wissen, wenn man das Eine und Einzige nicht wu.te, das Wichtigste, das allein Wichtige? Gewi., viele Verse der heiligen B¨¹cher, zumal in den Upanishaden des Samaveda, sprachen von diesem Innersten und Letzten, herrliche Verse. "Deine Seele ist die ganze Welt", stand da geschrieben, und geschrieben stand, da. der Mensch im Schlafe, im Tiefschlaf, zu seinem Innersten eingehe und im Atman wohne. Wunderbare Weisheit stand in diesen Versen, alles Wissen der Weisesten stand hier in magischen Worten gesammelt, rein wie von Bienen gesammelter Honig. Nein, nicht gering zu achten war das Ungeheure an Erkenntnis, das hier von unz.hlbaren Geschlechterfolgen weiser Brahmanen gesammelt und bewahrt lag.--Aber wo waren die Brahmanen, wo die Priester, wo die Weisen oder B¨¹.er, denen es gelungen war, dieses tiefste Wissen nicht blo. zu wissen, sondern zu leben? Wo war der Kundige, der das Daheimsein im Atman aus dem Schlafe her¨¹berzauberte ins Wachsein, in das Leben, in Schritt und Tritt, in Wort und Tat? Viele ehrw¨¹rdige Brahmanen kannte Siddhartha, seinen Vater vor allen, den Reinen, den Gelehrten, den h.chst Ehrw¨¹rdigen. Zu bewundern war sein Vater, still und edel war sein Gehaben, rein sein Leben, weise sein Wort, feine und adlige Gedanken wohnten in seiner Stirn--aber auch er, der so viel Wissende, lebte er denn in Seligkeit, hatte er Frieden, war er nicht auch nur ein Suchender, ein D¨¹rstender? Mu.te er nicht immer und immer wieder an heiligen Quellen, ein Durstender, trinken, am Opfer, an den B¨¹chern, an der Wechselrede der Brahmanen? Warum mu.te er, der Untadelige, jeden Tag S¨¹nde abwaschen, jeden Tag sich um Reinigung m¨¹hen, jeden Tag von neuem? War denn nicht Atman in ihm, flo. denn nicht in seinem eigenen Herzen der Urquell? Ihn mu.te man finden, den Urquell im eigenen Ich, ihn mu.te man zu eigen haben! Alles andre war Suchen, war Umweg, war Verirrung. The Legal Small Print So waren Siddharthas Gedanken, dies war sein Durst, dies sein Leiden. Oft sprach er aus einem Chandogya-Upanishad sich die Worte vor: "F¨¹rwahr, der Name des Brahman ist satyam--wahrlich, wer solches wei., der geht t.glich ein in die himmlische Welt." Oft schien sie nahe, die himmlische Welt, aber niemals hatte er sie ganz erreicht, nie den letzten Durst gel.scht. Und von allen Weisen und Weisesten die er kannte und deren Belehrung er geno., von ihnen allen war keiner, der sie ganz erreicht hatte, die himmlische Welt, der ihn ganz gel.scht hatte, den,ewigen Durst. "Govinda," sprach Siddhartha zu seinem Freunde, "Govinda, Lieber, komm mit mir unter den Banyanenbaum, wir wollen der Versenkung pflegen." Sie gingen zum Banyanenbaum, sie setzten sich nieder, hier Siddhartha, zwanzig Schritte weiter Govinda. Indem er sich niedersetzte, bereit, das Om zu sprechen, wiederholte Siddhartha murmelnd den Vers: Om ist Bogen, der Pfeil ist Seele, Das Brahman ist des Pfeiles Ziel, Das soll man unentwegt treffen. Als die gewohnte Zeit der Versenkungs¨¹bung hingegangen war, erhob sich Govinda. Der Abend war gekommen, Zeit war es, die Waschung der Abendstunde vorzunehmen. Er rief Siddharthas Namen. Siddhartha gab nicht Antwort. Siddhartha sa. versunken, seine Augen standen starr auf ein sehr fernes Ziel gerichtet, seine Zungenspitze stand ein wenig zwischen den Z.hnen hervor, er schien nicht zu atmen. So sa. er, in Versenkung geh¨¹llt, Om denkend, seine Seele als Pfeil nach dem Brahman ausgesandt. Einst waren Samanas durch Siddharthas Stadt gezogen, pilgernde Asketen, drei d¨¹rre, erloschene M.nner, nicht alt noch jung, mit staubigen und blutigen Schultern, nahezu nackt von der Sonne versengt, von Einsamkeit umgeben, fremd und feind der Welt, Fremdlinge und hagere Schakale im Reich der Menschen. Hinter ihnen her wehte hei. ein Duft von stiller Leidenschaft, von zerst.rendem Dienst, von mitleidloser Entselbstung. Am Abend, nach der Stunde der Betrachtung, sprach Siddhartha zu Govinda: "Morgen in der Fr¨¹he, mein Freund, wird Siddhartha zu den Samanas gehen. Er wird ein Samana werden." Govinda erbleichte, da er die Worte h.rte und im unbewegten Gesicht seines Freundes den Entschlu. los, unablenkbar wie der vom Bogen losgeschnellte Pfeil. Alsbald und beim ersten Blick erkannte Govinda: Nun beginnt es, nun geht Siddhartha seinen Weg, nun beginnt sein Schicksal zu sprossen, und mit seinem das meine. Und er wurde bleich wie eine trockene Bananenschale. "O Siddhartha," rief er, "wird das dein Vater dir erlauben?" Siddhartha blickte her¨¹ber wie ein Erwachender. Pfeilschnell las er in Govindas Seele, las die Angst, las die Ergebung. "O Govinda," sprach er leise, "wir wollen nicht Worte verschwenden. Morgen mit Tagesanbruch werde ich das Leben der Samanas beginnen. Rede nicht mehr davon." Siddhartha trat in die Kammer, wo sein Vater auf einer Matte aus Bast sa., und trat hinter seinen Vater und blieb da stehen, bis sein Vater f¨¹hlte, da. einer hinter ihm stehe. Sprach der Brahmane: "Bist du es, Siddhartha? So sage, was zu sagen du gekommen bist." Sprach Siddhartha: "Mit deiner Erlaubnis, mein Vater. Ich bin gekommen, dir zu sagen, da. mich verlangt, morgen dein Haus zu verlassen und zu den Asketen zu gehen. Ein Samana zu werden ist mein Verlangen. M.ge mein Vater dem nicht entgegen sein." The Legal Small Print Der Brahmane schwieg, und schwieg so lange, da. im kleinen Fenster die Sterne wanderten und ihre Figur ver.nderten, ehe das Schweigen in der Kammer ein Ende fand. Stumm und regungslos stand mit gekreuzten Armen der Sohn, stumm und regungslos sa. auf der Matte der Vater, und die Sterne zogen am Himmel. Da sprach der Vater: "Nicht ziemt es dem Brahmanen, heftige und zornige Worte zu reden. Aber Unwille bewegt mein Herz. Nicht m.chte ich diese Bitte zum zweiten Male aus deinem Munde h.ren." Langsam erhob sich der Brahmane, Siddhartha stand stumm mit gekreuzten Armen. "Worauf wartest du?" fragte der Vater. Sprach Siddhartha: "Du wei.t es." Unwillig ging der Vater aus der Kammer, unwillig suchte er sein Lager auf und legte sich nieder. Nach einer Stunde, da kein Schlaf in seine Augen kam, stand der Brahmane auf, tat Schritte hin und her, trat aus dem Hause. Durch das kleine Fenster der Kammer blickte er hinein, da sah er Siddhartha stehen, mit gekreuzten Armen, unverr¨¹ckt. Bleich schimmerte sein helles Obergewand. Unruhe im Herzen, kehrte der Vater zu seinem Lager zur¨¹ck. Nach einer Stunde, da kein Schlaf in seine Augen kam, stand der Brahmane von neuem auf, tat Schritte hin und her, trat vor das Haus, sah den Mond aufgegangen. Durch das Fenster der Kammer blickte er hinein, da stand Siddhartha, unverr¨¹ckt, mit gekreuzten Armen, an seinen blo.en Schienbeinen spiegelte das Mondlicht. Besorgnis im Herzen, suchte der Vater sein Lager auf. Und er kam wieder nach einer Stunde, und kam wieder nach zweien Stunden, blickte durchs kleine Fenster, sah Siddhartha stehen, im Mond, im Sternenschein, in der Finsternis. Und kam wieder von Stunde zu Stunde, schweigend, blickte in die Kammer, sah den unverr¨¹ckt Stehenden, f¨¹llte sein Herz mit Zorn, f¨¹llte sein Herz mit Unruhe, f¨¹llte sein Herz mit Zagen, f¨¹llte es mit Leid. Und in der letzten Nachtstunde, ehe der Tag begann, kehrte er wieder, trat in die Kammer, sah den J¨¹ngling stehen, der ihm gro. und wie fremd erschien. "Siddhartha," sprach er, "worauf wartest du?" "Du wei.t es." "Wirst du immer so stehen und warten, bis es Tag wird, Mittag wird, Abend wird?" "Ich werde stehen und warten." "Du wirst m¨¹de werden, Siddhartha." "Ich werde m¨¹de werden." "Du wirst einschlafen, Siddhartha." "Ich werde nicht einschlafen." "Du wirst sterben, Siddhartha." "Ich werde sterben." The Legal Small Print "Und willst lieber sterben, als deinem Vater gehorchen?" "Siddhartha hat immer seinem Vater gehorcht." "So willst du dein Vorhaben aufgeben?" "Siddhartha wird tun, was sein Vater ihm sagen wird." Der erste Schein des Tages fiel in die Kammer. Der Brahmane sah, da. Siddhartha in den Knien leise zitterte. In Siddharthas Gesicht sah er kein Zittern, fernhin blickten die Augen. Da erkannte der Vater, da. Siddhartha schon jetzt nicht mehr bei ihm und in der Heimat weile, da. er ihn schon jetzt verlassen habe. Der Vater ber¨¹hrte Siddharthas Schulter. "Du wirst," sprach er, "in den Wald gehen und ein Samana sein. Hast du Seligkeit gefunden im Walde, so komm und lehre mich Seligkeit. Findest du Entt.uschung, dann kehre wieder und la. uns wieder gemeinsam den G.ttern opfern. Nun gehe und k¨¹sse deine Mutter, sage ihr, wohin du gehst. F¨¹r mich aber ist es Zeit, an den Flu. zu gehen und die erste Waschung vorzunehmen." Er nahm die Hand von der Schulter seines Sohnes und ging hinaus. Siddhartha schwankte zur Seite, als er zu gehen versuchte. Er bezwang seine Glieder, verneigte sich vor seinem Vater und ging zur Mutter, um zu tun, wie der Vater gesagt hatte. Als er im ersten Tageslicht langsam auf erstarrten Beinen die noch stille Stadt verlie., erhob sich bei der letzten H¨¹tte ein Schatten, der dort gekauert war, und schlo. sich an den Pilgernden an--Govinda. "Du bist gekommen", sagte Siddhartha und l.chelte. "Ich bin gekommen," sagte Govinda. BEI DEN SAMANAS Am Abend dieses Tages holten sie die Asketen ein, die d¨¹rren Samanas, und boten ihnen Begleitschaft und--Gehorsam an. Sie wurden angenommen. Siddhartha schenkte sein Gewand einem armen Brahmanen auf der Stra.e. Er trug nur noch die Schambinde und den erdfarbenen ungen.hten ¨¹berwurf. Er a. nur einmal am Tage, und niemals Gekochtes. Er fastete f¨¹nfzehn Tage. Er fastete acht und zwanzig Tage. Das Fleisch schwand ihm von Schenkeln und Wangen. Hei.e Tr.ume flackerten aus seinen vergr..erten Augen, an seinen dorrenden Fingern wuchsen lang die N.gel und am Kinn der trockne, struppige Bart. Eisig wurde sein Blick, wenn er Weibern begegnete; sein Mund zuckte Verachtung, wenn er durch eine Stadt mit sch.n gekleideten Menschen ging. Er sah H.ndler handeln, F¨¹rsten zur Jagd gehen, Leidtragende ihre Toten beweinen, Huren sich anbieten, .rzte sich um Kranke m¨¹hen, Priester den Tag f¨¹r die Aussaat bestimmen, Liebende lieben, M¨¹tter ihre Kinder stillen--und alles war nicht den Blick seines Auges wert, alles log, alles stank, alles stank nach L¨¹ge, alles t.uschte Sinn und Gl¨¹ck und Sch.nheit vor, und alles war uneingestandene Verwesung. Bitter schmeckte die Welt. Qual war das Leben. Ein Ziel stand vor Siddhartha, ein einziges: leer werden, leer von Durst, leer von Wunsch, leer von Traum, leer von Freude und Leid. Von sich selbst wegsterben, nicht mehr Ich sein, entleerten Herzens Ruhe zu finden, im entselbsteten Denken dem Wunder offen zu stehen, das war sein Ziel. Wenn alles Ich ¨¹berwunden und gestorben war, wenn jede Sucht und jeder Trieb im Herzen schwieg, dann mu.te das Letzte erwachen, das Innerste im Wesen, das nicht mehr Ich ist, das gro.e Geheimnis. The Legal Small Print Schweigend stand Siddhartha im senkrechten Sonnenbrand, gl¨¹hend vor Schmerz, gl¨¹hend vor Durst, und stand, bis er nicht Schmerz noch Durst mehr f¨¹hlte. Schweigend stand er in der Regenzeit, aus seinem Haare troff das Wasser ¨¹ber frierende Schultern, ¨¹ber frierende H¨¹ften und Beine, und der B¨¹.er stand, bis Schultern und Beine nicht mehr froren, bis sie schwiegen, bis sie still waren. Schweigend kauerte er im Dorngerank, aus der brennenden Haut tropfte das Blut, aus Schw.ren der Eiter, und Siddhartha verweilte starr, verweilte regungslos, bis kein Blut mehr flo., bis nichts mehr stach, bis nichts mehr brannte. Siddhartha sa. aufrecht und lernte den Atem sparen, lernte mit wenig Atem auskommen, lernte den Atem abzustellen. Er lernte, mit dem Atem beginnend, seinen Herzschlag beruhigen, lernte die Schl.ge seines Herzens vermindern, bis es wenige und fast keine mehr waren. Vom .ltesten der Samanas belehrt, ¨¹bte Siddhartha Entselbstung, ¨¹bte Versenkung, nach neuen Samanaregeln. Ein Reiher flog ¨¹berm Bambuswald--und Siddhartha nahm den Reiher in seine Seele auf, flog ¨¹ber Wald und Gebirg, war Reiher, fra. Fische, hungerte Reiherhunger, sprach Reihergekr.chz, starb Reihertod. Ein toter Schakal lag am Sandufer, und Siddharthas Seele schl¨¹pfte in den Leichnam hinein, war toter Schakal, lag am Strande, bl.hte sich, stank, verweste, ward von Hy.nen zerst¨¹ckt, ward von Geiern enth.utet, ward Gerippe, ward Staub, wehte ins Gefild. Und Siddharthas Seele kehrte zur¨¹ck, war gestorben, war verwest, war zerst.ubt, hatte den tr¨¹ben Rausch des Kreislaufs geschmeckt, harrte in neuem Durst wie ein J.ger auf die L¨¹cke, wo dem Kreislauf zu entrinnen w.re, wo das Ende der Ursachen, wo leidlose Ewigkeit beg.nne. Er t.tete seine Sinne, er t.tete seine Erinnerung, er schl¨¹pfte aus seinem Ich in tausend fremde Gestaltungen, war Tier, war Aas, war Stein, war Holz, war Wasser, und fand sich jedesmal erwachend wieder, Sonne schien oder Mond, war wieder Ich, schwang im Kreislauf, f¨¹hlte Durst, ¨¹berwand den Durst, f¨¹hlte neuen Durst. Vieles lernte Siddhartha bei den Samanas, viele Wege vom Ich hinweg lernte er gehen. Er ging den Weg der Entselbstung durch den Schmerz, durch das freiwillige Erleiden und ¨¹berwinden des Schmerzes, des Hungers, des Dursts, der M¨¹digkeit. Er ging den Weg der Entselbstung durch Meditation, durch das Leerdenken des Sinnes von allen Vorstellungen. Diese und andere Wege lernte er gehen, tausendmal verlie. er sein Ich, stundenlang und tagelang verharrte er im Nicht-Ich. Aber ob auch die Wege vom Ich hinwegf¨¹hrten, ihr Ende f¨¹hrte doch immer zum Ich zur¨¹ck. Ob Siddhartha tausendmal dem Ich entfloh, im Nichts verweilte, im Tier, im Stein verweilte, unvermeidlich war die R¨¹ckkehr, unentrinnbar die Stunde, da er sich wiederfand, im Sonnenschein oder im Mondschein, im Schatten oder im Regen, und wieder Ich und Siddhartha war, und wieder die Qual des auf erlegten Kreislaufes empfand. Neben ihm lebte Govinda, sein Schatten, ging dieselben Wege, unterzog sich denselben Bem¨¹hungen. Selten sprachen sie anderes miteinander, als der Dienst und die ¨¹bungen erforderten. Zuweilen gingen sie zu zweien durch die D.rfer, um Nahrung f¨¹r sich und ihre Lehrer zu betteln. "Wie denkst du, Govinda," sprach einst auf diesem Bettelgang Siddhartha, "wie denkst du, sind wir weiter gekommen? Haben wir Ziele erreicht?" Antwortete Govinda: "Wir haben gelernt, und wir lernen weiter. Du wirst ein gro.er Samana sein, Siddhartha. Schnell hast du jede ¨¹bung gelernt, oft haben die alten Samanas dich bewundert. Du wirst einst ein Heiliger sein, o Siddhartha." Sprach Siddhartha: "Mir will es nicht so erscheinen, mein Freund. Was ich bis zu diesem Tage bei den Samanas gelernt habe, das, o Govinda, h.tte ich schneller und einfacher lernen k.nnen. In jeder Kneipe eines Hurenviertels, mein Freund, unter den Fuhrleuten und W¨¹rfelspielern h.tte ich es lernen k.nnen." Sprach Govinda: "Siddhartha macht sich einen Scherz mit mir. Wie h.ttest du Versenkung, wie h.ttest du Anhalten des Atems, wie h.ttest du Unempfindsamkeit gegen Hunger und Schmerz dort bei jenen Elenden lernen sollen?" The Legal Small Print Und Siddhartha sagte leise, als spr.che er zu sich selber: "Was ist Versenkung? Was ist Verlassen des K.rpers? Was ist Fasten? Was ist Anhaltendes Atems? Es ist Flucht vor dem Ich, es ist ein kurzes Entrinnen aus der Qual des Ichseins, es ist eine kurze Bet.ubung gegen den Schmerz und die Unsinnigkeit des Lebens. Dieselbe Flucht, dieselbe kurze Bet.ubung findet der Ochsentreiber in der Herberge, wenn er einige Schalen Reiswein trinkt oder gegorene Kokosmilch. Dann f¨¹hlt er sein Selbst nicht mehr, dann f¨¹hlt er die Schmerzen des Lebens nicht mehr, dann findet er kurze Bet.ubung. Er findet, ¨¹ber seiner Schale mit Reiswein eingeschlummert, dasselbe, was Siddhartha und Govinda finden, wenn sie in langen ¨¹bungen aus ihrem K.rper entweichen, im Nicht-Ich verweilen. So ist es, o Govinda." Sprach Govinda: "So sagst du, o Freund, und wei.t doch, da. Siddhartha kein Ochsentreiber ist und ein Samana kein Trunkenbold. Wohl findet der Trinker Bet.ubung, wohl findet er kurze Flucht und Rast, aber er kehrt zur¨¹ck aus dem Wahn und, findet alles beim alten, ist nicht weiser geworden, hat nicht Erkenntnis gesammelt, ist nicht um Stufen h.her gestiegen." Und Siddhartha sprach mit L.cheln: "Ich wei. es nicht, ich bin nie ein Trinker gewesen. Aber da. ich, Siddhartha, in meinen ¨¹bungen und Versenkungen nur kurze Bet.ubung finde und ebenso weit von der Weisheit, von der Erl.sung entfernt bin wie als Kind im Mutterleibe, das wei. ich, o Govinda, das wei. ich." Und wieder ein anderes Mal, da Siddhartha mit Govinda den Wald verlie., um im Dorfe etwas Nahrung f¨¹r ihre Br¨¹der und Lehrer zu betteln, begann Siddhartha zu sprechen--und sagte: "Wie nun, o Govinda, sind wir wohl auf dem rechten Wege? N.hern wir uns wohl der Erkenntnis? N.hern wir uns wohl der Erl.sung? Oder eben wir nicht vielleicht im Kreise--wir, die wir doch dem Kreislauf zu entrinnen dachten?" Sprach Govinda: "Viel haben wir gelernt, Siddhartha, viel bleibt noch zu lernen. Wir gehen nicht im Kreise, wir gehen nach oben, der Kreis ist eine Spirale, manche Stufe sind wir schon gestiegen." Antwortete Siddhartha: "Wie alt wohl, meinst du, ist unser .ltester Samana, unser ehrw¨¹rdiger Lehrer?" Sprach Govinda: "Vielleicht sechzig Jahre mag unser .ltester z.hlen." Und Siddhartha: "Sechzig Jahre ist er alt geworden und hat Nirwana nicht erreicht. Er wird siebzig werden und achtzig, und du und ich, wir werden ebenso alt werden und werden uns ¨¹ben, und werden fasten, und werden meditieren. Aber Nirwana werden wir nicht erreichen, er nicht, wir nicht. O Govinda, ich glaube, von allen Samanas, die es gibt, wird vielleicht nicht einer, nicht einer Nirwana erreichen. Wir finden Tr.stungen, wir finden Bet.ubungen, wir lernen Kunstfertigkeiten, mit denen wir uns t.uschen. Das Wesentliche aber, den Weg der Wege finden wir nicht." "M.gest du doch," sprach Govinda, "nicht so erschreckende Worte aussprechen, Siddhartha! Wie sollte denn unter so vielen gelehrten M.nnern, unter so viel Brahmanen, unter so vielen strengen und ehrw¨¹rdigen Samanas, unter so viel suchenden, so viel innig beflissenen, so viel heiligen M.nnern keiner den Weg der Wege finden?" Siddhartha aber sagte mit einer Stimme, welche so viel Trauer wie Spott enthielt, mit einer leisen, einer etwas traurigen, einer etwas sp.ttischen Stimme: "Bald, Govinda, wird dein Freund diesen Pfad der Samanas verlassen, den er so lang mit dir gegangen ist. Ich leide Durst, o Govinda, und auf diesem langen Samanawege ist mein Durst um nichts kleiner geworden. Immer habe ich nach Erkenntnis ged¨¹rstet, immer bin ich voll von Fragen gewesen. Ich habe die Brahmanen befragt, Jahr um Jahr, und habe die heiligen Vedas befragt, Jahr um Jahr, und habe die frommen Samanas befragt, Jahr um Jahr. Vielleicht, o Govinda, w.re es ebenso gut, w.re es ebenso klug und ebenso heilsam gewesen, wenn ich den Nashornvogel oder den Schimpansen befragt h.tte. Lange Zeit habe ich gebraucht und bin noch nicht damit zu Ende, um dies zu lernen, o Govinda: da. man nichts lernen kann! Es gibt, so glaube ich, in der Tat jenes Ding nicht, das wir 'Lernen' nennen. Es gibt, o mein Freund, nur ein Wissen, das ist ¨¹berall, das ist Atman, das ist in mir und in dir und in jedem Wesen. Und so The Legal Small Print beginne ich zu glauben dies Wissen hat keinen .rgeren Feind als das Wissenwollen, als das Lernen." Da blieb Govinda auf dem Wege stehen, erhob die H.nde und sprach: "M.gest du, Siddhartha, deinen Freund doch nicht mit solchen Reden be.ngstigen! Wahrlich, Angst erwecken deine Worte in meinem Herzen. Und denke doch nur: wo bliebe die Heiligkeit der Gebete, wo bliebe die Ehrw¨¹rdigkeit des Brahmanenstandes, wo die Heiligkeit der Samanas, wenn es so w.re wie du sagst, wenn es kein Lernen g.be?! Was, o Siddhartha, was w¨¹rde dann aus alledem werden, was auf Erden heilig, was wertvoll, was ehrw¨¹rdig ist?!" Und Govinda murmelte einen Vers vor sich hin, einen Vers aus einer Upanishad: Wer nachsinnend, gel.uterten Geistes, in Atman sich versenkt, Unaussprechlich durch Worte ist seines Herzens Seligkeit. Siddhartha aber schwieg. Er dachte der Worte, welche Govinda zu ihm gesagt hatte, und dachte die Worte bis an ihr Ende. Ja, dachte er, gesenkten Hauptes stehend, was bliebe noch ¨¹brig von allem, was uns heilig schien? Was bleibt? Was bew.hrt sich? Und er sch¨¹ttelte den Kopf. Einstmals, als die beiden J¨¹nglinge gegen drei Jahre bei den Samanas gelebt und ihre ¨¹bungen geteilt hatten, da erreichte sie auf mancherlei Wegen und Umwegen eine Kunde, ein Ger¨¹cht, eine Sage: Einer sei erschienen, Gotama genannt, der Erhabene, der Buddha, der habe in sich das Leid der Welt ¨¹berwunden und das Rad der Wiedergeburten zum Stehen gebracht. Lehrend ziehe er, von J¨¹ngern umgeben, durch das Land, besitzlos, heimatlos, weiblos, im gelben Mantel eines Asketen, aber mit heiterer Stirn, ein Seliger, und Brahmanen und F¨¹rsten beugten sich vor ihm und w¨¹rden seine Sch¨¹ler. Diese Sage, dies Ger¨¹cht, dies M.rchen klang auf, duftete empor, hier und dort, in den St.dten sprachen die Brahmanen davon, im Wald die Samanas, immer wieder drang der Name Gotamas, des Buddha, zu den Ohren der J¨¹nglinge, im Guten und im B.sen, in Lobpreisung und in Schm.hung. Wie wenn in einem Lande die Pest herrscht, und es erliebt sich die Kunde, da und dort sei ein Mann, ein Weiser, ein Kundiger, dessen Wort und Anhauch gen¨¹ge, um jeden von der Seuche Befallenen zu heilen, und wie dann diese Kunde das Land durchl.uft und jedermann davon spricht, viele glauben, viele zweifeln, viele aber sich alsbald auf den Weg machen, um den Weisen, den Helfer aufzusuchen, so durchlief das Land jene Sage, jene duftende Sage von Gotama, dem Buddha, dem Weisen aus dem Geschlecht der Sakya. Ihm war, so sprachen die Gl.ubigen, h.chste Erkenntnis zu eigen, er erinnerte sich seiner vormaligen Leben, er hatte Nirwana erreicht und kehrte nie mehr in den Kreislauf zur¨¹ck, tauchte nie mehr in den tr¨¹ben Strom der Gestaltungen unter. Vieles Herrliche und Unglaubliche wurde von ihm berichtet, er hatte Wunder getan, hatte den Teufel ¨¹berwunden, hatte mit den G.ttern gesprochen. Seine Feinde und Ungl.ubigen aber sagten, dieser Gotama sei ein eitler Verf¨¹hrer, er bringe seine Tage in Wohlleben hin, verachte die Opfer, sei ohne Gelehrsamkeit und kenne weder ¨¹bung noch Kasteiung. S¨¹. klang die Sage von Buddha, Zauber duftete aus diesen Berichten. Krank war ja die Welt, schwer zu ertragen war das Leben--und siehe, hier schien eine Quelle zu springen, hier schien ein Botenruf zu t.nen, trostvoll, mild, edler Versprechungen voll. ¨¹berall, wohin das Ger¨¹cht vom Buddha erscholl, ¨¹berall in den L.ndern Indiens horchten die J¨¹nglinge auf, f¨¹hlten Sehnsucht, f¨¹hlten Hoffnung, und unter den Brahmanens.hnen der St.dte und D.rfer war jeder Pilger und Fremdling willkommen, wenn er Kunde von ihm, dem Erhabenen, dem Sakyamuni, brachte. Auch zu den Samanas im Walde, auch zu Siddhartha, auch zu Govinda war die Sage gedrungen, langsam, in Tropfen, jeder Tropfen schwer von Hoffnung, jeder Tropfen schwer von Zweifel. Sie sprachen wenig davon, denn der .lteste der Samanas war kein Freund dieser Sage. Er hatte vernommen, da. jener angebliche The Legal Small Print Buddha vormals Asket gewesen und im Walde gelebt, sich dann aber zu Wohlleben und Weltlust zur¨¹ckgewendet habe, und er hielt nichts von diesem Gotama. "O Siddhartha", sprach einst Govinda zu seinem Freunde. "Heute war ich im Dorf, und ein Brahmane lud mich ein, in sein Haus zu treten, und in seinem Hause war ein Brahmanensohn aus Magadha, dieser hat mit seinen eigenen Augen den Buddha gesehen und hat ihn lehren h.ren. Wahrlich, da schmerzte mich der Atem in der Brust, und ich dachte bei mir: M.chte doch auch ich, m.chten doch auch wir beide, Siddhartha und ich, die Stunde erleben, da wir die Lehre aus dem Munde jenes Vollendeten vernehmen! Sprich, Freund, wollen wir nicht auch dorthin gehen und die Lehre aus dem Munde des Buddha anh.ren?" Sprach Siddhartha: "Immer, o Govinda, hatte ich gedacht, Govinda w¨¹rde bei den Samanas bleiben, immer hatte ich geglaubt, es w.re sein Ziel, sechzig und siebzig Jahre alt zu worden und immer weiter die K¨¹nste und ¨¹bungen zu treiben, welche den Samana zieren. Aber sieh, ich hatte Govinda zu wenig gekannt, wenig wu.te ich von seinem Herzen. Nun also willst du, Teuerster, einen neuen Pfad einschlagen und dorthin gehen, wo der Buddha seine Lehre verk¨¹ndet." Sprach Govinda: "Dir beliebt es zu spotten. M.gest du immerhin spotten, Siddhartha! Ist aber nicht auch in dir ein Verlangen, eine Lust erwacht, diese Lehre zu h.ren? Und hast du nicht einst zu mir gesagt, nicht lange mehr werdest du den Weg der Samanas gehen?" Da lachte Siddhartha, auf seine Weise, wobei der Ton seiner Stimme einen Schatten von Trauer und einen Schatten von Spott annahm, und sagte: "Wohl, Govinda, wohl ha.t du gesprochen, richtig hast du dich erinnert. M.gest du doch auch des andern dich erinnern, das du von mir geh.rt hast, da. ich n.mlich mi.trauisch und m¨¹de gegen Lehre und Lernen geworden bin, und da. mein Glaube klein ist an Worte, die von Lehrern zu uns kommen. Aber wohlan, Lieber, ich bin bereit, jene Lehre zu h.ren--obschon ich im Herzen glaube, da. wir die beste Frucht jener Lehre schon gekostet haben." Sprach Govinda: "Deine Bereitschaft erfreut mein Herz. Aber sage, wie sollte das m.glich sein? Wie sollte die Lehre des Gotama, noch ehe wir sie vernommen, uns schon ihre beste Frucht erschlossen haben?" Sprach Siddhartha: "La. diese Frucht uns genie.en und das weitere abwarten, o Govinda! Diese Frucht aber, die wir schon jetzt dem Gotama verdanken, besteht darin, da. er uns von den Samanas hinwegruft! Ob er uns noch anderes und Besseres zu geben hat, o Freund, darauf la. uns ruhigen Herzens warten." An diesem selben Tage gab Siddhartha dem .ltesten der Samanas seinen Entschlu. zu wissen, da. er ihn verlassen wollte. Er gab ihn dem .ltesten zu wissen mit der H.flichkeit und Bescheidenheit, welche dem J¨¹ngeren und Sch¨¹ler ziemt. Der Samana aber geriet in Zorn, da. die beiden J¨¹nglinge ihn verlassen wollten, und redete laut und brauchte grobe Schimpfworte. Govinda erschrak und kam in Verlegenheit, Siddhartha aber neigte den Mund zu Govindas Ohr und fl¨¹sterte ihm zu: "Nun will ich dem Alten zeigen, da. ich etwas bei ihm gelernt habe." Indem er sich nahe vor dem Samana aufstellte, mit gesammelter Seele, fing er den Blick des Alten mit seinen Blicken ein, bannte ihn, machte ihn stumm, machte ihn willenlos, unterwarf ihn seinem Willen, befahl ihm, lautlos zu tun, was er von ihm verlangte. Der alte Mann wurde stumm, sein Auge wurde starr, sein Wille gel.hmt, seine Arme hingen herab, machtlos war er Siddharthas Bezauberung erlegen. Siddharthas Gedanken aber bem.chtigten sich des Samana, er mu.te vollf¨¹hren, was sie befahlen. Und so verneigte sich der Alte mehrmals, vollzog segnende Geb.rden, sprach stammelnd einen frommen Reisewunsch. Und die J¨¹nglinge erwiderten dankend die Verneigungen, erwiderten den Wunsch, zogen gr¨¹.end von dannen. Unterwegs sagte Govinda: "O Siddhartha, du hast bei den Samanas mehr gelernt, als ich wu.te. Es ist schwer, es ist sehr schwer, einen alten Samana zu bezaubern. Wahrlich, w.rest du dort geblieben, du h.ttest bald The Legal Small Print gelernt, auf dem Wasser zu gehen." "Ich begehre nicht, auf dem Wasser zu gehen", sagte Siddhartha. "M.gen alte Samanas mit solchen K¨¹nsten sich zufrieden geben!" GOTAMA In der Stadt Savathi kannte jedes Kind den Namen des Erhabenen Buddha, und jedes Haus war ger¨¹stet, den J¨¹ngern Gotamas, den schweigend Bittenden, die Almosenschale zu f¨¹llen. Nahe bei der Stadt lag Gotamas liebster Aufenthalt, der Hain Jetavana, welchen der reiche Kaufherr Anathapindika, ein ergebener Verehrer des Erhabenen, ihm und den Seinen zum Geschenk gemacht hatte. Nach dieser Gegend hatten alle Erz.hlungen und Antworten hingewiesen, welche den beiden jungen Asketen auf der Suche nach Gotamas Aufenthalt zuteil wurden. Und da sie in Savathi ankamen, ward ihnen gleich im ersten Hause, vor dessen T¨¹r sie bittend stehen blieben, Speise angeboten, und sie nahmen Speise an, und Siddhartha fragte die Frau, welche ihnen die Speise reichte: "Gerne, du Mildt.tige, gerne m.chten wir erfahren, wo der Buddha weilt, der Ehrw¨¹rdigste, denn wir sind zwei Samanas aus dem Walde, und sind gekommen, um ihn, den Vollendeten, zu sehen und die Lehre aus seinem Munde zu vernehmen." Sprach die Frau: "Am richtigen Orte wahrlich seid Ihr hier abgestiegen, Ihr Samanas aus dem Walde. Wisset, in Jetavana, im Garten Anathapindikas, weilt der Erhabene. Dort m.get Ihr, Pilger, die Nacht verbringen, denn genug Raum ist daselbst f¨¹r die Unz.hligen, die herbeistr.men, um aus seinem Munde die Lehre zu h.ren." Da freute sich Govinda, und voll Freude rief er: "Wohl denn, so ist unser Ziel erreicht und unser Weg zu Ende! Aber sage uns, du Mutter der Pilgernden, kennst du ihn, den Buddha, hast du ihn mit deinen Augen gesehen?" Sprach die Frau: "Viele Male habe ich ihn gesehen, den Erhabenen. An vielen Tagen habe ich ihn gesehen, wie er durch die Gassen geht, schweigend, im gelben Mantel, wie er schweigend an den Haust¨¹ren seine Almosenschale darreicht, wie er die gef¨¹llte Schale von dannen tr.gt." Entz¨¹ckt lauschte Govinda und wollte noch vieles fragen und h.ren. Aber Siddhartha mahnte zum Weitergehen. Sie sagten Dank und gingen und brauchten kaum nach dem Wege zu fragen, denn nicht wenige Pilger und auch M.nche aus Gotamas Gemeinschaft waren nach dem Jetavana unterwegs. Und da sie in der Nacht dort anlangten, war daselbst ein best.ndiges Ankommen, Rufen und Reden von solchen, welche Herberge heischten und bekamen. Die beiden Samanas, des Lebens im Walde gewohnt, fanden schnell und ger.uschlos einen Unterschlupf und ruhten da bis zum Morgen. Beim Aufgang der Sonne sahen sie mit Erstaunen, welch gro.e Schar, Gl.ubige und Neugierige, hier gen.chtigt hatte. In allen Wegen des herrlichen Haines wandelten M.nche im gelben Gewand, unter den B.umen sa.en sie hier und dort, in Betrachtung versenkt--oder im geistlichen Gespr.ch, wie eine Stadt waren die schattigen G.rten zu sehen, voll von Menschen, wimmelnd wie Bienen. Die Mehrzahl der M.nche zog mit der Almosenschale aus, um in der Stadt Nahrung f¨¹r die Mittagsmahlzeit, die einzige des Tages, zu sammeln. Auch der Buddha selbst, der Erleuchtete, pflegte am Morgen den Bettelgang zu tun. Siddhartha sah ihn, und er erkannte ihn alsbald, als h.tte ihm ein Gott ihn gezeigt. Er sah ihn, einen schlichten Mann in gelber Kutte, die Almosenschale in der Hand tragend, still dahin gehen. "Sieh hier!" sagte Siddhartha leise zu Govinda. "Dieser hier ist der Buddha." The Legal Small Print Aufmerksam blickte Govinda den M.nch in der gelben Kutte, an der sich in nichts von -den Hunderten der M.nche zu unterscheiden schien. Und bald erkannte auch Govinda: Dieser ist es. Und sie folgten ihm nach und betrachteten ihn. Der Buddha ging seines Weges bescheiden und in Gedanken versunken, sein stilles Gesicht war weder fr.hlich noch traurig, es schien leise nach innen zu l.cheln. Mit einem verborgenen L.cheln, still, ruhig, einem gesunden Kinde nicht un.hnlich, wandelte der Buddha, trug das Gewand und setzte den Fu. gleich wie alle seine M.nche, nach genauer Vorschrift. Aber sein Gesicht und sein Schritt, sein still gesenkter Blick, seine still herabh.ngende Hand, und noch jeder Finger an seiner still herabh.ngenden Hand sprach Friede, sprach Vollkommenheit, suchte nicht, ahmte nicht nach, atmete sanft in einer unverwelklichen Ruhe, in einem unverwelklichen Licht, einem unantastbaren Frieden. So wandelte Gotama, der Stadt entgegen, um Almosen zu sammeln, und die beiden Samanas erkannten ihn einzig an der Vollkommenheit seiner Ruhe, an der Stille seiner Gestalt, in welcher kein Suchen, kein Wollen, kein Nachahmen, kein Bem¨¹hen zu erkennen war, nur Licht und Frieden. "Heute werden wir die Lehre aus seinem Munde vernehmen," sagte Govinda. Siddhartha gab nicht Antwort. Er war wenig neugierig auf die Lehre, er glaubte nicht, da. sie ihn Neues lehren werde, hatte er doch, ebenso wie Govinda, wieder und wieder den Inhalt dieser Buddhalehre vernommen, wenn schon aus Berichten von zweiter und dritter Hand. Aber er blickte aufmerksam auf Gotamas Haupt, auf seine Schultern, auf seine F¨¹.e, auf seine still herabh.ngende Hand, und ihm schien, jedes Glied an jedem Finger dieser Hand war Lehre, sprach, atmete, duftete, gl.nzte Wahrheit. Dieser Mann, dieser Buddha, war wahrhaftig bis in die Geb.rde seines letzten Fingers. Dieser Mann war heilig. Nie hatte Siddhartha einen Menschen so verehrt, nie hatte er einen Menschen so geliebt wie diesen. Die beiden folgten dem Buddha bis zur Stadt und kehrten schweigend zur¨¹ck, denn sie selbst gedachten diesen Tag sich der Speise zu enthalten. Sie sahen Gotama wiederkehren, sahen ihn im Kreise seiner J¨¹nger die Mahlzeit einnehmen--was er a., h.tte keinen Vogel satt gemacht und sahen ihn sich zur¨¹ckziehen in den Schatten der Mangob.ume. Am Abend aber, als die Hitze sich legte und alles im Lager lebendig ward und sich versammelte, h.rten sie den Buddha lehren. Sie h.rten seine Stimme, und auch sie war vollkommen, war von vollkommener Ruhe, war voll von Frieden. Gotama lehrte die Lehre vom Leiden, von der Herkunft des Leidens, vom Weg zur Aufhebung des Leidens. Ruhig flo. und klar seine stille Rede. Leiden war das Leben, voll Leid war die Welt, aber Erl.sung vom Leid war gefunden: Erl.sung fand, wer den Weg des Buddha ging. Mit sanfter, doch fester Stimme sprach der Erhabene, lehrte die vier Haupts.tze, lehrte den achtfachen Pfad, geduldig ging er den gewohnten Weg der Lehre, der Beispiele, der Wiederholungen, hell und still schwebte seine Stimme ¨¹ber den H.renden, wie ein Licht, wie ein Sternhimmel. Als der Buddha--es war schon Nacht geworden--seine Rede schlo., traten manche Pilger hervor und baten um Aufnahme in die Gemeinschaft, nahmen ihre Zuflucht zur Lehre. Und Gotama nahm sie auf, indem er sprach: "Wohl habt ihr die Lehre vernommen, wohl ist sie verk¨¹ndigt. Tretet denn herzu und wandelt in Heiligkeit, allem Leid ein Ende zu bereiten." Siehe, da trat auch Govinda hervor, der Sch¨¹chterne, und sprach: "Auch ich nehme meine Zuflucht zum Erhabenen und zu seiner Lehre," und bat um Aufnahme in die J¨¹ngerschaft, und ward aufgenommen. Gleich darauf, da sich der Buddha zur Nachtruhe zur¨¹ckgezogen hatte, wendete sich Govinda zu Siddhartha und sprach eifrig: "Siddhartha, nicht steht es mir zu, dir einen Vorwurf zu machen. Beide haben wir den Erhabenen geh.rt, beide haben wir die Lehre vernommen. Govinda hat die Lehre geh.rt, er hat seine Zuflucht zu ihr genommen. Du aber, Verehrter, willst denn nicht auch du den Pfad der Erl.sung gehen? Willst du The Legal Small Print z.gern, willst du noch warten?" Siddhartha erwachte wie aus einem Schlafe, als er Govindas Worte vernahm. Lange blickte er in Govindas Gesicht. Dann sprach er leise, mit einer Stimme ohne Spott: "Govinda, mein Freund, nun hast du den Schritt getan, nun hast du den Weg erw.hlt. Immer, o Govinda, bist du mein Freund gewesen, immer bist du einen Schritt hinter mir gegangen. Oft habe ich gedacht: Wird Govinda nicht auch einmal einen Schritt allein tun, ohne mich, aus der eigenen Seele? Siehe, nun bist du ein Mann geworden und w.hlst selber deinen Weg. M.gest du ihn zu Ende gehen, o mein Freund! M.gest du Erl.sung finden!" Govinda, welcher noch nicht v.llig verstand, wiederholte mit einem Ton von Ungeduld seine Frage: "Sprich doch, ich bitte dich, mein Lieber! Sage mir, wie es ja nicht anders sein kann, da. auch du, mein gelehrter Freund, deine Zuflucht zum erhabenen Buddha nehmen wirst!" Siddhartha legte seine Hand auf die Schulter Govindas: "Du hast meinen Segenswunsch ¨¹berh.rt, o Govinda. Ich wiederhole ihn: M.gest du diesen Weg zu Ende gehen! M.gest du Erl.sung finden!" In diesem Augenblick erkannte Govinda, da. sein Freund ihn, verlassen habe, und er begann zu weinen. "Siddhartha!" rief er klagend. Siddhartha sprach freundlich zu ihm: "Vergi. nicht, Govinda, da. du nun zu den Samanas des Buddha geh.rst! Abgesagt hast du Heimat und Eltern, abgesagt Herkunft und Eigentum, abgesagt deinem eigenen Willen, abgesagt der Freundschaft. So will es die Lehre, so will es der Erhabene. So hast du selbst es gewollt. Morgen, o Govinda, werde ich dich verlassen." Lange noch wandelten die Freunde im Geh.lz, lange lagen sie und fanden nicht den Schlaf. Und immer von neuem drang Govinda in seinen Freund, er m.ge ihm sagen, warum er nicht seine Zuflucht zu Gotamas Lehre nehmen wolle, welchen Fehler denn er in dieser Lehre finde. Siddhartha aber wies ihn jedesmal zur¨¹ck und sagte: "Gib dich zufrieden, Govinda! Sehr gut ist des Erhabenen Lehre, wie sollte ich einen Fehler an ihr finden?" Am fr¨¹hesten Morgen ging ein Nachfolger Buddhas, einer seiner .ltesten M.nche, durch den Garten und rief alle jene zu sich, welche als Neulinge ihre Zuflucht zur Lehre genommen hatten, um ihnen das gelbe Gewand anzulegen und sie in den ersten Lehren und Pflichten ihres Standes zu unterweisen. Da ri. Govinda sich los, umarmte noch einmal den Freund seiner Jugend und schlo. sich dem Zuge der Novizen an. Siddhartha aber wandelte in Gedanken durch den Hain. Da begegnete ihm Gotama, der Erhabene, und als er ihn mit Ehrfurcht begr¨¹.te und der Blick des Buddha so voll G¨¹te und Stille war, fa.te der J¨¹ngling Mut und bat den Ehrw¨¹rdigen um Erlaubnis, zu ihm zu sprechen. Schweigend nickte der Erhabene Gew.hrung. Sprach Siddhartha: "Gestern, o Erhabener, war es mir verg.nnt, deine wundersame Lehre zu h.ren. Zusammen mit meinem Freunde kam ich aus der Ferne her, um die Lehre zu h.ren. Und nun wird mein Freund bei den Deinen bleiben, zu dir hat er seine Zuflucht genommen. Ich aber trete meine Pilgerschaft aufs neue an." "Wie es dir beliebt", sprach der Ehrw¨¹rdige h.flich. "Allzu k¨¹hn ist meine Rede," fuhr Siddhartha fort, "aber ich m.chte den Erhabenen nicht verlassen, ohne ihm meine Gedanken in Aufrichtigkeit mitgeteilt zu haben. Will mir der Ehrw¨¹rdige noch einen Augenblick Geh.r schenken?" The Legal Small Print Schweigend nickte der Buddha Gew.hrung. Sprach Siddhartha: "Eines, o Ehrw¨¹rdigster, habe ich an deiner Lehre vor allem bewundert. Alles in deiner Lehre ist vollkommen klar, ist bewiesen; als eine vollkommene, als eine nie und nirgends unterbrochene Kette zeigst du die Welt als eine ewige Kette, gef¨¹gt aus Ursachen und Wirkungen. Niemals ist dies so klar gesehen, nie so unwiderleglich dargestellt worden; h.her wahrlich mu. jedem Brahmanen das Herz im Leibe schlagen, wenn er, durch deine Lehre hindurch, die Welt erblickt als vollkommenen Zusammenhang, l¨¹ckenlos, klar wie ein Kristall, nicht vom Zufall abh.ngig, nicht von G.ttern abh.ngig. Ob sie gut oder b.se, ob das Leben in ihr Leid oder Freude sei, m.ge dahingestellt bleiben, es mag vielleicht sein, da. dies nicht wesentlich ist--aber die Einheit der Welt, der Zusammenhang alles Geschehens, das Umschlossensein alles Gro.en und Kleinen vom selben Strome, vom selben Gesetz der Ursachen, des Werdens und des Sterbens, dies leuchtet hell aus deiner erhabenen Lehre, o Vollendeter. Nun aber ist, deiner selben Lehre nach, diese Einheit und Folgerichtigkeit aller Dinge dennoch an einer Stelle unterbrochen, durch eine kleine L¨¹cke str.mt in diese Welt der Einheit etwas Fremdes, etwas Neues, etwas, das vorher nicht war, und das nicht gezeigt und nicht bewiesen werden kann: das ist deine Lehre von der ¨¹berwindung der Welt, von der Erl.sung. Mit dieser kleinen L¨¹cke, mit dieser kleinen Durchbrechung aber ist das ganze ewige und einheitliche Weltgesetz wieder zerbrochen und aufgehoben. M.gest du mir verzeihen, wenn ich diesen Einwand ausspreche." Still hatte Gotama ihm zugeh.rt, unbewegt. Mit seiner g¨¹tigen, mit seiner h.flichen und klaren Stimme sprach er nun, der Vollendete: "Du hast die Lehre geh.rt, o Brahmanensohn, und wohl dir, da. du ¨¹ber sie so tief nachgedacht hast. Du hast eine L¨¹cke in ihr gefunden, einen Fehler. M.gest du weiter dar¨¹ber nachdenken. La. dich aber warnen, du Wi.begieriger, vor dem Dickicht der Meinungen und vor dem Streit um Worte. Es ist an Meinungen nichts gelegen, sie m.gen sch.n oder h..lich, klug oder t.richt sein, jeder kann ihnen anh.ngen oder sie verwerfen. Die Lehre aber, die du von mir geh.rt hast, ist nicht eine Meinung, und ihr Ziel ist nicht, die Welt f¨¹r Wi.begierige zu erkl.ren. Ihr Ziel ist ein anderes; ihr Ziel ist Erl.sung vom Leiden. Diese ist es, welche Gotama lehrt, nichts anderes." "M.gest du mir, o Erhabener, nicht z¨¹rnen", sagte der J¨¹ngling. "Nicht um Streit mit dir zu suchen, Streit um Worte, habe ich so zu dir gesprochen. Du hast wahrlich recht, wenig ist an Meinungen gelegen. Aber la. mich dies eine noch sagen: Nicht einen Augenblick habe ich an dir gezweifelt. Ich habe nicht einen Augenblick gezweifelt, da. du Buddha bist, da. du das Ziel erreicht hast, das h.chste, nach welchem so viel tausend Brahmanen und Brahmanens.hne unterwegs sind. Du hast die Erl.sung,vom Tode gefunden. Sie ist dir geworden aus deinem eigenen Suchen, auf deinem eigenen Wege, durch Gedanken, durch Versenkung, durch Erkenntnis, durch Erleuchtung. Nicht ist sie dir geworden durch Lehre! Und--so ist mein Gedanke, o Erhabener--keinem wird Erl.sung zu teil durch Lehre! Keinem, o Ehrw¨¹rdiger, wirst du in Worten und durch Lehre mitteilen und sagen k.nnen, was dir geschehen ist in der Stunde deiner Erleuchtungt Vieles enth.lt die Lehre des erleuchteten Buddha, viele lehrt sie, rechtschaffen zu leben, B.ses zu meiden. Eines aber enth.lt die so klare, die so ehrw¨¹rdige Lehre nicht: sie enth.lt nicht das Geheimnis dessen, was der Erhabene selbst erlebt hat, er allein unter den Hunderttausenden. Dies ist es, was ich gedacht und erkannt habe, als ich die Lehre h.rte. Dies ist es, weswegen ich meine Wanderschaft fortsetze--nicht um eine andere, eine bessere Lehre zu suchen, denn ich wei., es gibt keine, sondern um alle Lehren und alle Lehrer zu verlassen und allein mein Ziel zu erreichen oder zu sterben. Oftmals aber werde ich dieses Tages denken, o Erhabener, und dieser Stunde, da meine Augen einen Heiligen sahen." Die Augen des Buddha blickten still zu Boden, still in vollkommenem Gleichmut strahlte sein unerforschliches Gesicht. "M.gen deine Gedanken," sprach der Ehrw¨¹rdige langsam, "keine Irrt¨¹mer sein! M.gest du ans Ziel kommen! Aber sage mir: Hast du die Schar meiner Samanas gesehen, meiner vielen Br¨¹der, welche ihre Zuflucht zur Lehre genommen haben? Und glaubst du, fremder Samana, glaubst du, da. es diesen allen besser w.re, die Lehre zu verlassen und in das Leben der Welt und der L¨¹ste zur¨¹ckzukehren?" The Legal Small Print "Fern ist ein solcher Gedanke von mir", rief Siddhartha. "M.gen sie alle bei der Lehre bleiben, m.gen sie ihr Ziel erreichen! Nicht steht mir zu, ¨¹ber eines andern Leben zu urteilen. Einzig f¨¹r mich, f¨¹r mich allein mu. ich urteilen, mu. ich w.hlen, mu. ich ablehnen. Erl.sung vom Ich suchen wir Samanas, o Erhabener. W.re ich nun einer deiner J¨¹nger, o Ehrw¨¹rdiger, so f¨¹rchte ich, es m.chte mir geschehen, da. nur scheinbar, nur tr¨¹gerisch mein Ich zur Ruhe k.me und erl.st w¨¹rde, da. es aber in Wahrheit weiterlebte und gro. w¨¹rde, denn ich h.tte dann die Lehre, h.tte meine Nachfolge, h.tte meine Liebe zu dir, h.tte die Gemeinschaft der M.nche zu meinem Ich gemacht!" Mit halbem L.cheln, mit einer unersch¨¹tterten Helle und Freundlichkeit sah Gotama dem Fremdling ins Auge und verabschiedete ihn mit einer kaum sichtbaren Geb.rde. "Klug bist du, o Samana", sprach der Ehrw¨¹rdige. "Klug wei.t du zu reden, mein Freund. H¨¹te dich vor allzu gro.er Klugheit!" Hinweg wandelte der Buddha, und sein Blick und halbes L.cheln blieb f¨¹r immer in Siddharthas Ged.chtnis eingegraben. So habe ich noch keinen Menschen blicken und l.cheln, sitzen und schreiten sehen, dachte er, so wahrlich w¨¹nsche auch ich blicken und l.cheln, sitzen und schreiten zu k.nnen, so frei, so ehrw¨¹rdig, so verborgen, so offen, so kindlich und geheimnisvoll. So wahrlich blickt und schreitet nur der Mensch, der ins Innerste seines Selbst gedrungen ist. Wohl, auch ich werde ins Innerste meines Selbst zu dringen suchen. Einen Menschen sah ich, dachte Siddhartha, einen einzigen, vor dem ich meine Augen niederschlagen mu.te. Vor keinem andern mehr will ich meine Augen niederschlagen, vor keinem mehr. Keine Lehre mehr wird mich verlocken, da dieses Menschen Lehre mich nicht verlockt hat. Beraubt hat mich der Buddha, dachte Siddhartha, beraubt hat er mich, und mehr noch hat er mich beschenkt. Beraubt hat er mich meines Freundes, dessen, der an mich glaubte und der nun an ihn glaubt, der mein Schatten war und nun Gotamas Schatten ist, Geschenkt aber hat er mir Siddhartha, mich selbst. ERWACHEN Als Siddhartha den Hain verlie., in welchem der Buddha, der Vollendete, zur¨¹ckblieb, in welchem Govinda zur¨¹ckblieb, da f¨¹hlte er, da. in diesem Hain auch sein bisheriges Leben hinter ihm zur¨¹ckblieb und sich von ihm trennte. Dieser Empfindung, die ihn ganz erf¨¹llte, sann er im langsamen Dahingehen nach. Tief sann er nach, wie durch ein tiefes Wasser lie. er sich bis auf den Boden dieser Empfindung hinab, bis dahin, wo die Ursachen ruhen, denn Ursachen erkennen, so schien ihm, das eben ist Denken, und dadurch allein werden Empfindungen zu Erkenntnissen und gehen nicht verloren, sondern werden wesenhaft und beginnen auszustrahlen, was in ihnen ist. Im langsamen Dahingehen dachte Siddhartha nach. Er stellte fest, da. er kein J¨¹ngling mehr, sondern ein Mann geworden sei. Er stellte fest, da. eines ihn verlassen hatte, wie die Schlange von ihrer alten Haut verlassen wird, da. eines nicht mehr in ihm vorhanden war, das durch seine ganze Jugend ihn begleitet und zu ihm geh.rt hatte: der Wunsch, Lehrer zu haben und Lehren zu h.ren. Den letzten Lehrer, der an seinem Wege ihm erschienen war, auch ihn, den h.chsten und weisesten Lehrer, den Heiligsten, Buddha, hatte er verlassen, hatte sich von ihm trennen m¨¹ssen, hatte seine Lehre nicht annehmen k.nnen. Langsamer ging der Denkende dahin und fragte sich selbst: "Was nun ist es aber, das du aus Lehren und von Lehrern hattest lernen wollen, und was sie, die dich viel gelehrt haben, dich doch nicht lehren konnten?" Und er fand: "Das Ich war es, dessen Sinn und Wesen ich lernen wollte. Das Ich war es, von dem ich loskommen, das ich ¨¹berwinden wollte. Ich konnte es aber nicht ¨¹berwinden, konnte es nur t.uschen, konnte nur vor ihm The Legal Small Print fliehen, mich nur vor ihm verstecken. Wahrlich, kein Ding in der Welt hat so viel meine Gedanken besch.ftigt wie dieses mein Ich, dies R.tsel, da. ich lebe, da. ich einer und von allen andern getrennt und abgesondert bin, da. ich Siddhartha bin! Und ¨¹ber kein Ding in der Welt wei. ich weniger als ¨¹ber mich, ¨¹ber Siddhartha!" Der im langsamen Dahingehen Denkende blieb stehen, von diesem Gedanken erfa.t, und alsbald sprang aus diesem Gedanken ein anderer hervor, ein neuer Gedanke, der lautete: "Da. ich nichts von mir wei., da. Siddhartha mir so fremd und unbekannt geblieben ist, das kommt aus einer Ursache, einer einzigen: Ich hatte Angst vor mir, ich war auf der Flucht vor mir! Atman suchte, ich, Brahman suchte ich, ich war gewillt, mein Ich zu zerst¨¹cken und auseinander zu sch.len, um in seinem unbekannten Innersten den Kern aller Schalen zu finden, den Atman, das Leben, das G.ttliche, das Letzte. Ich selbst aber ging mir dabei verloren." Siddhartha schlug die Augen auf und sah um sich, ein L.cheln erf¨¹llte sein Gesicht, und ein tiefes Gef¨¹hl von Erwachen aus langen Tr.umen durchstr.mte ihn bis in die Zehen. Und alsbald lief er wieder, lief rasch, wie ein Mann, welcher wei., was er zu tun hat. "O," dachte er aufatmend mit tiefem Atemzug, "nun will ich mir den Siddhartha nicht mehr entschl¨¹pfen lassen! Nicht mehr will ich mein Denken und mein Leben beginnen mit Atman und mit dem Leid der Welt. Ich will mich nicht mehr t.ten und zerst¨¹cken, um hinter den Tr¨¹mmern ein Geheimnis zu finden. Nicht Yoga-Veda mehr soll mich lehren, noch Atharva-Veda, noch die Asketen, noch irgendwelche Lehre. Bei mir selbst will ich lernen, will ich Sch¨¹ler sein, will ich mich kennen lernen, das Geheimnis Siddhartha." Er blickte um sich, als s.he er zum ersten Male die Welt. Sch.n war die Welt, bunt war die Welt, seltsam und r.tselhaft war die Welt! Hier war Blau, hier war Gelb, hier war Gr¨¹n, Himmel flo. und Flu., Wald starrte und Gebirg, alles sch.n, alles r.tselvoll und magisch, und inmitten er, Siddhartha, der Erwachende, auf dem Wege zu sich selbst. All dieses, all dies Gelb und Blau, Flu. und Wald, ging zum erstenmal durchs Auge in Siddhartha ein, war nicht mehr Zauber Maras, war nicht mehr der Schleier der Maya, war nicht mehr sinnlose und zuf.llige Vielfalt der Erscheinungswelt, ver.chtlich dem tief denkenden Brahmanen, der die Vielfalt verschm.ht, der die Einheit sucht. Blau war Blau, Flu. war Flu., und wenn auch im Blau und Flu. in Siddhartha das Eine und G.ttliche verborgen lebte, so war es doch eben des G.ttlichen Art und Sinn, hier Gelb, hier Blau, dort Himmel, dort Wald und hier Siddhartha zu sein. Sinn und Wesen war nicht irgendwo hinter den Dingen, sie waren in ihnen, in allem. "Wie bin ich taub und stumpf gewesen!" dachte der rasch dahin Wandelnde. "Wenn einer eine Schrift liest, deren Sinn er suchen will, so verachtet er nicht die Zeichen und Buchstaben und nennt sie T.uschung, Zufall und wertlose Schale, sondern er liest sie, er studiert und liebt sie, Buchstabe um Buchstabe. Ich aber, der ich das Buch der Welt und das Buch meines eigenen Wesens lesen wollte, ich habe, einem im voraus vermuteten Sinn zuliebe, die Zeichen und Buchstaben verachtet, ich nannte die Welt der Erscheinungen T.uschung, nannte mein Auge und meine Zunge zuf.llige und wertlose Erscheinungen. Nein, dies ist vor¨¹ber, ich bin erwacht, ich bin in der Tat erwacht und heute erst geboren." Indem Siddhartha diesen Gedanken dachte, blieb er abermals stehen, pl.tzlich, als l.ge eine Schlange vor ihm auf dem Weg. Denn pl.tzlich war auch dies ihm klar geworden: Er, der in der Tat wie ein Erwachter oder Neugeborener war, er mu.te sein Leben neu und v.llig von vorn beginnen. Als er an diesem selben Morgen den Hain Jetavana, den Hain jenes Erhabenen, verlassen hatte, schon erwachend, schon auf dem Wege zu sich selbst, da war es seine Absicht gewesen und war ihm nat¨¹rlich und selbstverst.ndlich erschienen, da. er, nach den Jahren seines Asketentums, in seine Heimat und zu seinem Vater zur¨¹ckkehre. Jetzt aber, erst in diesem Augenblick, da er stehen blieb, als l.ge eine Schlange auf seinem Wege, erwachte er auch zu dieser Einsicht: "Ich bin ja nicht mehr, der ich war, ich bin nicht mehr Asket, ich bin nicht mehr Priester, ich bin nicht mehr Brahmane. Was denn soll ich zu Hause und bei meinem Vater tun? Studieren? Opfern? Die Versenkung The Legal Small Print pflegen? Dies alles ist ja vor¨¹ber, dies alles liegt nicht mehr an meinem Wege." Regungslos blieb Siddhartha stehen, und einen Augenblick und Atemzug lang fror sein Herz, er f¨¹hlte es in der Brust innen frieren wie ein kleines Tier, einen Vogel oder einen Hasen, als er sah, wie allein er sei. Jahrelang war er heimatlos gewesen und hatte es nicht gef¨¹hlt. Nun f¨¹hlte er es. Immer noch, auch in der fernsten Versenkung, war er seines Vaters Sohn gewesen, war Brahmane gewesen, hohen Standes, ein Geistiger. Jetzt war er nur noch Siddhartha, der Erwachte, sonst nichts mehr. Tief sog er den Atem ein, und einen Augenblick fror er und schauderte. Niemand war so allein wie er. Kein Adliger, der nicht zu den Adligen, kein Handwerker, der nicht zu den Handwerkern geh.rte und Zuflucht bei ihnen fand, ihr Leben teilte, ihre Sprache sprach. Kein Brahmane, der nicht zu den Brahmanen z.hlte und mit ihnen lebte, kein Asket, der nicht im Stande der Samanas seine Zuflucht fand, und auch der verlorenste Einsiedler im Walde war nicht einer und allein, auch ihn umgab Zugeh.rigkeit, auch er geh.rte einem Stande an, der ihm Heimat war. Govinda war M.nch geworden, und tausend M.nche waren seine Br¨¹der, trugen sein Kleid, glaubten seinen Glauben, sprachen seine Sprache. Er aber, Siddhartha, wo War er zugeh.rig? Wessen Leben w¨¹rde er teilen? Wessen Sprache w¨¹rde er sprechen? Aus diesem Augenblick, wo die Welt rings von ihm wegschmolz, wo er allein stand wie ein Stern am Himmel, aus diesem Augenblick einer K.lte und Verzagtheit tauchte Siddhartha empor, mehr Ich als zuvor, fester geballt. Er f¨¹hlte: Dies war der letzte Schauder des Erwachens gewesen, der letzte Krampf der Geburt. Und alsbald schritt er wieder aus, begann rasch und ungeduldig zu gehen, nicht mehr nach Hause, nicht mehr zum Vater, nicht mehr zur¨¹ck. ZWEITER TEIL--Wilhelm Gundert meinem Vetter in Japan gewidmet KAMALA Siddhartha lernte Neues auf jedem Schritt seines Weges, denn die Welt war verwandelt, und sein Herz war bezaubert. Er sah die Sonne ¨¹berm Waldgebirge aufgehen und ¨¹berm fernen Palmenstrande untergehen. Er sah nachts am Himmel die Sterne geordnet, und den Sichelmond wie ein Boot im Blauen schwimmend. Er sah B.ume, Sterne, Tiere, Wolken, Regenbogen, Felsen, Kr.uter, Blumen, Bach und Flu., Taublitz im morgendlichen Gestr.uch, ferne hohe Berge blau und bleich, V.gel sangen und Bienen, Wind wehte silbern im Reisfelde. Dies alles, tausendfalt und bunt, war immer dagewesen, immer hatten Sonne und Mond geschienen, immer Fl¨¹sse gerauscht und Bienen gesummt, aber es war in den fr¨¹heren Zeiten f¨¹r Siddhartha dies alles nichts gewesen als ein fl¨¹chtiger und tr¨¹gerischer Schleier vor seinem Auge, mit Mi.trauen betrachtet, dazu bestimmt, vom Gedanken durchdrungen und vernichtet zu werden, da es nicht Wesen war, da das Wesen jenseits der Sichtbarkeit lag. Nun aber weilte sein befreites Auge diesseits, es sah und erkannte die Sichtbarkeit, suchte Heimat in dieser Welt, suchte nicht das Wesen, zielte in kein Jenseits. Sch.n war die Welt, wenn man sie so betrachtete, so ohne Suchen, so einfach, so kinderhaft. Sch.n war Mond und Gestirn, sch.n war Bach und Ufer, Wald und Fels, Ziege und Goldk.fer, Blume und Schmetterling. Sch.n und lieblich war es, so durch die Welt zu gehen, so kindlich, so erwacht, so dem Nahen aufgetan, so ohne Mi.trauen. Anders brannte die Sonne aufs Haupt, anders k¨¹hlte der Waldschatten, anders schmeckte Bach und Zisterne, anders K¨¹rbis und Banane. Kurz waren die Tage, kurz die N.chte, jede Stunde floh schnell hinweg wie ein Segel auf dem Meere, unterm Segel ein Schiff voll von Sch.tzen, voll von Freuden. Siddhartha sah ein Affenvolk im hohen Waldgew.lbe wandern, hoch im Ge.st, und h.rte seinen wilden, gierigen Gesang. Siddhartha sah einen Schafbock ein Schaf verfolgen und begatten. Er sah in einem Schilfsee den Hecht im Abendhunger jagen, vor ihm her schnellten angstvoll, flatternd und blitzend die jungen Fische in Scharen aus dem Wasser, Kraft und Leidenschaft duftete dringlich aus den hastigen Wasserwirbeln, die der ungest¨¹m Jagende zog. The Legal Small Print All dieses war immer gewesen, und er hatte es nicht gesehen; er war nicht dabei gewesen. Jetzt war er dabei, er geh.rte dazu. Durch sein Auge lief Licht und Schatten, durch sein Herz lief Stern und Mond. Siddhartha erinnerte sich unterwegs auch alles dessen, was er im Garten Jetavana erlebt hatte, der Lehre, die er dort geh.rt, des g.ttlichen Buddha, des Abschiedes von Govinda, des Gespr.ches mit dem Erhabenen. Seiner eigenen Worte, die er zum Erhabenen gesprochen hatte, erinnerte er sich wieder, jedes Wortes, und mit Erstaunen wurde er dessen inne, da. er da Dinge gesagt hatte, die er damals noch gar nicht eigentlich wu.te. Was er zu Gotama gesagt hatte: sein, des Buddha, Schatz und Geheimnis sei nicht die Lehre, sondern das Unaussprechliche und nicht Lehrbare, das er einst zur Stunde seiner Erleuchtung erlebt habe--dies war es ja eben, was zu erleben er jetzt auszog, was zu erleben er jetzt begann. Sich selbst mu.te er jetzt erleben. Wohl hatte er schon lange gewu.t, da. sein Selbst Atman sei, vom selben ewigen Wesen wie Brahman. Aber nie hatte er dies Selbst wirklich gefunden, weil er es mit dem Netz des Gedankens hatte fangen wollen. War auch gewi. der K.rper nicht das Selbst, und nicht das Spiel der Sinne, so war es doch auch das Denken nicht, nicht der Verstand, nicht die erlernte Weisheit, nicht die erlernte Kunst, Schl¨¹sse zu ziehen und aus schon Gedachtem neue Gedanken zu spinnen. Nein, auch diese Gedankenwelt war noch diesseits, und es f¨¹hrte zu keinem Ziele, wenn man das zuf.llige Ich der Sinne t.tete, daf¨¹r aber das zuf.llige Ich der Gedanken und Gelehrsamkeiten m.stete. Beide, die Gedanken wie die Sinne, waren h¨¹bsche Dinge, hinter beiden lag der letzte Sinn verborgen, beide galt es zu h.ren, mit beiden zu spielen, beide weder zu verachten noch zu ¨¹bersch.tzen, aus beiden die geheimen Stimmen des Innersten zu erlauschen. Nach nichts wollte er trachten, als wonach die Stimme ihm zu trachten bef.hle, bei nichts verweilen, als wo die Stimme es riete. Warum war Gotama einst, in der Stunde der Stunden, unter dem Bo-Baume niedergesessen, wo die Erleuchtung ihn traf? Er hatte eine Stimme geh.rt, eine Stimme im eigenen Herzen, die ihm befahl, unter diesem Baume Rast zu suchen, und er hatte nicht Kasteiung, Opfer, Bad oder Gebet, nicht Essen noch Trinken, nicht Schlaf noch Traum vorgezogen, er hatte der Stimme gehorcht. So zu gehorchen, nicht .u.erm Befehl, nur der Stimme, so bereit zu sein, das war gut, das war notwendig, nichts anderes war notwendig. In der Nacht, da er in der strohernen H¨¹tte eines F.hrmanns am Flusse schlief, hatte Siddhartha einen Traum: Govinda stand vor ihm, in einem gelben Asketengewand. Traurig sah Govinda aus, traurig fragte er: Warum hast du mich verlassen? Da umarmte er Govinda, schlang seine Arme um ihn, und indem er ihn an seine Brust zog und k¨¹.te, war es nicht Govinda mehr, sondern ein Weib, und aus des Weibes Gewand quoll eine volle Brust, an der lag Siddhartha und trank, s¨¹. und stark schmeckte die Milch dieser Brust. Sie schmeckte nach Weib und Mann, nach Sonne und Wald, nach Tier und Blume, nach jeder Frucht, nach jeder Lust. Sie machte trunken und bewu.tlos.--Als Siddhartha erwachte, schimmerte der bleiche Flu. durch die T¨¹r der H¨¹tte, und im Walde klang tief und wohllaut ein dunkler Eulenruf. Als der Tag begann, bat Siddhartha seinen Gastgeber, den F.hrmann, ihn ¨¹ber den Flu. zu setzen. Der F.hrmann setzte ihn auf seinem Bambusflo. ¨¹ber den Flu., r.tlich schimmerte im Morgenschein das breite Wasser. "Das ist ein sch.ner Flu.," sagte er zu seinem Begleiter. "Ja," sagte der F.hrmann, "ein sehr sch.ner Flu., ich liebe ihn ¨¹ber alles. Oft habe ich ihm zugeh.rt, oft in seine Augen gesehen, und immer habe ich von ihm gelernt. Man kann viel von einem Flusse lernen." "Ich danke dir, mein Wohlt.ter," sprach Siddhartha, da er ans andere Ufer stieg. "Kein Gastgeschenk habe ich dir zu geben, Lieber, und keinen Lohn zu geben. Ein Heimatloser bin ich, ein Brahmanensohn und Samana." "Ich sah es wohl," sprach der F.hrmann, "und ich habe keinen Lohn vor dir erwartet, und kein Gastgeschenk. Du wirst mir das Geschenk ein anderes Mal geben." "Glaubst du?" sagte Siddhartha lustig. The Legal Small Print "Gewi.. Auch das habe ich vom Flusse gelernt: alles kommt wieder! Auch du, Samana, wirst wieder kommen. Nun lebe wohl! M.ge deine Freundschaft mein Lohn sein. M.gest du meiner gedenken, wenn du den G.ttern opferst." L.chelnd schieden sie voneinander. L.chelnd freute sich Siddhartha ¨¹ber die Freundschaft und Freundlichkeit des F.hrmanns. "Wie Govinda ist er," dachte er l.chelnd, "alle, die ich auf meinem Wege antreffe, sind wie Govinda. Alle sind dankbar, obwohl sie selbst Anspruch auf Dank h.tten. Alle sind unterw¨¹rfig, alle m.gen gern Freund sein, gern gehorchen, wenig denken. Kinder sind die Menschen." Um die Mittagszeit kam er durch ein Dorf. Vor den Lehmh¨¹tten w.lzten sich Kinder auf der Gasse, spielten mit K¨¹rbiskernen und Muscheln, schrien und balgten sich, flohen aber alle scheu vor dem fremden Samana. Am Ende des Dorfes f¨¹hrte der Weg durch einen Bach, und am Rande des Baches kniete ein junges Weib und wusch Kleider. Als Siddhartha sie gr¨¹.te, hob sie den Kopf, und blickte mit L.cheln zu ihm auf, da. er das Wei.e in ihrem Auge blitzen sah. Er rief einen Segensspruch hin¨¹ber, wie er unter Reisenden ¨¹blich ist, und fragte, wie weit der Weg bis zur gro.en Stadt noch sei. Da stand, sie auf und trat zu ihm her, sch.n schimmerte ihr feuchter Mund im jungen Gesicht. Sie tauschte Scherzreden mit ihm, fragte, ob er schon gegessen habe, und ob es wahr sei, da. die Samanas nachts allein im Walde schliefen und keine Frauen bei sich haben d¨¹rfen. Dabei setzte sie ihren linken Fu. auf seinen rechten und machte eine Bewegung, wie die Frau sie macht, wenn sie den Mann zu jener Art des Liebesgenusses auffordert, welchen die Lehrb¨¹cher "das Baumbesteigen" nennen. Siddhartha f¨¹hlte sein Blut erwarmen, und da sein Traum ihm in diesem Augenblick wieder einfiel, b¨¹ckte er sich ein wenig zu dem Weibe herab und k¨¹.te mit den Lippen die braune Spitze ihrer Brust. Aufschauend sah er ihr Gesicht voll Verlangen l.cheln und die verkleinerten Augen in Sehnsucht flehen. Auch Siddhartha f¨¹hlte Sehnsucht und den Quell des Geschlechts sich bewegen; da er aber noch nie ein Weib ber¨¹hrt hatte, z.gerte er einen Augenblick, w.hrend seine H.nde schon bereit waren, nach ihr zu greifen. Und in diesem Augenblick h.rte er, erschauernd, die Stimme seines Innern, und die Stimme sagte Nein. Da wich vom l.chelnden Gesicht der jungen Frau aller Zauber, er sah nichts mehr als den feuchten Blick eines br¨¹nstigen Tierweibchens. Freundlich streichelte er ihre Wange, wandte sich von ihr und verschwand vor der Entt.uschten leichtf¨¹.ig in das Bambusgeh.lze. An diesem Tage erreichte er vor Abend eine gro.e Stadt, und freute sich, denn er begehrte nach Menschen. Lange hatte er in den W.ldern gelebt, und die stroherne H¨¹tte des F.hrmanns, in welcher er diese Nacht geschlafen hatte, war seit langer Zeit das erste Dach, das er ¨¹ber sich gehabt hatte. Vor der Stadt, bei einem sch.nen umz.unten Haine, begegnete dem Wandernden ein kleiner Tro. von Dienern und Dienerinnen, mit K.rben beladen. Inmitten in einer geschm¨¹ckten S.nfte, von Vieren getragen, sa. auf roten Kissen unter einem bunten Sonnendach eine Frau, die Herrin. Siddhartha blieb beim Eingang des Lusthaines stehen und sah dem Aufzuge zu, sah die Diener, die M.gde, die K.rbe, sah die S.nfte, und sah in der S.nfte die Dame. Unter hochget¨¹rmten schwarzen Haaren sah er ein sehr helles, sehr zartes, sehr kluges Gesicht, hellroten Mund wie eine frisch aufgebrochene Feige, Augenbrauen gepflegt und gemalt in hohen Bogen, dunkle Augen klug und wachsam, lichten hohen Hals aus gr¨¹n und goldenem Oberkleide steigend, ruhende helle H.nde lang und schmal mit breiten Goldreifen ¨¹ber den Gelenken. Siddhartha sah, wie sch.n sie war, und sein Herz lachte. Tief verneigte er sich, als die S.nfte nahe kam, und sich wieder aufrichtend blickte er in das helle holde Gesicht, las einen Augenblick in den klugen hoch¨¹berw.lbten Augen, atmete einen Hauch von Duft, den er nicht kannte. L.chelnd nickte die sch.ne Frau, einen Augenblick, und verschwand im Hain, und hinter ihr die Diener. So betrete ich diese Stadt, dachte Siddhartha, unter einem holden Zeichen. Es zog ihn, sogleich in den Hain zu treten, doch bedachte er sich, und nun erst ward ihm bewu.t, wie ihn die Diener und M.gde am Eingang betrachtet hatten, wie ver.chtlich, wie mi.trauisch, wie abweisend. The Legal Small Print Noch bin ich ein Samana, dachte er, noch immer, ein Asket und Bettler. Nicht so werde ich bleiben d¨¹rfen, nicht so in den Hain treten. Und er lachte. Den n.chsten Menschen, der des Weges kam, fragte er nach dem Hain und nach dem Namen dieser Frau, und erfuhr, da. dies der Hain der Kamala war, der ber¨¹hmten Kurtisane, und da. sie au.er dem Haine ein Haus in der Stadt besa.. Dann betrat er die Stadt. Er hatte nun ein Ziel. Sein Ziel verfolgend, lie. er sich von der Stadt einschl¨¹rfen, trieb im Strom der Gassen, stand auf Pl.tzen still, ruhte auf Steintreppen am Flusse aus. Gegen den Abend befreundete er sich mit einem Barbiergehilfen, den er im Schatten eines Gew.lbes hatte arbeiten sehen, den er betend in einem Tempel Vishnus wiederfand, dem er von den Geschichten Vishnu's und der Lakschmi erz.hlte. Bei den Booten am Flusse schlief er die Nacht, und fr¨¹h am Morgen, ehe die ersten Kunden in seinen Laden kamen, lie. er sich von dem Barbiergehilfen den Bart rasieren und das Haar beschneiden, das Haar k.mmen und mit feinem .le salben. Dann ging er im Flusse baden. Als am Sp.tnachmittag die sch.ne Kamala in der S.nfte sich ihrem Haine n.herte, stand am Eingang Siddhartha, verbeugte sich und empfing den Gru. der Kurtisane. Demjenigen Diener aber, der zuletzt im Zuge ging, winkte er und bat ihn, der Herrin zu melden, da. ein junger Brahmane mit ihr zu sprechen begehre. Nach einer Weile kam der Diener zur¨¹ck, forderte den Wartenden auf, ihm zu folgen, f¨¹hrte den ihm Folgenden schweigend in einen Pavillon, wo Kamala auf einem Ruhebette lag, und lie. ihn bei ihr allein. "Bist du nicht gestern schon da drau.en gestanden und hast mich begr¨¹.t?" fragte Kamala. "Wohl habe ich gestern schon dich gesehen und begr¨¹.t." "Aber trugst du nicht gestern einen Bart, und lange Haare, und Staub in den Haaren?" "Wohl hast du beobachtet, alles hast du gesehen. Du hast Siddhartha gesehen, den Brahmanensohn, welcher seine Heimat verlassen hat, um ein Samana zu werden, und drei Jahre lang ein Samana gewesen ist. Nun aber habe ich jenen Pfad verlassen, und kam in diese Stadt, und die erste, die mir noch vor dem Betreten der Stadt begegnete, warst du. Dies zu sagen, bin ich zu dir gekommen, o Kamala! Du bist die erste Frau, zu welcher Siddhartha anders als mit niedergeschlagenen Augen redet. Nie mehr will ich meine Augen niederschlagen, wenn eine sch.ne Frau mir begegnet." Kamala l.chelte und spielte mit ihrem F.cher aus Pfauenfedern. Und fragte: "Und nur um mir dies zu sagen, ist Siddhartha zu mir gekommen?" "Um dir dies zu sagen, und um dir zu danken, da. du so sch.n bist. Und wenn es dir nicht mi.f.llt, Kamala, m.chte ich dich bitten, meine Freundin und Lehrerin zu sein, denn ich wei. noch nichts von der Kunst, in welcher du Meisterin bist." Da lachte Kamala laut. "Nie ist mir das geschehen, Freund, da. ein Samana aus dem Walde zu mir kam und von mir lernen wollte! Nie ist mir das geschehen, da. ein Samana mit langen Haaren und in einem alten zerrissenen Schamtuche zu mir kam! Viele J¨¹nglinge kommen zu mir, und auch Brahmanens.hne sind darunter, aber sie kommen in sch.nen Kleidern, sie kommen in feinen Schuhen, sie haben Wohlgeruch im Haar und Geld in den Beuteln. So, du Samana, sind die J¨¹nglinge beschaffen, welche zu mir kommen." Sprach Siddhartha: "Schon fange ich an, von dir zu lernen. Auch gestern schon habe ich gelernt. Schon habe The Legal Small Print ich den Bart abgelegt, habe das Haar gek.mmt, habe .l im Haare. Weniges ist, das mir noch fehlt, du Vortreffliche: feine Kleider, feine Schuhe, Geld im Beutel. Wisse, Schwereres hat Siddhartha sich vorgenommen, als solche Kleinigkeiten sind, und hat es erreicht. Wie sollte ich nicht erreichen, was ich gestern mir vorgenommen habe: dein Freund zu sein und die Freuden der Liebe von dir zu lernen! Du wirst mich gelehrig sehen, Kamala, Schwereres habe ich gelernt, als was du mich lehren sollst. Und nun also: Siddhartha gen¨¹gt dir nicht, so wie er ist, mit .l im Haar, aber ohne Kleider, ohne Schuhe, ohne Geld?" Lachend rief Kamala: "Nein, Werter, er gen¨¹gt noch nicht. Kleider mu. er haben, h¨¹bsche Kleider, und Schuhe, h¨¹bsche Schuhe, und viel Geld im Beutel, und Geschenke f¨¹r Kamala. Wei.t du es nun, Samana aus dem Walde? Hast du es dir gemerkt?" "Wohl habe ich es mir gemerkt," rief Siddhartha. "Wie sollte ich mir nicht merken, was aus einem solchen Munde kommt! Dein Mund ist wie eine frisch aufgebrochene Feige, Kamala. Auch mein Mund ist rot und frisch, er wird zu deinem passen, du wirst sehen.--Aber sage, sch.ne Kamala, hast du gar keine Furcht vor dem Samana aus dem Walde, der gekommen ist, um Liebe zu lernen?" "Warum sollte ich denn Furcht vor einem Samana haben, einem dummen Samana aus dem Walde, der von den Schakalen kommt und noch gar nicht wei., was Frauen sind?" "O, er ist stark, der Samana, und er f¨¹rchtet nichts. Er k.nnte dich zwingen, sch.nes M.dchen. Er k.nnte dich rauben. Er k.nnte dir weh tun." "Nein, Samana, das f¨¹rchte ich nicht. Hat je ein Samana oder ein Brahmane gef¨¹rchtet, Einer k.nnte kommen und ihn packen und ihm seine Gelehrsamkeit, und seine Fr.mmigkeit, und seinen Tiefsinn rauben? Nein, denn die geh.ren ihm zu eigen und er gibt davon nur, was er geben will und wem er geben will. So ist es, genau ebenso ist es auch mit Kamala, und mit den Freuden der Liebe. Sch.n und rot ist Kamalas Mund, aber versuche, ihn gegen Kamalas Willen zu k¨¹ssen, und nicht einen Tropfen S¨¹.igkeit wirst du von ihm haben, der so viel S¨¹.es zu geben versteht! Du bist gelehrig, Siddhartha, so lerne auch dies: Liebe kann man erbetteln, erkaufen, geschenkt bekommen, auf der Gasse finden, aber rauben kann man sie nicht. Da hast du dir einen falschen Weg ausgedacht. Nein, schade w.re es, wenn ein h¨¹bscher J¨¹ngling wie du es so falsch angreifen wollte." Siddhartha verneigte sich l.chelnd. "Schade w.re es, Kamala, wie sehr hast du recht! ¨¹beraus schade w.re es. Nein, von deinem Munde soll mir kein Tropfen S¨¹.igkeit verloren gehen, noch dir von dem meinen! Es bleibt also dabei: Siddhartha wird wiederkommen, wenn er hat, was ihm noch fehlt: Kleider, Schuhe, Geld. Aber sprich, holde Kamala, kannst du mir nicht noch einen kleinen Rat geben?" "Einen Rat? Warum nicht? Wer wollte nicht gerne einem armen, unwissenden Samana, der von den Schakalen aus dem Walde kommt, einen Rat geben?" "Liebe Kamala, so rate mir wohin soll ich gehen, da. ich am raschesten jene drei Dinge finde?" "Freund, das m.chten viele wissen. Du mu.t tun, was du gelernt hast, und dir daf¨¹r Geld geben lassen, und Kleider, und Schuhe. Anders kommt ein Armer nicht zu Geld. Was kannst du denn?" "Ich kann denken. Ich kann warten. Ich kann fasten." "Nichts sonst?" "Nichts. Doch, ich kann auch dichten. Willst du mir f¨¹r ein Gedicht einen Ku. geben?" "Das will ich tun, wenn dein Gedicht mir gef.llt. Wie hei.t es denn?" The Legal Small Print Siddhartha sprach, nachdem er sich einen Augenblick besonnen hatte, diese Verse: In ihren schattigen Hain trat die sch.ne Kamala, An Haines Eingang stand der braune Samana. Tief, da er die Lotusbl¨¹te erblickte, Beugte sich jener, l.chelnd dankte Kamala. Lieblicher, dachte der J¨¹ngling, als G.ttern zu opfern, Lieblicher ist es zu opfern der sch.nen Kamala. Laut klatschte Kamala in die H.nde, da. die goldenen Armringe klangen. "Sch.n sind deine Verse, brauner Samana, und wahrlich, ich verliere nichts, wenn ich dir einen Ku. f¨¹r sie gebe." Sie zog ihn mit den Augen zu sich, er beugte sein Gesicht auf ihres, und legte seinen Mund auf den Mund, der wie eine frisch aufgebrochene Feige war. Lange k¨¹.te ihn Kamala, und mit tiefem Erstaunen f¨¹hlte Siddhartha, wie sie ihn lehrte, wie sie weise war, wie sie ihn beherrschte, ihn zur¨¹ckwies, ihn lockte, und wie hinter diesem ersten eine lange, eine wohlgeordnete, wohlerprobte Reihe von K¨¹ssen stand, jeder vom andern verschieden, die ihn noch erwarteten. Tief atmend blieb er stehen, und war in diesem Augenblick wie ein Kind erstaunt ¨¹ber die F¨¹lle des Wissens und Lernenswerten, die sich vor seinen Augen erschlo.. "Sehr sch.n sind deine Verse," rief Kamala, "wenn ich reich w.re, g.be ich dir Goldst¨¹cke daf¨¹r. Aber schwer wird es dir werden, mit Versen so viel Geld zu erwerben, wie du brauchst. Denn du brauchst viel Geld, wenn du Kamalas Freund sein willst." "Wie kannst du k¨¹ssen, Kamala!" stammelte Siddhartha. "Ja, das kann ich schon, darum fehlt es mir auch nicht an Kleidern, Schuhen, Armb.ndern und allen sch.nen Dingen. Aber was wird aus dir werden? Kannst du nichts als denken, fasten, dichten?" "Ich kann auch die Opferlieder," sagte Siddhartha, "aber ich will sie nicht mehr singen. Ich kann auch Zauberspr¨¹che, aber ich will sie nicht mehr sprechen. Ich habe die Schriften gelesen--" "Halt," unterbrach ihn Kamala. "Du kannst lesen? Und schreiben?" "Gewi. kann ich das. Manche k.nnen das." "Die meisten k.nnen es nicht. Auch ich kann es nicht. Es ist sehr gut, da. du lesen und schreiben kannst, sehr gut. Auch die Zauberspr¨¹che wirst du noch brauchen k.nnen." In diesem Augenblick kam eine Dienerin gelaufen und fl¨¹sterte der Herrin eine Nachricht ins Ohr. "Ich bekomme Besuch," rief Kamala. "Eile und verschwinde, Siddhartha, niemand darf dich hier sehen, das merke dir! Morgen sehe ich dich wieder." Der Magd aber befahl sie, dem frommen Brahmanen ein wei.es Obergewand zu geben. Ohne zu wissen, wie ihm geschah, sah sich Siddhartha von der Magd hinweggezogen, auf Umwegen in ein Gartenhaus gebracht, The Legal Small Print mit einem Oberkleid beschenkt, ins Geb¨¹sch gef¨¹hrt und dringlich ermahnt, sich alsbald ungesehen aus dem Hain zu verlieren. Zufrieden tat er, wie ihm gehei.en war. Des Waldes gewohnt, brachte er sich lautlos aus dem Hain und ¨¹ber die Hecke. Zufrieden kehrte er in die Stadt zur¨¹ck, das zusammengerollte Kleid unterm Arme tragend. In einer Herberge, wo Reisende einkehrten, stellte er sich an die T¨¹r, bat schweigend um Essen, nahm schweigend ein St¨¹ck Reiskuchen an. Vielleicht schon morgen, dachte er, werde ich niemand mehr um Essen bitten. Stolz flammte pl.tzlich in ihm auf. Er war kein Samana mehr, nicht mehr stand es ihm an, zu betteln. Er gab den Reiskuchen einem Hunde und blieb ohne Speise. "Einfach ist das Leben, das man in der Welt hier f¨¹hrt," dachte Siddhartha. "Es hat keine Schwierigkeiten. Schwer war alles, m¨¹hsam und am Ende hoffnungslos, als ich noch Samana war. Nun ist alles leicht, leicht wie der Unterricht im K¨¹ssen, den mir Kamala gibt. Ich brauche Kleider und Geld, sonst nichts, das sind kleine nahe Ziele, sie st.ren einem nicht den Schlaf." L.ngst hatte er das Stadthaus Kamalas erkundet, dort fand er sich am andern Tage ein. "Es geht gut," rief sie ihm entgegen. "Du wirst bei Kamaswami erwartet, er ist der reichste Kaufmann dieser Stadt. Wenn du ihm gef.llst, wird er dich in Dienst nehmen. Sei klug, brauner Samana. Ich habe ihm durch andre von dir erz.hlen lassen. Sei freundlich gegen ihn, er ist sehr m.chtig. Aber sei nicht zu bescheiden! Ich will nicht, da. du sein Diener wirst, du sollst seinesgleichen werden, sonst bin ich nicht mit dir zufrieden. Kamaswami f.ngt an, alt und bequem zu werden. Gef.llst du ihm, so wird er dir viel anvertrauen." Siddhartha dankte ihr und lachte, und da sie erfuhr, er habe gestern und heute nichts gegessen, lie. sie Brot und Fr¨¹chte bringen und bewirtete ihn. "Du hast Gl¨¹ck gehabt," sagte sie beim Abschied, "eine T¨¹r um die andre tut sich dir auf. Wie kommt das wohl? Hast du einen Zauber?" Siddhartha sagte: "Gestern erz.hlte ich dir, ich verst¨¹nde zu denken, zu warten und zu fasten, du aber fandest, das sei zu nichts n¨¹tze. Es ist aber zu vielem n¨¹tze, Kamala, du wirst es sehen. Du wirst sehen, da. die dummen Samanas im Walde viel H¨¹bsches lernen und k.nnen, das Ihr nicht k.nnet. Vorgestern war ich noch ein struppiger Bettler, gestern habe ich schon Kamala gek¨¹.t, und bald werde ich ein Kaufmann sein und Geld haben und all diese Dinge, auf die du Wert legst." "Nun ja," gab sie zu. "Aber wie st¨¹nde es mit dir ohne mich? Was w.rest du, wenn Kamala dir nicht h¨¹lfe?" "Liebe Kamala," sagte Siddhartha und richtete sich hoch auf, "als ich zu dir in deinen Hain kam, tat ich den ersten Schritt. Es war mein Vorsatz, bei dieser sch.nsten Frau die Liebe zu lernen. Von jenem Augenblick an, da ich den Vorsatz fa.te, wu.te ich auch, da. ich ihn ausf¨¹hren werde. Ich wu.te, da. du mir helfen w¨¹rdest, bei deinem ersten Blick am Eingang des Haines wu.te ich es schon." "Wenn ich aber nicht gewollt h.tte?" "Du hast gewollt. Sieh, Kamala: Wenn du einen Stein ins Wasser wirfst, so eilt er auf dem schnellsten Wege zum Grunde des Wassers. So ist es, wenn Siddhartha ein Ziel, einen Vorsatz hat. Siddhartha tut nichts, er wartet, er denkt, er fastet, aber er geht durch die Dinge der Welt hindurch wie der Stein durchs Wasser, ohne etwas zu tun, ohne sich zu r¨¹hren; er wird gezogen, er l..t sich fallen. Sein Ziel zieht ihn an sich, denn er l..t nichts in seine Seele ein, was dem Ziel widerstreben k.nnte. Das ist es, was Siddhartha bei den Samanas gelernt hat. Es ist das, was die Toren Zauber nennen und wovon sie meinen, es werde durch die D.monen The Legal Small Print bewirkt. Nichts wird von D.monen bewirkt, es gibt keine D.monen. Jeder kann zaubern, jeder kann seine Ziele erreichen, wenn er denken kann, wenn er warten kann, wenn er fasten kann." Kamala h.rte ihm zu. Sie liebte seine Stimme, sie liebte den Blick seiner Augen. "Vielleicht ist es so," sagte sie leise, "wie du spriehst, Freund. Vielleicht ist es aber auch so, da. Siddhartha ein h¨¹bscher Mann ist, da. sein Blick den Frauen gef.llt, da. darum das Gl¨¹ck ihm entgegenkommt." Mit einem Ku. nahm Siddhartha Abschied. "M.ge es so sein, meine Lehrerin. M.ge immer mein Blick dir gefallen, m.ge immer von dir mir Gl¨¹ck entgegenkommen!" BEI DEN KINDERMENSCHEN Siddhartha ging zum Kaufmann Kamaswami, in ein reiches Haus ward er gewiesen, Diener f¨¹hrten ihn zwischen kostbaren Teppichen in ein Gemach, wo er den Hausherrn erwartete. Kamaswami trat ein, ein rascher, geschmeidiger Mann mit stark ergrauendem Haar, mit sehr klugen, vorsichtigen Augen, mit einem begehrlichen Mund. Freundlich begr¨¹.ten sich Herr und Gast. "Man hat mir gesagt," begann der Kaufmann, "da. du ein Brahmane bist, ein Gelehrter, da. du aber Dienste bei einem Kaufmann suchst. Bist du denn in Not geraten, Brahmane, da. du Dienste suchst?" "Nein," sagte Siddhartha, "ich bin nicht in Not geraten und bin nie in Not gewesen. Wisse, da. ich von den Samanas komme, bei welchen ich lange Zeit gelebt habe." "Wenn du von den Samanas kommst, wie solltest du da nicht in Not sein? Sind nicht die Samanas v.llig besitzlos?", "Besitzlos bin ich," sagte Siddhartha, "wenn es das ist, was du meinst. Gewi. bin ich besitzlos. Doch bin ich es freiwillig, bin also nicht in Not." "Wovon aber willst du leben, wenn du besitzlos bist?" "Ich habe daran noch nie gedacht, Herr. Ich bin mehr als drei Jahre besitzlos gewesen, und habe niemals daran gedacht, wovon ich leben solle." "So hast du vom Besitz anderer gelebt." "Vermutlich ist es so. Auch der Kaufmann lebt ja von der Habe anderer." "Wohl gesprochen. Doch nimmt er von den andern das ihre nicht umsonst; er gibt ihnen seine Waren daf¨¹r." "So scheint es sich in der Tat zu verhalten. Jeder nimmt, jeder gibt, so ist das Leben." "Aber erlaube: wenn du besitzlos bist, was willst du da geben?" "Jeder gibt, was er hat. Der Krieger gibt Kraft, der Kaufmann gibt Ware, der Lehrer Lehre, der Bauer Reis, der Fischer Fische." "Sehr wohl. Und was ist es nun, was du zu geben hast? Was ist es, das du gelernt hast, das du kannst?" "Ich kann denken. Ich kann warten. Ich kann fasten." The Legal Small Print "Das ist alles?" "Ich glaube, es ist alles!" "Und wozu n¨¹tzt es? Zum Beispiel das Fasten--wozu ist es gut?" "Es ist sehr gut, Herr. Wenn ein Mensch nichts zu essen hat, so ist Fasten das Allerkl¨¹gste, was er tun kann. Wenn, zum Beispiel, Siddhartha nicht fasten gelernt h.tte, so m¨¹.te er heute noch irgendeinen Dienst annehmen, sei es bei dir oder wo immer, denn der Hunger w¨¹rde ihn dazu zwingen. So aber kann Siddhartha ruhig warten, er kennt keine Ungeduld, er kennt keine Notlage, lange kann er sich vom Hunger belagern lassen und kann dazu lachen. Dazu, Herr, ist Fasten gut." "Du hast Recht, Samana. Warte einen Augenblick." Kamaswami ging hinaus und kehrte mit einer Rolle wieder, die er seinem Gaste hinreichte, indem er fragte: "Kannst du dies lesen?" Siddhartha betrachtete die Rolle, in welcher ein Kaufvertrag niedergeschrieben war, und begann ihren Inhalt vorzulesen. "Vortrefflich", sagte Kamaswami. "Und willst du mir etwas auf dieses Blatt schreiben?" Er gab ihm ein Blatt und einen Griffel, und Siddhartha schrieb und gab das Blatt zur¨¹ck. Kamaswami las: "Schreiben ist gut, Denken ist besser. Klugheit ist gut, Geduld ist besser." "Vorz¨¹glich verstehst du zu schreiben," lobte der Kaufmann. "Manches werden wir noch miteinander zu sprechen haben. F¨¹r heute bitte ich dich, sei mein Gast und nimm in diesem Hause Wohnung." Siddhartha dankte und nahm an, und wohnte nun im Hause des H.ndlers. Kleider wurden ihm gebracht, und Schuhe, und ein Diener bereitete ihm t.glich das Bad. Zweimal am Tage wurde eine reichliche Mahlzeit aufgetragen, Siddhartha aber a. nur einmal am Tage, und a. weder Fleisch noch trank er Wein. Kamaswami erz.hlte ihm von seinem Handel, zeigte ihm Waren und Magazine, zeigte ihm Berechnungen. Vieles Neue lernte Siddhartha kennen, er h.rte viel und sprach wenig. Und der Worte Kamalas eingedenk, ordnete er sich niemals dem Kaufmanne unter, zwang ihn, da. er ihn als seinesgleichen, ja als mehr denn seinesgleichen behandle. Kamaswami betrieb seine Gesch.fte mit Sorglichkeit und oft mit Leidenschaft, Siddhartha aber betrachtete dies alles wie ein Spiel, dessen Regeln genau zu lernen er bem¨¹ht war, dessen Inhalt aber sein Herz nicht ber¨¹hrte. Nicht lange war er in Kamaswamis Hause, da nahm er schon an seines Hausherrn Handel teil. T.glich aber zu der Stunde, die sie ihm nannte, besuchte er die sch.ne Kamala, in h¨¹bschen Kleidern, in feinen Schuhen, und bald brachte er ihr auch Geschenke mit. Vieles lehrte ihn ihr roter, kluger Mund. Vieles lehrte ihn ihre zarte, geschmeidige Hand. Ihm, der in der Liebe noch ein Knabe war und dazu neigte, sich blindlings und uners.ttlich in die Lust zu st¨¹rzen wie ins Bodenlose, lehrte sie von Grund auf die Lehre, da. man Lust nicht nehmen kann, ohne Lust zu geben, und da. jede Geb.rde, jedes Streicheln, jede Ber¨¹hrung, jeder Anblick, jede kleinste Stelle des K.rpers ihr Geheimnis hat, das zu wecken dem Wissenden Gl¨¹ck bereitet. Sie lehrte ihn, da. Liebende nach einer Liebesfeier nicht voneinander gehen d¨¹rfen, ohne eins das andere zu bewundern, ohne ebenso besiegt zu sein, wie gesiegt zu haben, so da. bei keinem von beiden ¨¹bers.ttigung und .de entstehe und das b.se Gef¨¹hl, mi.braucht zu haben oder mi.braucht worden zu sein. Wunderbare Stunden brachte er bei der sch.nen und klugen K¨¹nstlerin zu, wurde ihr Sch¨¹ler, ihr Liebhaber, ihr Freund. Hier bei Kamala lag der Wert und Sinn seines jetzigen Lebens, nicht im Handel des Kamaswami. The Legal Small Print Der Kaufmann ¨¹bertrug ihm das Schreiben wichtiger Briefe und Vertr.ge, und gew.hnte sich daran, alle wichtigen Angelegenheiten mit ihm zu beraten. Er sah bald, da. Siddhartha von Reis und Wolle, von Schiffahrt und Handel wenig verstand, da. aber seine Hand eine gl¨¹ckliche war, und da. Siddhartha ihn, den Kaufmann, ¨¹bertraf an Ruhe und Gleichmut, und in der Kunst des Zuh.renk.nnens und Eindringens in fremde Menschen. "Dieser Brahmane," sagte er zu einem Freunde, "ist kein richtiger Kaufmann und wird nie einer werden, nie ist seine Seele mit Leidenschaft bei den Gesch.ften. Aber er hat das Geheimnis jener Menschen, zu welchen der Erfolg von selber kommt, sei das nun ein angeborener guter Stern, sei es Zauber, sei es etwas, das er bei den Samanas gelernt hat. Immer scheint er mit den Gesch.ften nur zu spielen, nie gehen sie ganz in ihn ein, nie beherrschen sie ihn, nie f¨¹rchtet er Mi.erfolg, nie bek¨¹mmert ihn ein Verlust." Der Freund riet dem H.ndler: "Gib ihm von den Gesch.ften, die er f¨¹r dich treibt, einen Drittel vom Gewinn, la. ihn aber auch denselben Anteil des Verlustes treffen, wenn Verlust entsteht. So wird er eifriger werden." Kamaswami folgte dem Rat. Siddhartha aber k¨¹mmerte sich wenig darum. Traf ihn Gewinn, so nahm er ihn gleichm¨¹tig hin; traf ihn Verlust, so lachte er und sagte: "Ei sieh, dies ist also schlecht gegangen!" Es schien in der Tat, als seien die Gesch.fte ihm gleichg¨¹ltig. Einmal reiste er in ein Dorf, um dort eine gro.e Reisernte aufzukaufen. Als er ankam, war aber der Reis schon an einen andern H.ndler verkauft. Dennoch blieb Siddhartha manche Tage in jenem Dorf, bewirtete die Bauern, schenkte ihren Kindern Kupferm¨¹nzen, feierte eine Hochzeit mit und kam ¨¹beraus zufrieden von der Reise zur¨¹ck. Kamaswami machte ihm Vorw¨¹rfe, da. er nicht sogleich umgekehrt sei, da. er Zeit und Geld vergeudet habe. Siddhartha antwortete: "La. das Schelten, lieber Freund! Noch nie ist mit Schelten etwas erreicht worden. Ist Verlust entstanden, so la. mich den Verlust tragen. Ich bin sehr zufrieden mit dieser Reise. Ich habe vielerlei Menschen kennengelernt, ein Brahmane ist mein Freund geworden, Kinder sind auf meinen Knien geritten, Bauern haben mir ihre Felder gezeigt, niemand hat mich f¨¹r einen H.ndler gehalten." "Sehr h¨¹bsch ist dies alles," rief Kamaswami unwillig, "aber tats.chlich bist du doch ein H.ndler, sollte ich meinen! Oder bist du denn nur zu deinem Vergn¨¹gen gereist?" "Gewi.," lachte Siddhartha, "gewi. bin ich zu meinem Vergn¨¹gen gereist. Wozu denn sonst? Ich habe Menschen und Gegenden kennen gelernt, ich habe, Freundlichkeit und Vertrauen genossen, ich habe Freundschaft gefunden. Sieh, Lieber, wenn ich Kamaswami gewesen w.re, so w.re ich sofort, als ich meinen Kauf vereitelt sah, voll .rger und in Eile wieder zur¨¹ckgereist, und Zeit und Geld w.re in der Tat verloren gewesen. So aber habe ich gute Tage gehabt, habe gelernt, habe Freude genossen, habe weder mich noch andre durch .rger und durch Eilfertigkeit gesch.digt. Und wenn ich jemals wieder dorthin komme, vielleicht um eine sp.tere Ernte zu kaufen, oder zu welchem Zwecke es sei, so werden freundliche Menschen mich freundlich und heiter empfangen, und ich werde mich daf¨¹r loben, da. ich damals nicht Eile und Unmut gezeigt habe. Also la. gut sein, Freund, und schade dir nicht durch Schelten! Wenn der Tag kommt, an dem du sehen wirst: Schaden bringt mir dieser Siddhartha, dann sprich ein Wort, und Siddhartha wird seiner Wege gehen. Bis dahin aber la. uns einer mit dem andern zufrieden sein." Vergeblich waren auch die Versuche des Kaufmanns, Siddhartha zu ¨¹berzeugen, da. er sein, Kamaswamis, Brot esse. Siddhartha a. sein eignes Brot, vielmehr sie beide a.en das Brot anderer, das Brot aller. Niemals hatte Siddhartha ein Ohr f¨¹r Kamaswamis Sorgen, und Kamaswami machte sich viele Sorgen. War ein Gesch.ft im Gange, welchem Mi.erfolg drohte, schien eine Warensendung verloren, schien ein Schuldner nicht zahlen zu k.nnen, nie konnte Kamaswami seinen Mitarbeiter ¨¹berzeugen, da. es n¨¹tzlich sei, Worte des Kummers oder des Zornes zu verlieren, Falten auf der Stirn zu haben, schlecht zu schlafen. Als ihm Kamaswami einstmals vorhielt, er habe alles, was er verstehe, von ihm gelernt, gab er zur Antwort: "Wolle mich doch nicht mit solchen Sp..en zum Besten haben! Von dir habe ich gelernt, wieviel ein Korb voll Fische kostet, und wieviel Zins man f¨¹r geliehenes Geld fordern kann. Das sind deine Wissenschaften. Denken habe ich nicht bei dir gelernt, teurer Kamaswami, suche lieber du es von mir zu lernen." The Legal Small Print In der Tat war seine Seele nicht beim Handel. Die Gesch.fte waren gut, um ihm Geld f¨¹r Kamala einzubringen, und sie brachten weit mehr ein, als er brauchte. Im ¨¹brigen war Siddharthas Teilnahme und Neugierde nur bei den Menschen, deren Gesch.fte, Handwerke, Sorgen, Lustbarkeiten und Torheiten ihm fr¨¹her fremd und fern gewesen waren wie der Mond. So leicht es ihm gelang, mit allen zu sprechen, mit allen zu leben, von allen zu lernen, so sehr ward ihm dennoch bewu.t, da. etwas sei, was ihn von ihnen trenne, und dies Trennende war sein Samanatum. Er sah die Menschen auf eine kindliche oder tierhafte Art dahinleben, welche er zugleich liebte und auch verachtete. Er sah sie sich m¨¹hen, sah sie leiden und grau werden um Dinge, die ihm dieses Preises ganz unwert schienen, um Geld, um kleine Lust, um kleine Ehren, er sah sie einander schelten und beleidigen, er sah sie um Schmerzen wehklagen, ¨¹ber die der Samana l.chelt, und unter Entbehrungen leiden, die ein Samana nicht f¨¹hlt. Allem stand er offen, was diese Menschen ihm zubrachten. Willkommen war ihm der H.ndler, der ihm Leinwand zum Kauf anbot, willkommen der Verschuldete, der ein Darlehen suchte, willkommen der Bettler, der ihm eine Stunde lang die Geschichte seiner Armut erz.hlte, und welcher nicht halb so arm war als ein jeder Samana. Den reichen ausl.ndischen H.ndler behandelte er nicht anders als den Diener, der ihn rasierte, und den Stra.enverk.ufer, von dem er sich beim Bananenkauf um kleine M¨¹nze betr¨¹gen lie.. Wenn Kamaswami zu ihm kam, um ¨¹ber seine Sorgen zu klagen oder ihm wegen eines Gesch.ftes Vorw¨¹rfe zu machen, so h.rte er neugierig und heiter zu, wunderte sich ¨¹ber ihn, suchte ihn zu verstehen, lie. ihn ein wenig Recht haben, eben soviel als ihm unentbehrlich schien, und wandte sich von ihm ab, dem N.chsten zu, der ihn begehrte. Und es kamen viele zu ihm, viele um mit ihm zu handeln, viele um ihn zu betr¨¹gen, viele um ihn auszuhorchen, viele um sein Mitleid anzurufen, viele um seinen Rat zu h.ren. Er gab Rat, er bemitleidete, er schenkte, er lie. sich ein wenig betr¨¹gen, und dieses ganze Spiel und die Leidenschaft, mit welcher alle Menschen dies Spiel betrieben, besch.ftigte seine Gedanken ebensosehr, wie einst die G.tter und das Brahman sie besch.ftigt hatten. Zuzeiten sp¨¹rte er, tief in der Brust, eine sterbende, leise Stimme, die mahnte leise, klagte leise, kaum da. er sie vernahm. Alsdann kam ihm f¨¹r eine Stunde zum Bewu.tsein, da. er ein seltsames Leben f¨¹hre, da. er da lauter Dinge tue, die blo. ein Spiel waren, da. er wohl heiter sei und zuweilen Freude f¨¹hle, da. aber das eigentliche Leben dennoch an ihm vorbeiflie.e und ihn nicht ber¨¹hre. Wie ein Ballspieler mit seinen B.llen spielt, so spielte er mit seinen Gesch.ften, mit den Menschen seiner Umgebung, sah ihnen zu, fand seinen Spa. an ihnen; mit dem Herzen, mit der Quelle seines Wesens war er nicht dabei. Die Quelle lief irgendwo, wie fern von ihm, lief und lief unsichtbar, hatte nichts mehr mit seinem Leben zu tun. Und einigemal erschrak er ob solchen Gedanken und w¨¹nschte sich, es m.ge doch auch ihm gegeben sein, bei all dem kindlichen Tun des Tages mit Leidenschaft und mit dem Herzen beteiligt zu sein, wirklich zu leben, wirklich zu tun, wirklich zu genie.en und zu leben, statt nur so als ein Zuschauer daneben zu stehen. Immer aber kam er wieder zur sch.nen Kamala, lernte Liebeskunst, ¨¹bte den Kult der Lust, bei welchem mehr als irgendwo geben und nehmen zu einem wird, plauderte mit ihr, lernte von ihr, gab ihr Rat, empfing Rat. Sie verstand ihn besser, als Govinda ihn einst verstanden hatte, sie war ihm .hnlicher. Einmal sagte er zu ihr: "Du bist wie ich, du bist anders als die meisten Menschen. Du bist Kamala, nichts andres, und in dir innen ist eine Stille und Zuflucht, in welche du zu jeder Stunde eingehen und bei dir daheim sein kannst, so wie auch ich es kann. Wenige Menschen haben das, und doch k.nnten alle es haben." "Nicht alle Menschen sind klug," sagte Kamala. "Nein," sagte Siddhartha, "nicht daran liegt es. Kamaswami ist ebenso klug wie ich, und hat doch keine Zu flucht in sich. Andre haben sie, die an Verstand kleine Kinder sind. Die meisten Menschen, Kamala, sind wie ein fallendes Blatt, das weht und dreht sich durch die Luft, und schwankt, und taumelt zu Boden. Andre aber, wenige, sind wie Sterne, die gehen eine feste Bahn, kein Wind erreicht sie, in sich selber haben sie ihr Gesetz und ihre Bahn. Unter allen Gelehrten und Samanas, deren ich viele kannte, war einer von dieser Art, ein Vollkommener, nie kann ich ihn vergessen. Es ist jener Gotama, der Erhabene, der Verk¨¹ndiger jener Lehre. Tausend J¨¹nger h.ren jeden Tag seine. Lehre, folgen jede Stunde seiner Vorschrift, aber sie alle sind fallendes The Legal Small Print Laub, nicht in sich selbst haben sie Lehre und Gesetz." Kamala betrachtete ihn mit L.cheln. "Wieder redest du von ihm," sagte sie, "wieder hast du Samana-Gedanken." Siddhartha schwieg, und sie spielten das Spiel der Liebe, eines von den drei.ig oder vierzig verschiedenen Spielen, welche Kamala wu.te. Ihr Leib war biegsam wie der eines Jaguars, und wie der Bogen eines J.gers; wer von ihr die Liebe gelernt hatte, war vieler L¨¹ste, vieler Geheimnisse kundig. Lange spielte sie mit Siddhartha, lockte ihn, wies ihn zur¨¹ck, zwang ihn, umspannte ihn: freute sich seiner Meisterschaft, bis er besiegt war und ersch.pft an ihrer Seite ruhte. Die Het.re beugte sich ¨¹ber ihn, sah lang in sein Gesicht, in seine m¨¹dgewordenen Augen. "Du bist der beste Liebende," sagte sie nachdenklich, "den ich gesehen habe. Du bist st.rker als andre, biegsamer, williger. Gut hast du meine Kunst gelernt, Siddhartha. Einst, wenn ich .lter bin, will ich von dir ein Kind haben. Und dennoch, Lieber, bist du ein Samana geblieben, dennoch liebst du mich nicht, du liebst keinen Menschen. Ist es nicht so?" "Es mag wohl so sein", sagte Siddhartha m¨¹de. "Ich bin wie du. Auch du liebst nicht--wie k.nntest du sonst die Liebe als eine Kunst betreiben? Die Menschen von unserer Art k.nnen vielleicht nicht lieben. Die Kindermenschen k.nnen es; das ist ihr Geheimnis." SANSARA Lange Zeit hatte Siddhartha das Leben der Welt und der L¨¹ste gelebt, ohne ihm doch anzugeh.ren. Seine Sinne, die er in hei.en Samana-Jahren ert.tet hatte, waren wieder erwacht, er hatte Reichtum gekostet, hatte Wollust gekostet, hatte Macht gekostet; dennoch war er lange Zeit im Herzen noch ein Samana geblieben, dies hatte Kamala, die Kluge, richtig erkannt. Immer noch war es die Kunst des Denkens, des Wartens, des Fastens, von welcher sein Leben gelenkt wurde, immer noch waren die Menschen der Welt, die Kindermenschen, ihm fremd geblieben, wie er ihnen fremd war. Die Jahre liefen dahin, in Wohlergehen eingeh¨¹llt f¨¹hlte Siddhartha ihr Schwinden kaum. Er war reich geworden, er besa. l.ngst ein eigenes Haus und eigene Dienerschaft, und einen Garten vor der Stadt am Flusse. Die Menschen hatten ihn gerne, sie kamen zu ihm, wenn sie Geld oder Rat brauchten, niemand aber stand ihm nahe, au.er Kamala. Jenes hohe, helle Wachsein, welches er einst, auf der H.he seiner Jugend, erlebt hatte, in den Tagen nach Gotamas Predigt, nach der Trennung von Govinda, jene gespannte Erwartung, jenes stolze Alleinstehen ohne Lehren und ohne Lehrer, jene geschmeidige Bereitschaft, die g.ttliche Stimme im eigenen Herzen zu h.ren, war allm.hlich Erinnerung geworden, war verg.nglich gewesen; fern und leise rauschte die heilige Quelle, die einst nahe gewesen war, die einst in ihm selber gerauscht hatte. Vieles zwar, das er von den Samanas gelernt, das er von Gotama gelernt, das er von seinem Vater, dem Brahmanen, gelernt hatte, war noch lange Zeit in ihm geblieben: m..iges Leben, Freude am Denken, Stunden der Versenkung, heimliches Wissen vom Selbst, vom ewigen Ich, das nicht K.rper noch Bewu.tsein ist. Manches davon war in ihm geblieben, eines ums andre aber war untergesunken und hatte sich mit Staub bedeckt. Wie die Scheibe des T.pfers, einmal angetrieben, sich noch lange dreht und nur langsam erm¨¹det und ausschwingt, so hatte in Siddharthas Seele das Rad der Askese, das Rad des Denkens, das Rad der Unterscheidung lange weiter geschwungen, schwang immer noch, aber es schwang langsam und z.gernd und war dem Stillstand nahe. Langsam, wie Feuchtigkeit in den absterbenden Baumstrunk dringt, ihn langsam f¨¹llt und faulen macht, war Welt und Tr.gheit in Siddharthas Seele gedrungen, langsam f¨¹llte sie seine Seele, machte sie schwer, machte sie m¨¹de, schl.ferte sie ein. Daf¨¹r waren seine Sinne lebendig geworden, viel hatten sie gelernt, viel erfahren. The Legal Small Print Siddhartha hatte gelernt, Handel zu treiben, Macht ¨¹ber Menschen auszu¨¹ben, sich mit dem Weibe zu vergn¨¹gen, er hatte gelernt, sch.ne Kleider zu tragen, Dienern zu befehlen, sich in wohlriechenden Wassern zu baden. Er hatte gelernt, zart und sorgf.ltig bereitete Speisen zu essen, auch den Fisch, auch Fleisch und Vogel, Gew¨¹rze und S¨¹.igkeiten, und den Wein zu trinken, der tr.ge und vergessen macht. Er hatte gelernt, mit W¨¹rfeln und auf dem Schachbrette zu spielen, T.nzerinnen zuzusehen, sich in der S.nfte tragen zu lassen, auf einem weichen Bett zu schlafen. Aber immer noch hatte er sich von den andern verschieden und ihnen ¨¹berlegen gef¨¹hlt, immer hatte er ihnen mit ein wenig Spott zugesehen, mit ein wenig sp.ttischer Verachtung, mit eben jener Verachtung, wie sie ein Samana stets f¨¹r Weltleute f¨¹hlt. Wenn Kamaswami kr.nklich war, wenn er .rgerlich war, wenn er sich beleidigt f¨¹hlte, wenn er von seinen Kaufmannssorgen geplagt wurde, immer hatte Siddhartha es mit Spott angesehen. Langsam und unmerklich nur, mit den dahingehenden Erntezeiten und Regenzeiten, war sein Spott m¨¹der geworden, war seine ¨¹berlegenheit stiller geworden. Langsam nur, zwischen seinen wachsenden Reicht¨¹mern, hatte Siddhartha selbst etwas von der Art der Kindermenschen angenommen, etwas von ihrer Kindlichkeit und von ihrer .ngstlichkeit. Und doch beneidete er sie, beneidete sie desto mehr, je .hnlicher er ihnen wurde. Er beneidete sie um das Eine, was ihm fehlte und was sie hatten, um die Wichtigkeit, welche sie ihrem Leben beizulegen vermochten, um die Leidenschaftlichkeit ihrer Freuden und .ngste, um das bange aber s¨¹.e Gl¨¹ck ihrer ewigen Verliebtheit. In sich selbst, in Frauen, in ihre Kinder, in Ehre oder Geld, in Pl.ne oder Hoffnungen verliebt waren diese Menschen immerzu. Er aber lernte dies nicht von ihnen, gerade dies nicht, diese Kinderfreude und Kindertorheit; er lernte von ihnen gerade das Unangenehme, was er selbst verachtete. Es geschah immer .fter, da. er am Morgen nach einem geselligen Abend lange liegen blieb und sich dumpf und m¨¹de f¨¹hlte. Es geschah, da. er .rgerlich und ungeduldig wurde, wenn Kamaswami ihn mit seinen Sorgen lang weilte. Es geschah, da. er allzu laut lachte, wenn er im W¨¹rfelspiel verlor. Sein Gesicht war noch immer kl¨¹ger und geistiger als andre, aber es lachte selten, und nahm einen um den andern jene Z¨¹ge an, die man im Gesicht reicher Leute so h.ufig findet, jene Z¨¹ge der Unzufriedenheit, der Kr.nklichkeit, des Mi.mutes, der Tr.g heit, der Lieblosigkeit. Langsam ergriff ihn die Seelen krankheit der Reichen. Wie ein Schleier, wie ein d¨¹nner Nebel senkte sich M¨¹digkeit ¨¹ber Siddhartha, langsam, jeden Tag ein wenig dichter, jeden Monat ein wenig tr¨¹ber, jedes Jahr ein wenig schwerer. Wie ein neues Kleid mit der Zeit alt wird, mit der Zeit seine sch.ne Farbe verliert, Flecken bekommt, Falten bekommt, an den S.umen abgesto.en wird und hier und dort bl.de, f.dige Stellen zu zeigen beginnt, so war Siddharthas neues Leben, das er nach seiner Trennung von Govinda begonnen hatte, alt geworden, so verlor es mit den hinrinnenden Jahren Farbe und Glanz, so sammelten sich Falten und Flecken auf ihm, und im Grunde verborgen, hier und dort schon h..lich hervorblickend, wartete Entt.uschung und Ekel. Siddhartha merkte es nicht. Er merkte nur, das jene helle und sichere Stimme seines Innern, die einst in ihm erwacht war und ihn in seinen gl.nzenden. Zeiten je und je geleitet hatte, schweigsam geworden war. Die Welt hatte ihn eingefangen, die Lust, die Begehrlichkeit, die Tr.gheit, und zuletzt auch noch jenes Laster, das er als das t.richteste stets am meisten verachtet und geh.hnt hatte: die Habgier. Auch das Eigentum, der Besitz und Reichtum hatte ihn schlie.lich eingefangen, war ihm kein Spiel und Tand mehr, war Kette und Last geworden. Auf einem seltsamen und listigen Wege war Siddhartha in diese letzte und schn.deste Abh.ngigkeit geraten, durch das W¨¹rfelspiel. Seit der Zeit n.mlich, da er im Herzen aufgeh.rt hatte, ein Samana zu sein, begann Siddhartha das Spiel um Geld und Kostbarkeiten, das er sonst l.chelnd und l.ssig als eine Sitte der Kindermenschen mitgemacht hatte, mit einer zunehmenden Wut und Leidenschaft zu treiben. Er war ein gef¨¹rchteter Spieler, wenige wagten es mit ihm, so hoch und frech waren seine Eins.tze. Er trieb das Spiel aus der Not seines Herzens, das Verspielen und Verschleudern des elenden Geldes schuf ihm eine zornige Freude, auf keine andre Weise konnte er seine Verachtung des Reichtums, des G.tzen der Kaufleute, deutlicher und h.hnischer zeigen. So spielte er hoch und schonungslos, sich selbst hassend, sich selbst verh.hnend, strich Tausende ein, warf Tausende weg, verspielte Geld, verspielte Schmuck, verspielte ein Landhaus, gewann wieder, verspielte wieder. Jene Angst, jene furchtbare und beklemmende Angst, welche er w.hrend des W¨¹rfelns, w.hrend des Bangens um hohe Eins.tze empfand, jene Angst liebte er und suchte sie immer zu erneuern, immer zu steigern, immer h.her zu kitzeln, denn in diesem Gef¨¹hl allein noch f¨¹hlte er etwas wie Gl¨¹ck, etwas wie Rausch, etwas wie erh.htes Leben inmitten seines ges.ttigten, lauen, faden The Legal Small Print Lebens. Und nach jedem gro.en Verluste sann er auf neuen Reichtum, ging eifriger dem Handel nach, zwang strenger seine Schuldner zum Zahlen, denn er wollte weiter spielen, er wollte weiter vergeuden, weiter dem Reichtum seine Verachtung zeigen. Siddhartha verlor die Gelassenheit bei Verlusten, er verlor die Geduld gegen s.umige Zahler, verlor die Gutm¨¹tigkeit gegen Bettler, verlor die Lust am Verschenken und Wegleihen des Geldes an Bittende. Er, der zehntausend auf einen Wurf verspielte und dazu lachte, wurde im Handel strenger und kleinlicher, tr.umte nachts zuweilen von Geld! Und so oft er aus dieser h..lichen Bezauberung erwachte, so oft er sein Gesicht im Spiegel an der Schlafzimmerwand gealtert und h..licher geworden sah, so oft Scham und Ekel ihn ¨¹berfiel, floh er weiter, floh in neues Gl¨¹cksspiel, floh in Bet.ubungen der Wollust, des Weines, und von da zur¨¹ck in den Trieb des H.ufens und Erwerbens. In diesem sinnlosen Kreislauf lief er sich m¨¹de, lief er sich alt, lief sich krank. Da mahnte ihn einst ein Traum. Er war die Abendstunden bei Kamala gewesen, in ihrem sch.nen Lustgarten. Sie waren unter den B.umen gesessen, im Gespr.ch, und Kamala hatte nachdenkliche Worte gesagt, Worte, hinter welchen sich eine Trauer und M¨¹digkeit verbarg. Von Gotama hatte sie ihn gebeten zu erz.hlen, und konnte nicht genug von ihm h.ren, wie rein sein Auge, wie still und sch.n sein Mund, wie g¨¹tig sein L.cheln, wie friedevoll sein Gang gewesen. Lange hatte er ihr vom erhabenen Buddha erz.hlen m¨¹ssen, und Kamala hatte geseufzt, und hatte gesagt: "Jinst, vielleicht bald, werde auch ich diesem Buddha folgen. Ich werde ihm meinen Lustgarten schenken, und werde meine Zuflucht zu seiner Lehre nehmen." Darauf aber hatte sie ihn gereizt, und ihn im Liebesspiel mit schmerzlicher Inbrunst an sich gefesselt, unter Bissen und unter Tr.nen, als wolle sie noch einmal aus dieser eiteln, verg.nglichen Lust den letzten s¨¹.en Tropfen pressen. Nie war es Siddhartha so seltsam klar geworden, wie nahe die Wollust dem Tode verwandt ist. Dann war er an ihrer Seite gelegen, und Kamalas Antlitz war ihm nahe gewesen, und unter ihren Augen und neben ihren Mundwinkeln hatte er, deutlich wie noch niemals, eine bange Schrift gelesen, eine Schrift von feinen Linien, von leisen Furchen, eine Schrift, die an den Herbst und an das Alter erinnerte, wie denn auch Siddhartha selbst, der erst in den Vierzigen stand, schon hier und dort ergraute Haare zwischen seinen schwarzen bemerkt hatte. M¨¹digkeit stand auf Kamalas sch.nem Gesicht geschrieben, M¨¹digkeit vom Gehen eines langen Weges, der kein frohes Ziel hat, M¨¹digkeit und beginnende Welke, und verheimlichte, noch nicht gesagte, vielleicht noch nicht einmal gewu.te Bangigkeit: Furcht vor dem Alter, Furcht vor dem Herbste, Furcht vor dem Sterbenm¨¹ssen. Seufzend hatte er von ihr Abschied genommen, die Seele voll Unlust, und voll verheimlichter Bangigkeit. Dann hatte Siddhartha die Nacht in seinem Hause mit T.nzerinnen beim Weine zugebracht, hatte gegen seine Standesgenossen den ¨¹berlegenen gespielt, welcher er nicht mehr war, hatte viel Wein getrunken und sp.t nach Mitternacht sein Lager aufgesucht, m¨¹de und dennoch erregt, dem Weinen und der Verzweiflung nahe, und hatte lang vergeblich den Schlaf gesucht, das Herz voll eines Elendes, das er nicht mehr ertragen zu k.nnen meinte, voll eines Ekels, von dem er sich durchdrungen f¨¹hlte wie vom lauen, widerlichen Geschmack des Weines, der allzu s¨¹.en, .den Musik, dem allzu weichen L.cheln der T.nzerinnen, dem allzu s¨¹.en Duft ihrer Haare und Br¨¹ste. Mehr aber als vor allem anderen ekelte ihm vor sich selbst, vor seinen duftenden Haaren, vor dem Weingeruch seines Mundes, vor der schlaffen M¨¹digkeit und Unlust seiner Haut. Wie wenn einer, der allzuviel gegessen oder getrunken hat, es unter Qualen wieder erbricht und doch der Erleichterung froh ist, so w¨¹nschte sich der Schlaflose, in einem ungeheuren Schwall von Ekel sich dieser Gen¨¹sse, dieser Gewohnheiten, dieses ganzen sinnlosen Lebens und seiner selbst zu entledigen. Erst beim Schein des Morgens und dem Erwachen der ersten Gesch.ftigkeit auf der Stra.e vor seinem Stadthause war er eingeschlummert, hatte f¨¹r wenige Augenblicke eine halbe Bet.ubung, eine Ahnung von Schlaf gefunden. In diesen Augenblicken hatte er einen Traum: Kamala besa. in einem goldenen K.fig einen kleinen seltenen Singvogel. Von diesem Vogel tr.umte er. Er tr.umte: dieser Vogel war stumm geworden, der sonst stets in der Morgenstunde sang, und da dies ihm auffiel, trat er vor den K.fig und blickte hinein, da war der kleine Vogel tot und lag steif am Boden. Er nahm ihn heraus, wog ihn einen Augenblick in der Hand und warf ihn dann weg, auf die Gasse hinaus, und im The Legal Small Print gleichen Augenblick erschrak er furchtbar, und das Herz tat ihm weh, so, als habe er mit diesem toten Vogel allen Wert und alles Gute von sich geworfen. Aus diesem Traum auffahrend, f¨¹hlte er sich von tiefer Traurigkeit umfangen. Wertlos, so schien ihm, wertlos und sinnlos hatte er sein Leben dahingef¨¹hrt; nichts Lebendiges, nichts irgendwie K.stliches oder Behaltenswertes war ihm in H.nden geblieben. Allein stand er und leer, wie ein Schiffbr¨¹chiger am Ufer. Finster begab sich Siddhartha in einen Lustgarten, der ihm geh.rte, verschlo. die Pforte, setzte sich unter einem Mangobaum nieder, f¨¹hlte den Tod im Herzen und das Grauen in der Brust, sa. und sp¨¹rte, wie es in ihm starb, in ihm welkte, in ihm zu Ende ging. Allm.hlich sammelte er seine Gedanken, und ging im Geiste nochmals den ganzen Weg seines Lebens, von den ersten Tagen an, auf welche er sich besinnen konnte. Wann denn hatte er ein Gl¨¹ck erlebt, eine wahre Wonne gef¨¹hlt? O ja, mehrere Male hatte er solches erlebt. In den Knabenjahren hatte er es gekostet, wenn er von den Brahmanen Lob errungen hatte er es in seinem Herzen gef¨¹hlt: "Ein Weg liegt vor dem Hersagen der heiligen Verse, im Disput mit den Gelehrten, als Gehilfe beim Opfer ausgezeichnet hatte." Da hatte er es in seinem Herzen gef¨¹hlt: "Ein Weg liegt vor dir, zu dem du berufen bist, auf dich warten die G.tter." Und wieder als J¨¹ngling, da ihn das immer h.her emporfliehende Ziel alles Nachdenkens aus der Schar Gleichstrebender heraus- und hinangerissen hatte, da er in Schmerzen um den Sinn des Brahman rang, da jedes erreichte Wissen nur neuen Durst in ihm entfachte, da wieder hatte er, mitten im Durst, mitten im Schmerze dieses selbe gef¨¹hlt: "Weiter! Weiter! Du bist berufen!" Diese Stimme hatte er vernommen, als er seine Heimat verlassen und das Leben des Samana gew.hlt hatte, und wieder, als er von den Samanas hinweg zu jenem Vollendeten, und auch von ihm hinweg ins Ungewisse gegangen war. Wie lange hatte er diese Stimme nicht mehr geh.rt, wie lange keine H.he mehr erreicht, wie eben und .de war sein Weg dahingegangen, viele lange Jahre, ohne hohes Ziel, ohne Durst, ohne Erhebung, mit kleinen L¨¹sten zufrieden und dennoch nie begn¨¹gt! Alle diese Jahre hatte er, ohne es selbst zu wissen, sich bem¨¹ht und danach gesehnt, ein Mensch wie diese vielen zu werden, wie diese Kinder, und dabei war sein Leben viel elender und .rmer gewesen als das ihre, denn ihre Ziele waren nicht die seinen, noch ihre Sorgen, diese ganze Welt der Kamaswami-Menschen war ihm ja nur ein Spiel gewesen, ein Tanz, dem man zusieht, eine Kom.die. Einzig Kamala war ihm lieb, war ihm wertvoll gewesen--aber war sie es noch? Brauchte er sie noch, oder sie ihn? Spielten sie nicht ein Spiel ohne Ende? War es notwendig, daf¨¹r zu leben? Nein, es war nicht notwendig! Dieses Spiel hie. Sansara, ein Spiel f¨¹r Kinder, ein Spiel, vielleicht hold zu spielen, einmal, zweimal, zehnmal--aber immer und immer wieder? Da wu.te Siddhartha, da. das Spiel zu Ende war, da. er es nicht mehr spielen k.nne. Ein Schauder lief ihm ¨¹ber den Leib, in seinem Innern, so f¨¹hlte er, war etwas gestorben. Jenen ganzen Tag sa. er unter dem Mangobaume, seines Vaters gedenkend, Govindas gedenkend, Gotamas gedenkend. Hatte er diese verlassen m¨¹ssen, um ein Kamaswami zu werden? Er sa. noch, als die Nacht angebrochen war. Als er aufschauend die Sterne erblickte, dachte er: "Hier sitze ich unter meinem Mangobaume, in meinem Lustgarten." Er l.chelte ein wenig--war es denn notwendig, war es richtig, war es nicht ein t.richtes Spiel, da. er einen Mangobaum, da. er einen Garten besa.? Auch damit schlo. er ab, auch das starb in ihm. Er erhob sich, nahm Abschied vom Mangobaum, Abschied vom Lustgarten. Da er den Tag ohne Speise geblieben war, f¨¹hlte er heftigen Hunger, und gedachte an sein Haus in der Stadt, an sein Gemach und Bett, an den Tisch mit den Speisen. Er l.chelte m¨¹de, sch¨¹ttelte sich und nahm Abschied von diesen Dingen. In derselben Nachtstunde verlie. Siddhartha seinen Garten, verlie. die Stadt und kam niemals wieder. Lange lie. Kamaswami nach ihm suchen, der ihn in R.uberhand gefallen glaubte. Kamala lie. nicht nach ihm suchen. Als sie erfuhr, da. Siddhartha verschwunden sei, wunderte sie sich nicht. Hatte sie es nicht immer erwartet? War er nicht ein Samana, ein Heimloser, ein Pilger? Und am meisten hatte sie dies beim letzten Zusammensein gef¨¹hlt, und sie freute sich mitten im Schmerz des Verlustes, da. sie ihn dieses letzte Mal noch so innig an ihr Herz gezogen, sich noch einmal so ganz von ihm, besessen und durchdrungen gef¨¹hlt The Legal Small Print hatte. Als sie die erste Nachricht von Siddharthas Verschwinden bekam, trat sie ans Fenster, wo sie in einem goldenen K.fig einen seltenen Singvogel gefangen hielt. Sie .ffnete die T¨¹r des K.figs, nahm den Vogel heraus und lie. ihn fliegen. Lange sah sie ihm nach, dem fliegenden Vogel. Sie empfing von diesem Tage an keine Besucher mehr, und hielt ihr Haus verschlossen. Nach einiger Zeit aber ward sie inne, da. sie von dem letzten Zusammensein mit Siddhartha schwanger sei. AM FLUSSE Siddhartha wanderte im Walde, schon fern von der Stadt, und wu.te nichts als das eine, da. er nicht mehr zur¨¹ck konnte, da. dies Leben, wie er es nun viele Jahre lang gef¨¹hrt, vor¨¹ber und dahin und bis zum Ekel ausgekostet und ausgesogen war. Tot war der Singvogel, von dem er getr.umt. Tot war der Vogel in seinem Herzen. Tief war er in Sansara verstrickt, Ekel und Tod hatte er von allen Seiten in sich eingesogen, wie ein Schwamm Wasser einsaugt, bis er voll ist. Voll war er von ¨¹berdru., voll von Elend, voll von Tod, nichts mehr gab es in der Welt, das ihn locken, das ihn freuen, das ihn tr.sten konnte. Sehnlich w¨¹nschte er, nichts mehr von sich zu wissen, Ruhe zu haben, tot zu sein. K.me doch ein Blitz und erschl¨¹ge ihn! K.me doch ein Tiger und fr..e ihn! G.be es doch einen Wein, ein Gift, das ihm Bet.ubung br.chte, Vergessen und Schlaf, und kein Erwachen mehr! Gab es denn noch irgendeinen Schmutz, mit dem er sich nicht beschmutzt hatte, eine S¨¹nde und Torheit, die er nicht begangen, eine Seelen.de, die er nicht auf sich geladen hatte? War es denn noch m.glich, zu leben? War es m.glich, nochmals und nochmals wieder Atem zu ziehen, Atem auszusto.en, Hunger zu f¨¹hlen, wieder zu essen, wieder zu schlafen, wieder beim Weibe zu liegen? War dieser Kreislauf nicht f¨¹r ihn ersch.pft und abgeschlossen? Siddhartha gelangte an den gro.en Flu. im Walde, an denselben Flu., ¨¹ber welchen ihn einst, als er noch ein junger Mann war und von der Stadt des Gotama kam, ein F.hrmann gef¨¹hrt hatte. An diesem Flusse machte er Halt, blieb z.gernd beim Ufer stehen. M¨¹digkeit und Hunger hatten ihn geschw.cht, und wozu auch sollte er weitergehen, wohin denn, zu welchem Ziel? Nein, es gab keine Ziele mehr, es gab nichts mehr als die tiefe, leidvolle Sehnsucht, diesen ganzen w¨¹sten Traum von sich zu sch¨¹tteln, diesen schalen Wein von sich zu speien, diesem j.mmerlichen und schmachvollen Leben ein Ende zu machen. ¨¹ber das Flu.ufer hing ein Baum gebeugt, ein Kokosbaum, an dessen Stamm lehnte sich Siddhartha mit der Schulter, legte den Arm um den Stamm und blickte in das gr¨¹ne Wasser hinab, das unter ihm zog und zog, blickte hinab und fand sich ganz und gar von dem Wunsche erf¨¹llt, sich loszulassen und in diesem Wasser unterzugehen. Eine schauerliche Leere spiegelte ihm aus dem Wasser entgegen, welcher die furchtbare Leere in seiner Seele Antwort gab. Ja, er war am Ende. Nichts mehr gab es f¨¹r ihn, als sich auszul.schen, als das mi.lungene Gebilde seines Lebens zu zerschlagen, es wegzuwerfen, hohnlachenden G.ttern vor die F¨¹.e. Dies war das gro.e Erbrechen, nach dem er sich gesehnt hatte: der Tod, das Zerschlagen der Form, die er ha.te! Mochten ihn die Fische fressen, diesen Hund von Siddhartha, diesen Irrsinnigen, diesen verdorbenen und verfaulten Leib, diese erschlaffte und mi.brauchte Seelel Mochten die Fische und Krokodile ihn fressen, mochten die D.monen ihn zerst¨¹cken! Mit verzerrtem Gesichte starrte er ins Wasser, sah sein Gesicht gespiegelt und spie danach. In tiefer M¨¹digkeit l.ste er den Arm vom Baumstamme und drehte sich ein wenig, um sich senkrecht hinabfallen zu lassen, um endlich unterzugehen. Er sank, mit geschlossenen Augen, dem Tod entgegen. Da zuckte aus entlegenen Bezirken seiner Seele, aus Vergangenheiten seines erm¨¹deten Lebens her ein Klang. Es war ein Wort, eine Silbe, die er ohne Gedanken mit lallender Stimme vor sich hinsprach, das alte Anfangswort und Schlu.wort aller brahmanischen Gebete, das heilige "OM", das so viel bedeutet wie "das Vollkommene" oder "die Vollendung". Und im Augenblick, da der Klang "Om" Siddharthas Ohr ber¨¹hrte, erwachte sein entschlummerter Geist pl.tzlich, und erkannte die Torheit seines Tuns. The Legal Small Print Siddhartha erschrak tief. So also stand es um ihn, so verloren war er, so verirrt und von allem Wissen verlassen, da. er den Tod hatte suchen k.nnen, da. dieser Wunsch, dieser Kinderwunsch in ihm hatte gro. werden k.nnen: Ruhe zu finden, indem er seinen Leib ausl.schte! Was alle Qual dieser letzten Zeiten, alle Ern¨¹chterung, alle Verzweiflung nicht bewirkt hatte, das bewirkte dieser Augenblick, da das Om in sein Bewu.tsein drang: da. er sich in seinem Elend und in seiner Irrsal erkannte. Om! sprach er vor sich hin: Om! Und wu.te um Brahman, wu.te um die Unzerst.rbarkeit des Lebens, wu.te um alles G.ttliche wieder, das er vergessen hatte. Doch war dies nur ein Augenblick, ein Blitz. Am Fu. des Kokosbaumes sank Siddhartha nieder, von der Erm¨¹dung--hingestreckt, Om murmelnd, legte sein Haupt auf die Wurzel des Baumes und sank in tiefen Schlaf. Tief war sein Schlaf und frei von Tr.umen, seit langer Zeit hatte er einen solchen Schlaf nicht mehr gekannt. Als er nach manchen Stunden erwachte, war ihm, als seien zehn Jahre vergangen, er h.rte das leise Str.men des Wassers, wu.te nicht, wo er sei und wer ihn hierher gebracht habe, schlug die Augen auf, sah mit Verwunderung B.ume und Himmel ¨¹ber sich, und erinnerte sich, wo er w.re und wie er hierher gekommen sei. Doch bedurfte er hierzu einer langen Weile, und das Vergangene erschien ihm wie von einem Schleier ¨¹berzogen, unendlich fern, unendlich weit weg gelegen, unendlich gleichg¨¹ltig. Er wu.te nur, da. er sein fr¨¹heres Leben (im ersten Augenblick der Besinnung erschien ihm dies fr¨¹here Leben wie eine weit zur¨¹ckliegende, einstige Verk.rperung, wie eine fr¨¹he Vorgeburt seines jetzigen Ich)--da. er sein fr¨¹heres Leben verlassen habe, da. er voll Ekel und Elend sogar sein Leben habe wegwerfen wollen, da. er aber an einem Flusse, unter einem Kokosbaume, zu sich gekommen sei, das heilige Wort Om auf den Lippen, dann entschlummert sei, und nun erwacht als ein neuer Mensch in die Welt blicke. Leise sprach er das Wort Om vor sich hin, ¨¹ber welchem er eingeschlafen war, und ihm schien sein ganzer langer Schlaf sei nichts als ein langes, versunkenes Om-Sprechen gewesen, ein Om-Denken, ein Untertauchen und v.lliges Eingehen in Om, in das Namenlose, Vollendete. Was f¨¹r ein wunderbarer Schlaf war dies doch gewesen! Niemals hatte ein Schlaf ihn so erfrischt, so erneut, so verj¨¹ngt! Vielleicht war er wirklich gestorben, war untergegangen und in einer neuen Gestalt wiedergeboren? Aber nein, er kannte sich, er kannte seine Hand und seine F¨¹.e, kannte den Ort, an dem er lag, kannte dies Ich in seiner Brust, diesen Siddhartha, den Eigenwilligen, den Seltsamen, aber dieser Siddhartha war dennoch verwandelt, war erneut, war merkw¨¹rdig ausgeschlafen, merkw¨¹rdig wach, freudig und neugierig. Siddhartha richtete sich empor, da sah er sich gegen¨¹ber einen Menschen sitzen, einen fremden Mann, einen M.nch in gelbem Gewande mit rasiertem Kopfe, in der Stellung des Nachdenkens. Er betrachtete den Mann, der weder Haupthaar noch Bart an sich hatte, und nicht lange hatte er ihn betrachtet, da erkannte er in diesem M.nche Govinda, den Freund seiner Jugend, Govinda, der seine Zuflucht zum erhabenen Buddha genommen hatte. Govinda war gealtert, auch er, aber noch immer trug sein Gesicht die alten Z¨¹ge, sprach von Eifer, von Treue, von Suchen, von .ngstlichkeit. Als nun aber Govinda, seinen Blick f¨¹hlend, das Auge aufschlug und ihn anschaute, sah Siddhartha, da. Govinda ihn nicht erkenne. Govinda freute sich, ihn wach zu finden, offenbar hatte er lange hier gesessen und auf sein Erwachen gewartet, obwohl er ihn nicht kannte. "Ich habe geschlafen," sagte Siddhartha. "Wie bi.t denn du hierher gekommen?" "Du hast geschlafen," antwortete Govinda. "Es ist nicht gut, an solchen Orten zu schlafen, wo h.ufig Schlangen sind und die Tiere des Waldes ihre Wege haben. Ich, o Herr, bin ein J¨¹nger des erhabenen Gotama, des Buddha, des Sakyamuni, und bin mit einer Zahl der Unsrigen diesen Weg gepilgert, da sah ich dich liegen und schlafen an einem Orte, wo es gef.hrlich ist zu schlafen. Darum suchte ich dich zu wecken, o Herr, und da ich sah, da. dein Schlaf sehr tief war, blieb ich hinter den Meinigen zur¨¹ck und sa. bei dir. Und dann, so scheint es, bin ich selbst eingeschlafen, der ich deinen Schlaf bewachen wollte. Schlecht habe ich meinen The Legal Small Print Dienst versehen, M¨¹digkeit hat mich ¨¹bermannt. Aber nun, da du ja wach bist, la. mich gehen, damit ich meine Br¨¹der einhole." "Ich danke dir, Samana, da. du meinen Schlaf beh¨¹tet hast," sprach Siddhartha. "Freundlich seid Ihr J¨¹nger des Erhabenen. Nun magst du denn gehen." "Ich gehe, Herr. M.ge der Herr sich immer wohl befinden." "Ich danke dir, Samana." Govinda machte das Zeichen des Gru.es und sagte: "Lebe wohl." "Lebe wohl, Govinda," sagte Siddhartha. Der M.nch blieb stehen. "Erlaube, Herr, woher kennst du meinen Namen?" Da l.chelte Siddhartha. "Ich kenne dich, o Govinda, aus der H¨¹tte deines Vaters, und aus der Brahmanenschule, und von den Opfern, und von unsrem Gang zu den Samanas, und von jener Stunde, da du im Hain Jetavdna deine Zuflucht zum Erhabenen nahmest." "Du bist Siddhartha!" rief Govinda laut. Jetzt erkenne ich dich, und begreife nicht mehr, wie ich dich nicht sogleich erkennen konnte. Sei willkommen, Siddhartha, gro. ist meine Freude, dich wiederzusehen." "Auch mich erfreut es, dich wiederzusehen. Du bist der W.chter meines Schlafes gewesen, nochmals danke ich dir daf¨¹r, obwohl ich keines W.chters bedurft h.tte. Wohin gehst du, o Freund?" "Nirgendshin gehe ich. Immer sind wir M.nche unterwegs, solange nicht Regenzeit ist, immer ziehen wir von Ort zu Ort, leben nach der Regel, verk¨¹ndigen die Lehre, nehmen Almosen, ziehen weiter. Immer ist es so. Du aber, Siddhartha, wo gehst du hin?" Sprach Siddhartha: "Auch mit mir steht es so, Freund, wie mit dir. Ich gehe nirgendhin. Ich bin nur unterwegs. Ich pilgere." Govinda sprach: "Du sagst: du pilgerst, und ich glaube dir. Doch verzeih, o Siddhartha, nicht wie ein Pilger siehst du aus. Du tr.gst das Kleid eines Reichen, du tr.gst die Schuhe eines Vornehmen, und dein Haar, das nach wohlriechendem Wasser duftet, ist nicht das Haar eines Pilgers, nicht das Haar eines Samanas." "Wohl, Lieber, gut hast du beobachtet, alles sieht dein scharfes Auge. Doch habe ich nicht zu dir gesagt, da. ich ein Samana sei. Ich sagte: ich pilgere. Und so ist es: ich pilgere." "Du pilgerst," sagte Govinda. "Aber wenige pilgern in solchem Kleide, wenige in solchen Schuhen, wenige mit solchen Haaren. Nie habe ich, der ich schon viele Jahre pilgere, solch einen Pilger angetroffen." "Ich glaube es dir, mein Govinda. Aber nun, heute, hast du eben einen solchen Pilger angetroffen, in solchen Schuhen, mit solchem Gewande. Erinnere dich, Lieber: Verg.nglich ist die Welt der Gestaltungen, verg.nglich, h.chst verg.nglich sind unsere Gew.nder, und die Tracht unserer Haare, und unsere Haare und K.rper selbst. Ich trage die Kleider eines Reichen, da hast du recht gesehen. Ich trage sie, denn ich bin ein Reicher gewesen, und trage das Haar wie die Weltleute und L¨¹stlinge, denn einer von ihnen bin ich gewesen." The Legal Small Print "Und jetzt, Siddhartha, was bist du jetzt?" "Ich wei. es nicht, ich wei. es so wenig wie du. Ich bin unterwegs. Ich war ein Reicher, und bin es nicht mehr; und was ich morgen sein werde, wei. ich nicht." "Du hast deinen Reichtum verloren?" "Ich habe ihn verloren, oder er mich. Er ist mir abhanden gekommen. Schnell dreht sich das Rad der Gestaltungen, Govinda. Wo ist der Brahmane Siddhartha? Wo ist der Samana Siddhartha? Wo ist der Reiche Siddhartha? Schnell wechselt das Verg.ngliche, Govinda, du wei.t es." Govinda blickte den Freund seiner Jugend lange an, Zweifel im Auge. Darauf gr¨¹.te er ihn, wie man Vornehme gr¨¹.t, und ging seines Weges. Mit l.chelndem Gesicht schaute Siddhartha ihm nach, er liebte ihn noch immer, diesen Treuen, diesen .ngstlichen. Und wie h.tte er, in diesem Augenblick, in dieser herrlichen Stunde nach seinem wunderbaren Schlafe, durchdrungen von Om, irgend jemand und irgend etwas nicht lieben sollen! Eben darin bestand die Verzauberung, welche im Schlafe und durch das Om in ihm geschehen war, da. er alles liebte, da. er voll froher Liebe war zu allem, was er sah. Und eben daran, so schien es ihm jetzt, war er vorher so sehr krank gewesen, da. er nichts und niemand hatte lieben k.nnen. Mit l.chelndem Gesichte schaute Siddhartha dem hinweggehenden M.nche nach. Der Schlaf hatte ihn sehr gest.rkt, sehr aber qu.lte ihn der Hunger, denn er hatte nun zwei Tage nichts gegessen, und lange war die Zeit vor¨¹ber, da er hart gegen den Hunger gewesen war. Mit Kummer, und doch auch mit Lachen, gedachte er jener Zeit. Damals, so erinnerte er sich, hatte er sich vor Kamala dreier Dinge ger¨¹hmt, hatte drei edle und un¨¹berwindliche K¨¹nste gekonnt: Fasten--Warten--Denken. Dies war sein Besitz gewesen, seine Macht und Kraft, sein fester Stab, in den flei.igen, m¨¹hseligen Jahren seiner Jugend hatte er diese drei K¨¹nste gelernt, nichts anderes. Und nun hatten sie ihn verlassen, keine von ihnen war mehr sein, nicht Fasten, nicht Warten, nicht Denken. Um das Elendeste hatte er sie hingegeben, um das Verg.nglichste, um Sinnenlust, um Wohlleben, um Reichtum! Seltsam war es ihm in der Tat ergangen. Und jetzt, so schien es, jetzt war er wirklich ein Kindermensch geworden. Siddhartha dachte ¨¹ber seine Lage nach. Schwer fiel ihm das Denken, er hatte im Grunde keine Lust dazu, doch zwang er sich. Nun, dachte er, da alle diese verg.nglichsten Dinge mir wieder entglitten sind, nun stehe ich wieder unter der Sonne, wie ich einst als kleines Kind gestanden bin, nichts ist mein, nichts kann ich, nichts vermag ich, nichts habe ich gelernt. Wie ist dies wunderlich! Jetzt, wo ich nicht mehr jung bin, wo meine Haare schon halb grau sind, wo die Kr.fte nachlassen, jetzt fange ich wieder von vorn und beim Kinde an! Wieder mu.te er l.cheln. Ja, seltsam war sein Geschick! Es ging abw.rts mit ihm, und nun stand er wieder leer und nackt und dumm in der Welt. Aber Kummer dar¨¹ber konnte er nicht empfinden, nein, er f¨¹hlte sogar gro.en Anreiz zum Lachen, zum Lachen ¨¹ber sich, zum Lachen ¨¹ber diese seltsame, t.richte Welt. "Abw.rts geht es mit dir!" sagte er zu sich selber, und lachte dazu, und wie er es sagte, fiel sein Blick auf den Flu., und auch den Flu. sah er abw.rts gehen, immer abw.rts wandern, und dabei singen und fr.hlich sein. Das gefiel ihm wohl, freundlich l.chelte er dem Flusse zu. War dies nicht der Flu., in welchem er sich hatte ertr.nken wollen, einst, vor hundert Jahren, oder hatte er das getr.umt? Wunderlich in der Tat war mein Leben, so dachte er, wunderliche Umwege hat es genommen. Als Knabe habe ich nur mit G.ttern und Opfern zu tun gehabt. Als J¨¹ngling habe ich nur mit Askese, mit Denken und Versenkung zu tun gehabt, war auf der Suche nach Brahman, verehrte das Ewige im Atman. Als junger Mann aber zog ich den B¨¹.ern nach, lebte im Walde, litt Hitze und Frost, lernte hungern, lehrte meinen Leib The Legal Small Print absterben. Wunderbar kam mir alsdann in der Lehre des gro.en Buddha Erkenntnis entgegen, ich f¨¹hlte Wissen um die Einheit der Welt in mir kreisen wie mein eigenes Blut. Aber auch von Buddha und von dem gro.en Wissen mu.te ich wieder fort. Ich ging und lernte bei Kamala die Liebeslust, lernte bei Kamaswami den Handel, h.ufte Geld, vertat Geld, lernte meinen Magen lieben, lernte meinen Sinnen schmeicheln. Viele Jahre mu.te ich damit hinbringen, den Geist zu verlieren, das Denken wieder zu verlernen, die Einheit zu vergessen. Ist es nicht so, als sei ich langsam und auf gro.en Umwegen aus einem Mann ein Kind geworden, aus einem Denker ein Kindermensch? Und doch ist dieser Weg sehr, gut gewesen, und doch ist der Vogel in meiner Brust nicht gestorben. Aber welch ein Weg war das! Ich habe durch so viel Dummheit, durch so viel Laster, durch so viel Irrtum, durch so viel Ekel und Entt.uschung und Jammer hindurchgehen m¨¹ssen, blo. um wieder ein Kind zu werden und neu anfangen zu k.nnen. Aber es war richtig so, mein Herz sagt Ja dazu, meine Augen lachen dazu. Ich habe Verzweiflung erleben m¨¹ssen, ich habe hinabsinken m¨¹ssen bis zum t.richtesten aller Gedanken, zum Gedanken des Selbstmordes, um Gnade erleben zu k.nnen, um wieder Om zu vernehmen, um wieder richtig schlafen und richtig erwachen zu k.nnen. Ich habe ein Tor werden m¨¹ssen, um Atman wieder in mir zu finden. Ich habe s¨¹ndigen m¨¹ssen, um wieder leben zu k.nnen. Wohin noch mag mein Weg mich f¨¹hren? N.rrisch ist er, dieser Weg, er geht in Schleifen, er geht vielleicht im Kreise. Mag er gehen, wie er will, ich will ihn gehen. Wunderbar f¨¹hlte er in seiner Brust die Freude wallen. Woher denn, fragte er sein Herz, woher hast du diese Fr.hlichkeit? Kommt sie wohl aus diesem langen, guten Schlafe her, der mir so sehr wohlgetan hat? Oder von dem Worte Om, das ich aussprach? Oder davon, da. ich entronnen bin, da. meine Flucht vollzogen ist, da. ich endlich wieder frei bin und wie ein Kind unter dem Himmel stehe? O wie gut ist dies Geflohensein, dies Freigewordensein! Wie rein und sch.n ist hier die Luft, wie gut zu atmen! Dort, von wo ich entlief, dort roch alles nach Salbe, nach Gew¨¹rzen, nach Wein, nach ¨¹berflu., nach Tr.gheit. Wie ha.te ich diese Welt der Reichen, der Schlemmer, der Spieler! Wie habe ich mich selbst geha.t, da. ich so lang in dieser schrecklichen Welt geblieben bin! Wie habe ich mich geha.t, habe mich beraubt, vergiftet, gepeinigt, habe mich alt und b.se gemacht! Nein, nie mehr werde ich, wie ich es einst so gerne tat, mir einbilden, da. Siddhartha weise sei! Dies aber habe ich gut gemacht, dies gef.llt mir, dies mu. ich loben, da. es nun ein Ende hat mit jenem Ha. gegen mich selber, mit jenem t.richten und .den Leben! Ich lobe dich, Siddharta, nach soviel Jahren der Torheit hast du wieder einmal einen Einfall gehabt, hast etwas getan, hast den Vogel in deiner Brust singen h.ren und bist ihm gefolgt! So lobte er sich, hatte Freude an sich, h.rte neugierig seinem Magen zu, der vor Hunger knurrte. Ein St¨¹ck Leid, ein St¨¹ck Elend hatte er nun, so f¨¹hlte er, in diesen letzten Zeiten und Tagen ganz und gar durchgekostet und ausgespien, bis zur Verzweiflung und bis zum Tode ausgefressen. So war es gut. Lange noch h.tte er bei Kamaswami bleiben k.nnen, Geld erwerben, Geld vergeuden, seinen Bauch m.sten und seine Seele verdursten lassen, lange noch h.tte er in dieser sanften, wohlgepolsterten H.lle wohnen k.nnen, w.re dies nicht gekommen: der Augenblick der vollkommenen Trostlosigkeit und Verzweiflung, jener .u.erste Augenblick, da er ¨¹ber dem str.menden Wasser hing und bereit war, sich zu vernichten. Da. er diese Verzweiflung, diesen tiefsten Ekel gef¨¹hlt hatte, und da. er ihm nicht erlegen war, da. der Vogel, die frohe Quelle und Stimme in ihm doch noch lebendig war, dar¨¹ber f¨¹hlte er diese Freude, dar¨¹ber lachte er, dar¨¹ber strahlte sein Gesicht unter den ergrauten Haaren. "Es ist gut," dachte er, "alles selber zu kosten, was man zu wissen n.tig hat. Da. Weltlust und Reichtum nicht vom Guten sind, habe ich schon als Kind gelernt. Gewu.t habe ich es lange, erlebt habe ich es erst jetzt. Und nun wei. ich es, wei. es nicht nur mit dem Ged.chtnis, sondern mit meinen Augen, mit meinem Herzen, mit meinem Magen. Wohl mir, da. ich es wei.!" Lange sann er nach ¨¹ber seine Verwandlung, lauschte dem Vogel, wie er vor Freude sang. War nicht dieser Vogel in ihm gestorben, hatte er nicht seinen Tod gef¨¹hlt? Nein, etwas anderes in ihm war gestorben, etwas, das schon, lange sich nach Sterben gesehnt hatte. War es nicht das, was er einst in seinen gl¨¹henden B¨¹.erjahren hatte abt.ten wollen? War es nicht sein Ich, sein kleines, banges und stolzes Ich, mit dem er so The Legal Small Print viele Jahre gek.mpft hatte, das ihn immer wieder besiegt hatte, das nach jeder Abt.tung wieder da war, Freude verbot, Furcht empfand? War es nicht dies, was heute endlich seinen Tod gefunden hatte, hier im Walde an diesem lieblichen Flusse? War es nicht dieses Todes wegen, da. er jetzt wie ein Kind war, so voll Vertrauen, so ohne Furcht, so voll Freude? Nun auch ahnte Siddhartha, warum er als Brahmane, als B¨¹.er vergeblich mit diesem Ich gek.mpft hatte. Zu viel Wissen hatte ihn gehindert, zu viel heilige Verse, zu viel Opferregeln, zu viel Kasteiung, zu viel Tun und Streben! Voll Hochmut war er gewesen, immer der Kl¨¹gste, immer der Eifrigste, immer allen um einen Schritt voran, immer der Wissende und Geistige, immer der Priester oder Weise. In dies Priestertum, in diesen Hochmut, in diese Geistigkeit hinein hatte sein Ich sich verkrochen, dort sa. es fest und wuchs, w.hrend er es mit Fasten und Bu.e zu t.ten meinte. Nun sah er es, und sah, da. die heimliche Stimme Recht gehabt hatte, da. kein Lehrer ihn je h.tte erl.sen k.nnen. Darum hatte er in die Welt gehen m¨¹ssen, sich an Lust und Macht, an Weib und Geld verlieren m¨¹ssen, hatte ein H.ndler, ein W¨¹rfelspieler, Trinker und Habgieriger werden m¨¹ssen, bis der Priester und Samana in ihm tot war. Darum hatte er weiter diese h..lichen Jahre ertragen m¨¹ssen, den Ekel ertragen, die Leere, die Sinnlosigkeit eines .den und verlorenen Lebens, bis zum Ende, bis zur bittern Verzweiflung, bis auch der L¨¹stling Siddhartha, der Habgierige Siddhartha sterben konnte. Er war gestorben, ein neuer Siddhartha war aus dem Schlaf erwacht. Auch er w¨¹rde alt werden, auch er w¨¹rde einst sterben m¨¹ssen, verg.nglich war Siddhartha, verg.nglich war jede Gestaltung. Heute aber war er jung, war ein Kind, der neue Siddhartha, und war voll Freude. Diese Gedanken dachte er, lauschte l.chelnd auf seinen Magen, h.rte dankbar einer summenden Biene zu. Heiter blickte er in den str.menden Flu., nie hatte ihm ein Wasser so wohl gefallen wie dieses, nie hatte er Stimme und Gleichnis des ziehenden Wassers so stark und sch.n vernommen. Ihm schien, es habe der Flu. ihm etwas Besonderes zu sagen, etwas, das er noch nicht wisse, das noch auf ihn warte. In diesem Flu. hatte sich Siddhartha ertr.nken wollen, in ihm war der alte, m¨¹de, verzweifelte Siddhartha heute ertrunken. Der neue Siddhartha aber f¨¹hlte eine tiefe Liebe zu diesem str.menden Wasser, und beschlo. bei sich, es nicht so bald wieder zu verlassen. DER F.HRMANN An diesem Flu. will ich bleiben, dachte Siddhartha, es ist der selbe, ¨¹ber den ich einstmals auf dem Wege zu den Kindermenschen gekommen bin, ein freundlicher F.hrmann hat mich damals gef¨¹hrt, zu ihm will ich gehen, von seiner H¨¹tte aus f¨¹hrte mich einst mein Wegin ein neues Leben, das nun alt geworden und tot ist--m.ge auch mein jetziger Weg, mein jetziges neues Leben dort seinen Ausgang nehmen! Z.rtlich blickte er in das str.mende Wasser, in das durchsichtige Gr¨¹n, in die kristallenen Linien seiner geheimnisreichen Zeichnung. Lichte Perlen sah er aus der Tiefe steigen, stille Luftblasen auf dem Spiegel schwimmen, Himmelsbl.ue darin abgebildet. Mit tausend Augen blickte der Flu. ihn an, mit gr¨¹nen, mit wei.en, mit kristallnen, mit himmelblauen. Wie liebte er dies Wasser, wie entz¨¹ckte es ihn, wie war er ihm dankbar! Im Herzen h.rte er die Stimme sprechen, die neu erwachte, und sie sagte ihm: Liebe dies Wasser! Bleibe bei ihm! Lerne von ihm! O ja, er wollte von ihm lernen, er wollte ihm zuh.ren. Wer dies Wasser und seine Geheimnisse verst¨¹nde, so schien ihm, der w¨¹rde auch viel anderes verstehen, viele Geheimnisse, alle Geheimnisse. Von den Geheimnissen des Flusses aber sah er heute nur eines, das ergriff seine Seele. Er sah: dies Wasser lief und lief, immerzu lief es, und war doch immer da, war immer und allezeit dasselbe und doch jeden Augenblick neu! O wer dies fa.te, dies verst¨¹nde! Er verstand und fa.te es nicht, f¨¹hlte nur Ahnung sich regen, ferne Erinnerung, g.ttliche Stimmen. Siddhartha erhob sich, unertr.glich wurde das Treiben des Hungers in seinem Leibe. Hingenommen wanderte er weiter, den Uferpfad hinan, dem Strom entgegen, lauschte auf die Str.mung, lauschte auf den knurrenden Hunger in seinem Leibe. The Legal Small Print Als er die F.hre erreichte, lag eben das Boot bereit, und derselbe F.hrmann, welcher einst den jungen Samana ¨¹ber den Flu. gesetzt hatte, stand im Boot, Siddhartha erkannte ihn wieder, auch er war stark gealtert. "Willst du mich ¨¹bersetzen?" fragte er. Der F.hrmann, erstaunt, einen so vornehmen Mann allein und zu Fu.e wandern zu sehen, nahm ihn ins Boot und stie. ab. "Ein sch.nes Leben hast du dir erw.hlt," sprach der Gast. "Sch.n mu. es sein, jeden Tag an diesem Wasser zu leben und auf ihm zu fahren." L.chelnd wiegte sich der Ruderer: "Es ist sch.n, Herr, es ist, wie du sagst. Aber ist nicht jedes Leben, ist nicht jede Arbeit sch.n?" "Es mag wohl sein. Dich aber beneide ich um die Deine." "Ach, du m.chtest bald die Lust an ihr verlieren. Das ist nichts f¨¹r Leute in feinen Kleidern." Siddhartha lachte. "Schon einmal bin ich heute um meiner Kleider willen betrachtet worden, mit Mi.trauen betrachtet. Willst du nicht, F.hrmann, diese Kleider, die mir l.stig sind, von mir annehmen? Denn du mu.t wissen, ich habe kein Geld, dir einen F.hrlohn zu zahlen." "Der Herr scherzt," lachte der F.hrmann. "Ich scherze nicht, Freund. Sieh, schon einmal hast du mich in deinem Boot ¨¹ber dies Wasser gefahren, um Gotteslohn. So tue es auch heute, und nimm meine Kleider daf¨¹r an." "Und will der Herr ohne Kleider weiterreisen?" "Ach, am liebsten wollte ich gar nicht weiterreisen. Am liebsten w.re es mir, F.hrmann, wenn du mir eine alte Sch¨¹rze g.best und behieltest mich als deinen Gehilfen bei dir, vielmehr als deinen Lehrling, denn erst mu. ich lernen, mit dem Boot umzugehen." Lange blickte der F.hrmann den Fremden an, suchend. "Jetzt erkenne ich dich," sagte er endlich. "Einst hast du in meiner H¨¹tte geschlafen, lange ist es her, wohl mehr als zwanzig Jahre mag das her sein, und bist von mir ¨¹ber den Flu. gebracht worden, und wir nahmen Abschied voneinander wie gute Freunde. Warst du nicht ein Samana? Deines Namens kann ich mich nicht mehr entsinnen." "Ich hei.e Siddhartha, und ich war ein Samana, als du mich zuletzt gesehen hast." "So sei willkommen, Siddhartha. Ich hei.e Vasudeva. Du wirst, so hoffe ich, auch heute mein Gast sein und in meiner H¨¹tte schlafen, und mir erz.hlen, woher du kommst, und warum deine sch.nen Kleider dir so l.stig sind." Sie waren in die Mitte des Flusses gelangt, und Vasudeva legte sich st.rker ins Ruder. um gegen die Str.mung anzukommen. Ruhig arbeitete er, den Blick auf der Bootspitze, mit kr.ftigen Armen. Siddhartha sa. und und sah ihm zu, und erinnerte sich, wie schon einstmals, an jenem letzten Tage seiner Samana-Zeit, Liebe zu diesem Manne sich in seinem Herzen geregt hatte. Dankbar nahm er Vasudevas Einladung an. Als sie am Ufer anlegten, half er ihm das Boot an den Pfl.cken festbinden, darauf bat ihn der F.hrmann, in die H¨¹tte zu treten, bot ihm Brot und Wasser, und Siddhartha a. mit Lust, und a. mit Lust auch von den The Legal Small Print Mangofr¨¹chten, die ihm Vasudeva anbot. Danach setzten sie sich, es ging gegen Sonnenuntergang, auf einem Baumstamm am Ufer, und Siddhartha erz.hlte dem F.hrmann seine Herkunft und sein Leben, wie er es heute, in jener Stunde der Verzweiflung, vor seinen Augen gesehen hatte. Bis tief in die Nacht w.hrte sein Erz.hlen. Vasudeva h.rte mit gro.er Aufmerksamkeit zu. Alles nahm er lauschend in sich auf, Herkunft und Kindheit, all das Lernen, all das Suchen, alle Freude, alle Not. Dies war unter des F.hrmanns Tugenden eine der gr..ten: er verstand wie wenige das Zuh.ren. Ohne da. er ein Wort gesprochen h.tte, empfand der Sprechende, wie Vasudeva seine Worte in sich einlie., still, offen, wartend, wie er keines verlor, keines mit Ungeduld erwartete, nicht Lob noch Tadel daneben stellte, nur zuh.rte. Siddhartha empfand, welches Gl¨¹ck es ist, einem solchen Zuh.rer sich zu bekennen, in sein Herz das eigene Leben zu versenken, das eigene Suchen, das eigene Leiden. Gegen das Ende von Siddharthas Erz.hlung aber, als er von dem Baum am Flusse sprach, und von seinem tiefen Fall, vom heiligen Om, und wie er nach seinem Schlummer eine solche Liebe zu dem Flusse gef¨¹hlt hatte, da lauschte der F.hrmann mit verdoppelter Aufmerksamkeit, ganz und v.llig hingegeben, mit geschlo.nem Auge. Als aber Siddhartha schwieg, und eine lange Stille gewesen war, da sagte Vasudeva: "Es ist so, wie ich dachte. Der Flu. hat zu dir gesprochen. Auch dir ist er Freund, auch zu dir spricht er. Das ist gut, das ist sehr gut. Bleibe bei mir, Siddhartha, mein Freund. Ich hatte einst eine Frau, ihr Lager war neben dem meinen, doch ist sie schon lange gestorben, lange habe ich allein gelebt. Lebe nun du mit mir, es ist Raum und Essen f¨¹r beide vorhanden." "Ich danke dir," sagte Siddhartha, "ich danke dir und nehme an. Und auch daf¨¹r danke ich dir, Vasudeva, da. du mir so gut zugeh.rt hast! Selten sind die Menschen, welche das Zuh.ren verstehen. Und keinen traf ich, der es verstand wie du. Auch hierin werde ich von dir lernen." "Du wirst es lernen," sprach Vasudeva, "aber nicht von mir. Das Zuh.ren hat mich der Flu. gelehrt, von ihm wirst auch du es lernen. Er wei. alles, der Flu., alles kann man von ihm lernen. Sieh, auch das hast du, schon vom Wasser gelernt, da. es gut ist, nach unten zu streben, zu sinken, die Tiefe zu suchen. Der reiche und vornehme Siddhartha wird ein Ruderknecht, der gelehrte Brahmane Siddhartha wird ein F.hrmann: auch dies ist dir vom Flu. gesagt worden. Du wirst auch das andere von ihm lernen." Sprach Siddhartha, nach einer langen Pause: "Welches andere, Vasudeva?" Vasudeva erhob sich. "Sp.t ist es geworden," sagte er, "la. uns schlafen gehen. Ich kann dir das andere nicht sagen, o Freund. Du wirst es lernen, vielleicht auch wei.t du es schon. Sieh, ich bin kein Gelehrter, ich verstehe nicht zu sprechen, ich verstehe auch nicht zu denken. Ich verstehe nur zuzuh.ren und fromm zu sein, sonst habe ich nichts gelernt. K.nnte ich es sagen und lehren, so w.re ich vielleicht ein Weiser, so aber bin ich nur ein F.hrmann, und meine Aufgabe ist es, Menschen ¨¹ber diesen Flu. zu setzen. Viele habe ich ¨¹bergesetzt, Tausende, und ihnen allen ist mein Flu. nichts anderes gewesen als ein Hindernis auf ihren Reisen. Sie reisten nach Geld und Gesch.ften, und zu Hochzeiten, und zu Wallfahrten, und der Flu. war ihnen im Wege, und der F.hrmann war dazu da, sie schnell ¨¹ber das Hindernis hinweg zubringen. Einige unter den Tausenden aber, einige wenige, vier oder f¨¹nf, denen hat der Flu. aufgeh.rt, ein Hindernis zu sein, sie haben seine Stimme geh.rt, sie haben ihm zugeh.rt, und der Flu. ist ihnen heilig geworden, wie er es mir geworden ist. La. uns nun zur Ruhe gehen, Siddhartha." Siddhartha blieb bei dem F.hrmann und lernte das Boot bedienen, und wenn nichts an der F.hre zu tun war, arbeitete er mit Vasudeva im Reisfelde, sammelte Holz, pfl¨¹ckte die Fr¨¹chte der Pisangb.ume. Er lernte ein Ruder zimmern, und lernte das Boot ausbessern, und K.rbe flechten, und war fr.hlich ¨¹ber alles, was er The Legal Small Print lernte, und die Tage und Monate liefen schnell hinweg. Mehr aber, als Vasudeva ihn lehren konnte, lehrte ihn der Flu.. Von ihm lernte er unaufh.rlich. Vor allem lernte er von ihm das Zuh.ren, das Lauschen mit stillem Herzen, mit wartender, ge.ffneter Seele, ohne Leidenschaft, ohne,Wunsch, ohne Urteil, ohne Meinung. Freundlich lebte er neben Vasudeva, und zuweilen tauschten sie Worte miteinander, wenige und lang bedachte Worte. Vasudeva war kein Freund der Worte, selten gelang es Siddhartha, ihn zum Sprechen zu bewegen. "Hast du," so fragte er ihn einst, "hast auch du vom Flusse jenes Geheime gelernt: da. es keine Zeit gibt?" Vasudevas Gesicht ¨¹berzog sich mit hellem L.cheln. "Ja, Siddhartha," sprach er. "Es ist doch dieses, was du meinst: da. der Flu. ¨¹berall zugleich ist, am Ursprung und an der M¨¹ndung, am Wasserfall, an der F.hre, an der Stromschnelle, im Meer, im Gebirge, ¨¹berall, zugleich, und da. es f¨¹r ihn nur Gegenwart gibt, nicht den Schatten Vergangenheit, nicht den Schatten Zukunft?" "Dies ist es," sagte Siddhartha. "Und als ich es gelernt hatte, da sah ich mein Leben an, und es war auch ein Flu., und es war der Knabe Siddhartha vom Manne Siddhartha und vom Greis Siddhartha nur durch Schatten getrennt, nicht durch Wirkliches. Es waren auch Siddharthas fr¨¹here Geburten keine Vergangenheit, und sein Tod und seine R¨¹ckkehr zu Brahma keine Zukunft. Nichts war, nichts wird sein; alles ist, alles hat Wesen und Gegenwart." Siddhartha sprach mit Entz¨¹cken, tief hatte diese Erleuchtung ihn begl¨¹ckt. O, war denn nicht alles Leiden Zeit, war nicht alles Sichqu.len und Sichf¨¹rchten Zeit, war nicht alles Schwere, alles Feindliche in der Welt weg und ¨¹berwunden, sobald man die Zeit ¨¹berwunden hatte, sobald man die Zeit wegdenken konnte? Entz¨¹ckt hatte er gesprochen, Vasudeva aber l.chelte ihn strahlend an und nickte Best.tigung, schweigend nickte er, strich mit der Hand ¨¹ber Siddharthas Schulter, wandte sich zu seiner Arbeit zur¨¹ck. Und wieder einmal, als eben der Flu. in der Regenzeit geschwollen war und m.chtig rauschte, da sagte Siddhartha: "Nicht wahr, o Freund, der Flu. hat viele Stimmen, sehr viele Stimmen? Hat er nicht die Stimme eines K.nigs, und eines Kriegers, und eines Stieres, und eines Nachtvogels, und einer Geb.renden, und eines Seufzenden, und noch tausend andere Stimmen?" "Es ist so," nickte Vasudeva, "alle Stimmen der Gesch.pfe sind in seiner Stimme." "Und wei.t du," fuhr Siddhartha fort, "welches Wort er spricht, wenn es dir gelingt, alle seine zehntausend Stimmen zugleich zu h.ren?" Gl¨¹cklich lachte Vasudevas Gesicht, er neigte sich gegen Siddhartha und sprach ihm das heilige Om ins Ohr. Und eben dies war es, was auch Siddhartha geh.rt hatte. Und von Mal zu Mal ward sein L.cheln dem des F.hrmanns .hnlicher, ward beinahe ebenso strahlend, beinahe ebenso von Gl¨¹ck durchgl.nzt, ebenso aus tausend kleinen Falten leuchtend, ebenso kindlich, ebenso greisenhaft. Viele Reisende, wenn sie die beiden F.hrm.nner sahen, hielten sie f¨¹r Br¨¹der. Oft sa.en sie am Abend gemeinsam beim Ufer auf dem Baumstamm, schwiegen und h.rten beide dem Wasser zu, welches f¨¹r sie kein Wasser war, sondern die Stimme des Lebens, die Stimme des Seienden, des ewig Werdenden. Und es geschah zuweilen, da. beide beim Anh.ren des Flusses an dieselben Dinge dachten, an ein Gespr.ch von vorgestern, an einen ihrer Reisenden, dessen Gesicht und Schicksal sie besch.ftigte, an den Tod, an ihre Kindheit, und da. sie beide im selben Augenblick, wenn der Flu. ihnen etwas Gutes gesagt hatte, einander anblickten, beide genau dasselbe denkend, beide begl¨¹ckt ¨¹ber dieselbe Antwort auf dieselbe Frage. The Legal Small Print Es ging von der F.hre und von den beiden F.hrleuten etwas aus, das manche von den Reisenden sp¨¹rten. Es geschah zuweilen, da. ein Reisender, nachdem er in das Gesicht eines der F.hrm.nner geblickt hatte, sein Leben zu erz.hlen begann, Leid erz.hlte, B.ses bekannte, Trost und Rat erbat. Es geschah zuweilen, da. einer um Erlaubnis bat, einen Abend bei ihnen zu verweilen, um dem Flusse zuzuh.ren. Es geschah auch, da. Neugierige kamen, welchen erz.hlt worden war, an dieser F.hre lebten zwei Weise, oder Zauberer, oder Heilige. Die Neugierigen stellten viele Fragen, aber sie bekamen keine Antworten, und sie fanden weder Zauberer noch Weise, sie fanden nur zwei alte freundliche M.nnlein, welche stumm zu sein und etwas sonderbar und verbl.det' schienen. Und die Neugierigen lachten, und unterhielten sich dar¨¹ber, wie t.richt und leichtgl.ubig doch das Volk solche leere Ger¨¹chte verbreite. Die Jahre gingen hin und keiner z.hlte sie. Da kamen einst M.nche gepilgert, Anh.nger des Gotama, des Buddha, welche baten, sie ¨¹ber den Flu. zu setzen, und von ihnen erfuhren die F.hrm.nner, da. sie eiligst zu ihrem gro.en Lehrer zur¨¹ck wanderten, denn es habe sich die Nachricht verbreitet, der Erhabene sei todkrank und werde bald seinen letzten Menschentod sterben, um zur Erl.sung einzugehen. Nicht lange, so kam eine neue Schar M.nche gepilgert, und wieder eine, und sowohl die M.nche wie die meisten der ¨¹brigen Reisenden und Wanderer sprachen von nichts anderem als von Gotama und seinem nahen Tode. Und wie zu einem Kriegszug oder zur Kr.nung eines K.nigs von ¨¹berall und allen Seiten her die Menschen str.men und sich gleich Ameisen in Scharen sammeln, so str.mten sie, wie von einem Zauber gezogen, dahin, wo der gro.e Buddha seinen Tod erwartete, wo das Ungeheure geschehen und der gro.e Vollendete eines Weltalters zur Herrlichkeit eingehen sollte. Viel gedachte Siddhartha in dieser Zeit des sterbenden Weisen, des gro.en Lehrers, dessen Stimme V.lker ermahnt und Hunderttausende erweckt hatte, dessen Stimme auch er einst vernommen, dessen heiliges Antlitz auch er einst mit Ehrfurcht geschaut hatte. Freundlich gedachte er seiner, sah seinen Weg der Vollendung vor Augen, und erinnerte sich mit L.cheln der Worte, welche er einst als junger Mann an ihn, den Erhabenen, gerichtet hatte. Es waren, so schien ihm, stolze und altkluge Worte gewesen, l.chelnd erinnerte er sich ihrer. L.ngst wu.te er sich nicht mehr von Gotama getrennt, dessen Lehre er doch nicht hatte annehmen k.nnen. Nein, keine Lehre konnte ein wahrhaft Suchender annehmen, einer, der wahrhaft finden wollte. Der aber, der gefunden hat, der konnte jede, jede Lehre guthei.en, jeden Weg, jedes Ziel, ihn trennte nichts mehr von all den tausend anderen, welche im Ewigen lebten, welche das G.ttliche atmeten. An einem dieser Tage, da so viele zum sterbenden Buddha pilgerten, pilgerte zu ihm auch Kamala, einst die sch.nste der Kurtisanen. L.ngst hatte sie sich aus ihrem vorigen Leben zur¨¹ckgezogen, hatte ihren Garten den M.nchen Gotamas geschenkt, hatte ihre Zuflucht zur Lehre genommen, geh.rte zu den Freundinnen und Wohlt.terinnen der Pilgernden. Zusammen mit dem Knaben Siddhartha, ihrem Sohne, hatte sie auf die Nachricht vom nahen Tode Gotamas hin sich auf den Weg gemacht, in einfachem Kleide, zu Fu.. Mit ihrem S.hnlein war sie am Flusse unterwegs; der Knabe aber war bald erm¨¹det, begehrte nach Hause zur¨¹ck, begehrte zu rasten, begehrte zu essen, wurde trotzig und weinerlich. Kamala mu.te h.ufig mit ihm rasten, er war gewohnt, seinen Willen gegen sie zu behaupten, sie mu.te ihn f¨¹ttern, mu.te ihn tr.sten, mu.te ihn schelten. Er begriff nicht, warum er mit seiner Mutter diese m¨¹hsame und traurige Pilgerschaft habe antreten m¨¹ssen, an einen unbekannten Ort, zu einem fremden Manne, welcher heilig war und welcher im Sterben lag. Mochte er sterben, was ging dies den Knaben an? Die Pilgernden waren nicht mehr ferne von Vasudevas F.hre, als der kleine Siddhartha abermals seine Mutter zu einer Rast n.tigte. Auch sie selbst, Kamala, war erm¨¹det, und w.hrend der Knabe an einer Banane kaute, kauerte sie sich am Boden nieder, schlo. ein wenig die Augen und ruhte. Pl.tzlich aber stie. sie einen klagenden Schrei aus, der Knabe sah sie erschrocken an und sah ihr Gesicht von Entsetzen gebleicht, und unter ihrem Kleide hervor entwich eine kleine schwarze Schlange, von welcher Kamala gebissen war. Eilig liefen sie nun beide des Weges, um zu Menschen zu kommen, und kamen bis in die N.he der F.hre, dort sank Kamala zusammen, und vermochte nicht weiter zu gehen. Der Knabe aber erhob ein kl.gliches Geschrei, The Legal Small Print dazwischen k¨¹.te und umhalste er seine Mutter, und auch sie stimmte in seine lauten Hilferufe ein, bis die T.ne Vasudevas Ohr erreichten, der bei der F.hre stand. Schnell kam er gegangen, nahm die Frau auf die Arme, trug sie ins Boot, der Knabe lief mit, und bald kamen sie alle in der H¨¹tte an, wo Siddhartha am Herde stand und eben Feuer machte. Er blickte auf und sah zuerst das Gesicht des Knaben, das ihn wunderlich erinnerte, an Vergessenes mahnte. Dann sah er Kamala, die er alsbald erkannte, obwohl sie besinnungslos im Arm des F.hrmanns lag, und nun wu.te er, da. es sein eigner Sohn sei, dessen Gesicht ihn so sehr gemahnt hatte, und das Herz bewegte sich in seiner Brust. Kamalas Wunde wurde gewaschen, war aber schon schwarz und ihr Leib angeschwollen, ein Heiltrank wurde ihr eingefl..t. Ihr Bewu.tsein kehrte zur¨¹ck, sie lag auf Siddharthas Lager in der H¨¹tte, Und ¨¹ber sie gebeugt stand Siddhartha, der sie einst so sehr geliebt hatte. Es schien ihr ein Traum zu sein, l.chelnd blickte sie in ihres Freundes Gesicht, nur langsam erkannte sie ihre Lage, erinnerte sich des Bisses, rief .ngstlich nach dem Knaben. "Er ist bei dir, sei ohne Sorge," sagte Siddhartha. Kamala blickte in seine Augen. Sie sprach mit schwerer Zunge, vom Gift gel.hmt. "Du bist alt geworden, Lieber," sagte sie, "grau bist du geworden. Aber du gleichst dem jungen Samana, der einst ohne Kleider mit staubigen F¨¹.en zu mir in den Garten kam. Du gleichst ihm viel mehr, als du ihm damals glichest, da du mich und Kamaswami verlassen hast. In den Augen gleichst du ihm, Siddhartha. Ach, auch ich bin alt geworden, alt--kanntest du mich denn noch?" Siddhartha l.chelte: "Sogleich kannte ich dich, Kamala, Liebe." Kamala deutete auf ihren Knaben und sagte: "Kanntest du auch ihn? Er ist dein Sohn." Ihre Augen wurden irr und fielen zu. Der Knabe weinte, Siddhartha nahm ihn auf seine Knie, lie. ihn weinen, streichelte sein Haar, und beim Anblick des Kindergesichtes fiel ein brahmanisches Gebet ihm ein, das er einst gelernt hatte, als er selbst ein kleiner Knabe war. Langsam, mit singender Stimme, begann er es zu sprechen, aus der Vergangenheit und Kindheit her kamen ihm die Worte geflossen. Und unter seinem Singsang wurde der Knabe ruhig, schluchzte noch hin und wieder auf und schlief ein. Siddhartha legte ihn auf Vasudevas Lager. Vasudeva stand am Herd und kochte Reis. Siddhartha warf ihm einen Blick zu, den er l.chelnd erwiderte. "Sie wird sterben," sagte Siddhartha leise. Vasudeva nickte, ¨¹ber sein freundliches Gesicht lief der Feuerschein vom Herde. Nochmals erwachte Kamala zum Bewu.tsein. Schmerz verzog ihr Gesicht, Siddharthas Auge las das Leiden auf ihrem Munde, auf ihren erbla.ten Wangen. Stille las er es, aufmerksam, wartend, in ihr Leiden versenkt. Kamala f¨¹hlte es, ihr Blick suchte sein Auge. Ihn anblickend, sagte sie: "Nun sehe ich, da. auch deine Augen sich ver.ndert haben. Ganz anders sind sie geworden. Woran doch erkenne ich noch, da. du Siddhartha bist? Du bist es, und bist es nicht." Siddhartha sprach nicht, still blickten seine Augen in die ihren. "Du hast es erreicht?" fragte sie. "Du hast Friede gefunden?" Er l.chelte, und legte seine Hand auf ihre. "Ich sehe es," sagte sie, "ich sehe es. Auch ich werde Friede finden." The Legal Small Print "Du hast ihn gefunden," sprach Siddhartha fl¨¹sternd. Kamala blickte ihm unverwandt in die Augen. Sie dachte daran, da. sie zu Gotama hatte pilgern wollen, um das Gesicht eines Vollendeten zu sehen, um seinen Frieden zu atmen, und da. sie statt seiner nun ihn gefunden, und da. es gut war, ebenso gut, als wenn sie jenen gesehen h.tte. Sie wollte es ihm sagen, aber die Zunge gehorchte ihrem Willen nicht mehr. Schweigend sah sie ihn an, und er sah in ihren Augen das Leben erl.schen. Als der letzte Schmerz ihr Auge erf¨¹llte und brach, als der letzte Schauder ¨¹ber ihre Glieder lief, schlo. sein Finger ihre Lider. Lange sa. er und blickte auf ihr entschlafnes Gesicht. Lange betrachtete er ihren Mund, ihren alten, m¨¹den Mund mit den schmal gewordenen Lippen, und erinnerte sich, da. er einst, im Fr¨¹hling seiner Jahre, diesen Mund einer frisch aufgebrochenen Feige verglichen hatte. Lange sa. er, las in dem bleichen Gesicht, in den m¨¹den Falten, f¨¹llte sich mit dem Anblick, sah sein eigenes Gesicht ebenso liegen, ebenso wei., ebenso erloschen, und sah zugleich sein Gesicht und das ihre jung, mit den roten Lippen, mit dem brennenden Auge, und das Gef¨¹hl der Gegenwart und Gleichzeitigkeit durchdrang ihn v.llig, das Gef¨¹hl der Ewigkeit. Tief empfand er, tiefer als jemals, in dieser Stunde die Unzerst.rbarkeit jedes Lebens, die Ewigkeit jedes Augenblicks. Da er sich erhob, hatte Vasudeva Reis f¨¹r ihn bereitet. Doch a. Siddhartha nicht. Im Stall, wo ihre Ziege stand, machten sich die beiden Alten eine Streu zurecht, und Vasudeva legte sich schlafen. Siddhartha aber ging hinaus und sa. die Nacht vor der H¨¹tte, dem Flusse lauschend, von Vergangenheit umsp¨¹lt, von allen Zeiten seines Lebens zugleich ber¨¹hrt und umfangen. Zuweilen aber erhob er sich, trat an die H¨¹ttent¨¹r und lauschte, ob der Knabe schlafe. Fr¨¹h am Morgen, noch ehe die Sonne sichtbar ward, kam Vasudeva aus dem Stalle und trat zu seinem Freunde. "Du hast nicht geschlafen, " sagte er. "Nein, Vasudeva. Ich sa. hier, ich h.rte dem Flusse zu. Viel hat er mir gesagt, tief hat er mich mit dem heilsamen Gedanken erf¨¹llt, mit dem Gedanken der Einheit." "Du hast Leid erfahren, Siddhartha, doch ich sehe, es ist keine Traurigkeit in dein Herz gekommen." "Nein, Lieber, wie sollte ich denn traurig sein? Ich, der ich reich und gl¨¹cklich war, bin jetzt noch reicher und gl¨¹cklicher geworden. Mein Sohn ist mir geschenkt worden." "Willkommen sei dein Sohn auch mir. Nun aber, Siddhartha, la. uns an die Arbeit gehen, viel ist zu tun. Auf demselben Lager ist Kamala gestorben, auf welchem einst mein Weib gestorben ist. Auf demselben H¨¹gel auch wollen wir Kamalas Scheiterhaufen bauen, auf welchem ich einst meines Weibes Scheiterhaufen gebaut habe." W.hrend der Knabe noch schlief, bauten sie den Scheiterhaufen. DER SOHN Scheu und weinend hatte der Knabe der Bestattung seiner Muttter beigewohnt, finster und scheu hatte er Siddhartha angeh.rt, der ihn als seinen Sohn begr¨¹.te und ihn bei sich in Vasudevas H¨¹tte willkommen hie.. Bleich sa. er tagelang am H¨¹gel der Toten, mochte nicht essen, verschlo. seinen Blick, verschlo. sein Herz, wehrte und str.ubte sich gegen das Schicksal. The Legal Small Print Siddhartha schonte ihn und lie. ihn gew.hren, er ehrte seine Trauer. Siddhartha verstand, da. sein Sohn ihn nicht kenne, da. er ihn nicht lieben k.nne wie einen Vater. Langsam sah und verstand er auch, da. der Elfj.hrige ein verw.hnter Knabe war, ein Mutterkind, und in Gewohnheiten des Reichtums aufgewachsen, gewohnt an feinere Speisen, an ein weiches Bett, gewohnt, Dienern zu befehlen. Siddhartha verstand, da. der Trauernde und Verw.hnte nicht pl.tzlich und gutwillig in der Fremde und Armut sich zufrieden geben k.nne. Er zwang ihn nicht, er tat manche Arbeit f¨¹r ihn, suchte stets den besten Bissen f¨¹r ihn aus. Langsam hoffte er ihn zu gewinnen, durch freundliche Geduld. Reich und gl¨¹cklich hatte er sich genannt, als der Knabe zu ihm gekommen war. Da indessen die Zeit hinflo., und der Knabe fremd und finster blieb, da er ein stolzes und trotziges Herz zeigte, keine Arbeit tun wollte, den Alten keine Ehrfurcht erwies, Vasudevas Fruchtb.ume beraubte, da begann Siddhartha zu verstehen, da. mit seinem Sohne nicht Gl¨¹ck und Friede zu ihm gekommen war, sondern Leid und Sorge. Aber er liebte ihn, und lieber war ihm Leid und Sorge der Liebe, als ihm Gl¨¹ck und Freude ohne den Knaben gewesen war. Seit der junge Siddhartha in der H¨¹tte war, hatten die Alten sich in die Arbeit geteilt. Vasudeva hatte das Amt des F.hrmanns wieder allein ¨¹bernommen, und Siddhartha, um bei dem Sohne zu sein, die Arbeit in H¨¹tte und Feld. Lange Zeit, lange Monate wartete Siddhartha darauf, da. sein Sohn ihn verstehe, da. er seine Liebe annehme, da. er sie vielleicht erwidere. Lange Monate wartete Vasudeva, zusehend, wartete und schwieg. Eines Tages, als Siddhartha der Junge seinen Vater wieder sehr mit Trotz und Launen gequ.lt und ihm beide Reissch¨¹sseln zerbrochen hatte, nahm Vasudeva seinen Freund am Abend beiseite und sprach mit ihm. "Entschuldige mich," sagte er, "aus freundlichem Herzen rede ich zu dir. Ich sehe, da. du dich qu.lst, ich sehe, da. du Kummer hast. Dein Sohn, Lieber, macht dir Sorge, und auch mir macht er Sorge. An ein anderes Leben, an ein anderes Nest ist der junge Vogel gew.hnt. Nicht wie du ist er dem Reichtum und der Stadt entlaufen aus Ekel und ¨¹berdru., er hat wider seinen Willen dies alles dahinten lassen m¨¹ssen. Ich fragte den Flu., o Freund, vielemale habe ich ihn gefragt. Der Flu. aber lacht, er lacht mich aus, mich und dich lacht er aus, und sch¨¹ttelt sich ¨¹ber unsre Torheit. Wasser will zu Wasser, Jugend will zu Jugend, dein Sohn ist nicht an dem Orte, wo er gedeihen kann. Frage auch du den Flu., h.re auch du auf ihn!" Bek¨¹mmert blickte Siddhartha ihm in das freundliche Gesicht, in dessen vielen Runzeln best.ndige Heiterkeit wohnte. "Kann ich mich denn von ihm trennen?" sagte er leise, besch.mt. "La. mir noch Zeit, Lieber! Sieh, ich k.mpfe um ihn, ich werbe um sein Herz, mit Liebe und mit freundlicher Geduld will ich es fangen. Auch zu ihm soll einst der Flu. reden, auch er ist berufen." Vasudevas L.cheln bl¨¹hte w.rmer. "O ja, auch er ist berufen, auch er ist vom ewigen Leben. Aber wissen wir denn, du und ich, wozu er berufen ist, zu welchem Wege, zu welchen Taten, zu welchen Leiden? Nicht klein wird sein Leiden sein, stolz und hart ist ja sein Herz, viel m¨¹ssen solche leiden, viel irren, viel Unrecht tun, sich viel S¨¹nde aufladen. Sage mir, mein Lieber: du erziehst deinen Sohn nicht? Du zwingst ihn nicht? Schl.gst ihn nicht? Strafst ihn nicht?" "Nein, Vasudeva, das tue ich alles nicht." "Ich wu.te es. Du zwingst ihn nicht, schl.gst ihn nicht, befiehlst ihm nicht, weil du wei.t, da. Weich st.rker ist als Hart, Wasser st.rker als Fels, Liebe st.rker als Gewalt. Sehr gut, ich lobe dich. Aber ist es nicht ein Irrtum von dir, zu meinen, da. du ihn nicht zwingest, nicht strafest? Bindest du ihn nicht in Bande mit deiner Liebe? Besch.mst du ihn nicht t.glich, und machst es ihm noch schwerer, mit deiner G¨¹te und Geduld? Zwingst du ihn nicht, den hochm¨¹tigen und verw.hnten Knaben, in einer H¨¹tte bei zwei alten Bananenessern zu leben, welchen schon Reis ein Leckerbissen ist, deren Gedanken nicht seine sein k.nnen, deren Herz alt und still ist und anderen Gang hat als das seine? Ist er mit alledem nicht gezwungen, nicht gestraft?" The Legal Small Print Betroffen blickte Siddhartha zur Erde. Leise fragte er: "Was, meinst du, soll ich tun?" Sprach Vasudeva: "Bring ihn zur Stadt, bringe ihn in seiner Mutter Haus, es werden noch Diener dort sein, denen gib ihn. Und wenn keine mehr da sind, so bringe ihn einem Lehrer, nicht der Lehre wegen, aber da. er zu anderen Knaben komme, und zu M.dchen, und in die Welt, welche die seine ist. Hast du daran nie gedacht?" "Du siehst in mein Herz," sprach Siddhartha traurig. "Oft habe ich daran gedacht. Aber sieh, wie soll ich ihn, der ohnehin kein sanftes Herz hat, in diese Welt geben? Wird er nicht ¨¹ppig werden, wird er nicht sich an Lust und Macht verlieren, wird er nicht alle Irrt¨¹mer seines Vaters wiederholen, wird er nicht vielleicht ganz und gar in Sansara verloren gehen?" Hell strahlte des F.hrmanns L.cheln auf; er ber¨¹hrte zart Siddharthas Arm und sagte: "Frage den Flu. dar¨¹ber, Freund! H.re ihn dar¨¹ber lachen! Glaubst du denn wirklich, da. du deine Torheiten begangen habest, um sie dem Sohn zu ersparen? Und kannst du denn deinen Sohn vor Sansara sch¨¹tzen? Wie denn? Durch Lehre, durch Gebet, durch Ermahnung? Lieber, hast du jene Geschichte denn ganz vergessen, jene lehrreiche Geschichte vom Brahmanensohn Siddhartha, die du mir einst hier an dieser Stelle erz.hlt hast? Wer hat den Samana Siddhartha vor Sansara bewahrt, vor S¨¹nde, vor Habsucht, vor Torheit? Hat seines Vaters Fr.mmigkeit, seiner Lehrer Ermahnung, hat sein eigenes Wissen, sein eigenes Suchen ihn bewahren k.nnen? Welcher Vater, welcher Lehrer hat ihn davor sch¨¹tzen k.nnen, selbst das Leben zu leben, selbst sich mit dem Leben zu beschmutzen, selbst Schuld auf sich zu laden, selbst den bitteren Trank zu trinken, selber seinen Weg zu finden? Glaubst du denn, Lieber, dieser Weg bleibe irgend jemandem vielleicht erspart? Vielleicht deinem S.hnchen, weil du es liebst, weil du ihm gern Leid und Schmerz und Entt.uschung ersparen m.chtest? Aber auch wenn du zehnmal f¨¹r ihn st¨¹rbest, w¨¹rdest du ihm nicht den kleinsten Teil seines Schicksals damit abnehmen k.nnen." Noch niemals hatte Vasudeva so viele Worte gesprochen. Freundlich dankte ihm Siddhartha, ging bek¨¹mmert in die H¨¹tte, fand lange keinen Schlaf. Vasudeva hatte ihm nichts gesagt, das er nicht selbst schon gedacht und gewu.t h.tte. Aber es war ein Wissen, das er nicht tun konnte, st.rker als das Wissen war seine Liebe zu dem Knaben, st.rker seine Z.rtlichkeit, seine Angst, ihn zu verlieren. Hatte er denn jemals an irgend etwas so sehr sein Herz verloren, hatte er je irgendeinen Menschen so geliebt, so blind, so leidend, so erfolglos, und doch so gl¨¹cklich? Siddhartha konnte seines Freundes Rat nicht befolgen, er konnte den Sohn nicht hergeben. Er lie. sich von dem Knaben befehlen, er lie. sich von ihm mi.achten. Er schwieg und wartete, begann t.glich den stummen Kampf der Freundlichkeit, den lautlosen Krieg der Geduld. Auch Vasudeva schwieg und wartete, freundlich, wissend, langm¨¹tig. In der Geduld waren sie beide Meister. Einst, als des Knaben Gesicht ihn sehr an Kamala erinnerte, mu.te Siddhartha pl.tzlich eines Wortes gedenken, das Kamala vor Zeiten, in den Tagen der Jugend, einmal zu ihm gesagt hatte. "Du kannst nicht lieben," hatte sie ihm gesagt, und er hatte ihr Recht gegeben und hatte sich mit einem Stern, die Kindermenschen aber mit fallendem Laub verglichen, und dennoch hatte er in jenem Wort auch einen Vorwurf gesp¨¹rt. In der Tat hatte er niemals sich an einen anderen Menschen ganz verlieren und hingeben k.nnen, sich selbst vergessen, Torheiten der Liebe eines anderen wegen begehen; nie hatte er das gekonnt, und dies war, wie ihm damals schien, der gro.e Unterschied gewesen, der ihn von den Kindermenschen trennte. Nun aber, seit sein Sohn da war, nun war auch er, Siddhartha, vollends ein Kindermensch geworden, eines Menschen wegen leidend, einen Menschen liebend, an eine Liebe verloren, einer Liebe wegen ein Tor geworden. Nun f¨¹hlte auch er, sp.t, einmal im Leben diese st.rkste und seltsamste Leidenschaft, litt an ihr, litt kl.glich, und war doch beseligt, war doch um etwas erneuert, um etwas reicher. The Legal Small Print Wohl sp¨¹rte er, da. diese Liebe, diese blinde Liebe zu seinem Sohn eine Leidenschaft, etwas sehr Menschliches, da. sie Sansara sei, eine tr¨¹be Quelle, ein dunkles Wasser. Dennoch, so f¨¹hlte er gleichzeitig, war sie nicht wertlos, war sie notwendig, kam aus seinem eigenen Wesen. Auch diese Lust wollte geb¨¹.t, auch diese Schmerzen wollten gekostet sein, auch diese Torheiten begangen. Der Sohn indessen lie. ihn seine Torheiten begehen, lie. ihn werben, lie. ihn t.glich sich vor seinen Launen dem¨¹tigen. Dieser Vater hatte nichts, was ihn entz¨¹ckt, und nichts, was er gef¨¹rchtet h.tte. Er war ein guter Mann, dieser Vater, ein guter, g¨¹tiger, sanfter Mann, vielleicht ein sehr frommer Mann, vielleicht ein Heiliger dies alles waren nicht Eigenschaften, welche den Knaben gewinnen konnten. Langweilig war ihm dieser Vater, der ihn da in seiner elenden H.tte gefangen hielt, langweilig war er ihm, und da. er jede Unart mit L.cheln, jeden Schimpf mit Freundlichkeit, jede Bosheit mit G¨¹te beantwortete, das eben war die verha.teste List dieses alten Schleichers. Viel lieber w.re der Knabe von ihm bedroht, von ihm mi.handelt worden. Es kam ein Tag, an welchem des jungen Siddhartha Sinn zum Ausbruch kam und sich offen gegen seinen Vater wandte. Der hatte ihm einen Auftrag erteilt, er hatte ihn Reisig sammeln gehei.en. Der Knabe ging aber nicht aus der H¨¹tte, er blieb trotzig und w¨¹tend stehen, stampfte den Boden, ballte die F.uste, und schrie in gewaltigem Ausbruch seinem Vater Ha. und Verachtung ins Gesicht. "Hole du selber dein Reisig!" rief er sch.umend, "ich bin nicht dein Knecht. Ich wei. ja, da. du mich nicht schl.gst, du wagst es ja nicht; ich wei. ja, da. du mich mit deiner Fr.mmigkeit und deiner Nachsicht best.ndig strafen und klein machen willst. Du willst, da. ich werden soll wie du, auch so fromm, auch so sanft, auch so weise! Ich aber, h.re, ich will, dir zu Leide, lieber ein Stra.enr.uber und M.rder werden und zur H.lle fahren, als so werden wie du! Ich hasse dich, du bist nicht mein Vater, und wenn du zehnmal meiner Mutter Buhle gewesen bist!" Zorn und Gram liefen in ihm ¨¹ber, sch.umten in hundert w¨¹sten und b.sen Worten dem Vater entgegen. Dann lief der Knabe davon und kam erst sp.t am Abend wieder. Am andern Morgen aber war er verschwunden. Verschwunden war auch ein kleiner, aus zweifarbigem Bast geflochtener Korb, in welchem die F.hrleute jene Kupfer- und Silberm¨¹nzen aufbewahrten, welche sie als F.hrlohn erhielten. Verschwunden war auch das Boot, Siddhartha sah es am jenseitigen Ufer liegen. Der Knabe war entlaufen. "Ich mu. ihm folgen," sagte Siddhartha, der seit jenen gestrigen Schimpfreden des Knaben vor Jammer zitterte. "Ein Kind kann nicht allein durch den Wald gehen. Er wird umkommen. Wir m¨¹ssen ein Flo. bauen, Vasudeva, um ¨¹bers Wasser zu kommen." "Wir werden ein Flo. bauen," sagte Vasudeva, "um unser Boot wieder zu holen, das der Junge entf¨¹hrt hat. Ihn aber solltest du laufen lassen, Freund, er ist kein Kind mehr, er wei. sich zu helfen. Er sucht den Weg nach der Stadt, und er hat Recht, vergi. das nicht. Er tut das, was du selbst zu tun vers.umt hast. Er sorgt f¨¹r sich, er geht seine Bahn. Ach, Siddhartha, ich sehe dich leiden, aber du leidest Schmerzen, ¨¹ber die man lachen m.chte, ¨¹ber die du selbst bald lachen wirst." Siddhartha antwortete nicht. Er hielt schon das Beil in H.nden, und begann ein Flo. aus Bambus zu machen, und Vasudeva half ihm, die St.mme mit Grasseilen zuzammen zu binden. Dann fuhren sie hin¨¹ber, wurden weit abgetrieben, zogen das Flo. am jenseitigen Ufer flu.auf. "Warum hast du das Beil mitgenommen?" fragte Siddhartha. Vasudeva sagte: "Es k.nnte sein, da. das Ruder unsres Bootes verloren gegangen w.re." Siddhartha aber wu.te, was sein Freund dachte. Er dachte, der Knabe werde das Ruder weggeworfen oder The Legal Small Print zerbrochen haben, um sich zu r.chen und um sie an der Verfolgung zu hindern. Und wirklich war kein Ruder mehr im Boote. Vasudeva wies auf den Boden des Bootes, und sah den Freund mit L.cheln an, als wollte er sagen; "Siehst du nicht, was dein Sohn dir sagen will? Siehst du nicht, da. er nicht verfolgt Sein will?" Doch sagte er dies nicht mit Worten. Er machte sich daran, ein neues Ruder zu zimmern. Siddhartha aber nahm Abschied, um nach dem Entflohenen zu suchen. Vasudeva hinderte ihn nicht. Als Siddhartha schon lange im Walde unterwegs war, kam ihm der Gedanke, da. sein Suchen nutzlos sei. Entweder, so dachte er, war der Knabe l.ngst voraus und schon in der Stadt angelangt, oder, wenn er noch unterwegs sein sollte, w¨¹rde er vor ihm, dem Verfolgenden, sich verborgen halten. Da er weiter dachte, fand er auch, da. er selbst nicht in Sorge um seinen Sohn war, da. er im Innersten wu.te, er sei weder umgekommen, noch drohe ihm im Walde Gefahr. Dennoch lief er ohne Rast, nicht mehr, um ihn zu retten, nur aus Verlangen, nur um ihn vielleicht nochmals zu sehen. Und er lief bis vor die Stadt. Als er nahe bei der Stadt auf die breite Stra.e gelangte, blieb er stehen, am Eingang des sch.nen Lustgartens, der einst Kamala geh.rt hatte, wo er sie einst, in der S.nfte, zum erstenmal gesehen hatte. Das Damalige stand in seiner Seele auf, wieder sah er sich dort stehen, jung, ein b.rtiger nackter Samana, das Haar voll Staub. Lange stand Siddhartha und blickte durch das offne Tor in den Garten, M.nche in gelben Kutten sah er unter den sch.nen B.umen gehen. Lange stand er, nachdenkend, Bilder sehend, der Geschichte seines Lebens lauschend. Lange stand er, blickte nach den M.nchen, sah statt ihrer den jungen Siddhartha, sah die junge Kamala unter den hohen B.umen gehen. Deutlich sah er sich, wie er von Kamala bewirtet ward, wie er ihren ersten Ku. empfing, wie er stolz und ver.chtlich auf sein Brahmanentum zur¨¹ckblickte, stolz und verlangend sein Weltleben begann. Er sah Kamaswami, sah die Diener, die Gelage, die W¨¹rfelspieler, die Musikanten, sah Kamalas Singvogel im K.fig, lebte dies alles nochmals, atmete Sansara, war nochmals alt und m¨¹de, f¨¹hlte nochmals den Ekel, f¨¹hlte nochmals den Wunsch, sich auszul.schen, genas nochmals am heiligen Om. Nachdem er lange beim Tor des Gartens gestanden war, sah Siddhartha ein, da. das Verlangen t.richt war, das ihn bis zu dieser St.tte getrieben hatte, da. er seinem Sohne nicht helfen konnte, da. er sich nicht an ihn h.ngen durfte. Tief f¨¹hlte er die Liebe zu dem Entflohenen im Herzen, wie eine Wunde, und f¨¹hlte zugleich, da. ihm die Wunde nicht gegeben war, um in ihr zu w¨¹hlen, da. sie zur Bl¨¹te werden und strahlen m¨¹sse. Da. die Wunde zu dieser Stunde noch nicht bl¨¹hte, noch nicht strahlte, machte ihn traurig. An der Stelle des Wunschzieles, das ihn hierher und dem entflohenen Sohne nachgezogen hatte, stand nun Leere. Traurig setzte er sich nieder, f¨¹hlte etwas in seinem Herzen sterben, empfand Leere, sah keine Freude mehr, kein Ziel. Er sa. versunken, und wartete. Dies hatte er am Flusse gelernt, dies eine: warten, Geduld haben, lauschen. Und er sa. und lauschte, im Staub der Stra.e, lauschte seinem Herzen, wie es m¨¹d und traurig ging, wartete auf eine Stimme. Manche Stunde kauerte er lauschend, sah keine Bilder mehr, sank in die Leere, lie. sich sinken, ohne einen Weg zu sehen. Und wenn er die Wunde brennen f¨¹hlte, sprach er lautlos das Om, f¨¹llte sich mit Om. Die M.nche im Garten sahen ihn, und da er viele Stunden kauerte, und auf seinen grauen Haaren der Staub sich sammelte, kam einer gegangen und legte zwei Pisangfr¨¹chte vor ihm nieder. Der Alte sah ihn nicht. Aus dieser Erstarrung weckte ihn eine Hand, welche seine Schulter ber¨¹hrte. Alsbald erkannte er diese Ber¨¹hrung, die zarte, schamhafte, und kam zu sich. Er erhob sich und begr¨¹.te Vasudeva, welcher ihm nachgegangen war. Und da er in Vasudevas freundliches Gesicht schaute, in die kleinen, wie mit lauter L.cheln ausgef¨¹llten Falten, in die heiteren Augen, da l.chelte auch er. Er sah nun die Pisangfr¨¹chte vor sich liegen, hob sie au, gab eine dem F.hrmann, a. selbst die andere. Darauf ging er schweigend mit Vasudeva in den Wald zur¨¹ck, kehrte zur F.hre heim. Keiner sprach von dem, was heute geschehen war, keiner nannte den Namen des Knaben, keiner sprach von seiner Flucht, keiner sprach von der Wunde. In der H¨¹tte legte sich Siddhartha auf sein Lager, und da nach einer Weile Vasudeva zu Ihm trat, um ihm eine Schale Kokosmilch anzubieten, fand er ihn schon schlafend. The Legal Small Print Om Lange noch brannte die Wunde. Manchen Reisenden mu.te Siddhartha ¨¹ber den Flu. setzen, der einen Sohn oder eine Tochter bei sich hatte, und keinen von ihnen sah er, ohne da. er ihn beneidete, ohne da. er dachte: "So viele, so viel Tausende besitzen dies holdeste Gl¨¹ck--warum ich nicht? Auch b.se Menschen, auch Diebe, und R.uber haben Kinder, und lieben sie, und werden von ihnen geliebt, nur ich nicht." So einfach, so ohne Verstand dachte er nun, so .hnlich war er den Kindermenschen geworden. Anders sah er jetzt die Menschen an als fr¨¹her, weniger klug, weniger stolz, daf¨¹r w.rmer, daf¨¹r neugieriger, beteiligter. Wenn er Reisende der gew.hnlichen Art ¨¹bersetzte, Kindermenschen, Gesch.ftsleute, Krieger, Weibervolk, so erschienen diese Leute ihm nicht fremd wie einst: er verstand sie, er verstand und teilte ihr nicht von Gedanken und Einsichten, sondern einzig von Trieben und W¨¹nschen geleitetes Leben, er f¨¹hlte sich wie sie. Obwohl er nahe der Vollendung war, und an seiner letzten Wunde trug, schien ihm doch, diese Kindermenschen seien seine Br¨¹der, ihre Eitelkeiten, Begehrlichkeiten und L.cherlichkeiten verloren das L.cherliche f¨¹r ihn, wurden begreiflich, wurden liebenswert, wurden ihm sogar verehrungsw¨¹rdig. Die blinde Liebe einer Mutter zu ihrem Kind, den dummen, blinden Stolz eines eingebildeten Vaters auf sein einziges S.hnlein, das blinde, wilde Streben nach Schmuck und nach bewundernden M.nneraugen bei einem jungen, eitlen Weibe, alle diese Triebe, alle diese Kindereien, alle diese einfachen, t.richten, aber ungeheuer starken, stark lebenden, stark sich durchsetzenden Triebe und Begehrlichkeiten waren f¨¹r Siddhartha jetzt keine Kindereien mehr, er sah um ihretwillen die Menschen leben, sah sie um ihretwillen Unendliches leisten, Reisen tun, Kriege f¨¹hren, Unendliches leiden, Unendliches ertragen, und er konnte sie daf¨¹r lieben, er sah das Leben, das Lebendige, das Unzerst.rbare, das Brahman in jeder ihrer Leidenschaften, jeder ihrer Taten. Liebenswert und bewundernswert waren diese Menschen in ihrer blinden Treue, ihrer blinden St.rke und Z.higkeit. Nichts fehlte ihnen, nichts hatte der Wissende und Denker vor ihnen voraus als eine einzige Kleinigkeit, eine einzige winzig kleine Sache: das Bewu.tsein, den bewu.ten Gedanken der Einheit alles Lebens. Und Siddhartha zweifelte sogar zu mancher Stunde, ob dies Wissen, dieser Gedanke so sehr hoch zu werten, ob nicht auch er vielleicht eine Kinderei der Denkmenschen, der Denk-Kindermenschen sein m.chte. In allem andern waren die Weltmenschen dem Weisen ebenb¨¹rtig, waren ihm oft weit ¨¹berlegen, wie ja auch Tiere in ihrem z.hen, unbeirrten Tun des Notwendigen in manchen Augenblicken den Menschen ¨¹berlegen scheinen k.nnen. Langsam bl¨¹hte, langsam reifte in Siddhartha die Erkenntnis, das Wissen darum, was eigentlich Weisheit sei, was seines langen Suchens Ziel sei. Es war nichts als eine Bereitschaft der Seele, eine F.higkeit, eine geheime Kunst, jeden Augenblick, mitten im Leben, den Gedanken der Einheit denken, die Einheit f¨¹hlen und einatmen zu k.nnen. Langsam bl¨¹hte dies in ihm auf, strahlte ihm aus Vasudevas altem Kindergesicht wider: Harmonie, Wissen um die ewige Vollkommenheit der Welt, L.cheln, Einheit. Die Wunde aber brannte noch, sehnlich und bitter gedachte Siddhartha seines Sohnes, pflegte seine Liebe und Z.rtlichkeit im Herzen, lie. den Schmerz an sich fressen, beging alle Torheiten der Liebe. Nicht von selbst erlosch diese Flamme. Und eines Tages, als die Wunde heftig brannte, fuhr Siddhartha ¨¹ber den Flu., gejagt von Sehnsucht, stieg aus und war Willens, nach der Stadt zu gehen und seinen Sohn zu suchen. Der Flu. flo. sanft und leise, es war in der trockenen Jahreszeit, aber seine Stimme klang sonderbar: sie lachte! Sie lachte deutlich. Der Flu. lachte, er lachte hell und klar den alten F.hrmann aus. Siddhartha blieb stehen, er beugte sich ¨¹bers Wasser, um noch besser zu h.ren, und im still ziehenden Wasser sah er sein Gesicht gespiegelt, und in diesem gespiegelten Gesicht war etwas, das ihn erinnerte, etwas Vergessenes,, und da er sich besann, fand er es: dies Gesicht glich einem andern, das er einst gekannt und geliebt und auch gef¨¹rchtet hatte. Es glich dem Gesicht seines Vaters, des Brahmanen. Und er erinnerte sich, wie er vor Zeiten, ein J¨¹ngling, seinen Vater gezwungen hatte, ihn zu den B¨¹.ern gehen zu lassen, wie er Abschied von ihm genommen hatte, wie er gegangen und nie mehr wiedergekommen war. Hatte nicht auch sein Vater um ihn dasselbe Leid gelitten, wie er es nun um The Legal Small Print seinen Sohn litt? War nicht sein Vater l.ngst gestorben, allein, ohne seinen Sohn wiedergesehen zu haben? Mu.te er selbst nicht dies selbe Schicksal erwarten? War es nicht eine Kom.die, eine seltsame und dumme Sache, diese Wiederholung, dieses Laufen in einem verh.ngnisvollen Kreise? Der Flu. lachte. Ja, es war so, es kam alles wieder, was nicht bis zu Ende gelitten und gel.st ward, es wurden immer wieder dieselben Leiden gelitten. Siddhartha aber stieg wieder in das Boot und fuhr zu der H¨¹tte zur¨¹ck, seines Vaters gedenkend, seines Sohnes gedenkend, vom Flusse verlacht, mit sich selbst im Streit, geneigt zur Verzweiflung, und nicht minder geneigt, ¨¹ber sich und die ganze Welt laut mitzulachen. Ach, noch bl¨¹hte die Wunde nicht, noch wehrte sein Herz sich wider das Schicksal, noch strahlte nicht Heiterkeit und Sieg aus seinem Leide. Doch f¨¹hlte er Hoffnung, und da er zur H¨¹tte zur¨¹ckgekehrt war, sp¨¹rte er ein unbesiegbares Verlangen, sich vor Vasudeva zu .ffnen, ihm alles zu zeigen, ihm, dem Meister des Zuh.rens, alles zu sagen. Vasudeva sa. in der H¨¹tte und flocht an einem Korbe. Er fuhr nicht mehr mit dem F.hrboot, seine Augen begannen schwach zu werden, und nicht nur seine Augen; auch seine Arme und H.nde. Unver.ndert und bl¨¹hend war nur die Freude und das heitere Wohlwollen seines Gesichtes. Siddhartha setzte sich zu dem Greise, langsam begann er zu sprechen. Wor¨¹ber sie niemals gesprochen hatten, davon erz.hlte er jetzt, von seinem Gange zur Stadt, damals, von der brennenden Wunde, von seinem Neid beim Anblick gl¨¹cklicher V.ter, von seinem Wissen um die Torheit solcher W¨¹nsche, von seinem vergeblichen Kampf wider sie. Alles berichtete er, alles konnte er sagen, auch das Peinlichste, alles lie. sich sagen, alles sich zeigen, alles konnte er erz.hlen. Er zeigte seine Wunde dar, erz.hlte auch seine heutige Flucht, wie er ¨¹bers Wasser gefahren sei, kindischer Fl¨¹chtling, willens nach der Stadt zu wandern, wie der Flu. gelacht habe. W.hrend er sprach, lange sprach, w.hrend Vasudeva mit stillem Gesicht lauschte, empfand Siddhartha dies Zuh.ren Vasudevas st.rker, als er es jemals gef¨¹hlt hatte, er sp¨¹rte, wie seine Schmerzen, seine Be.ngstigungen hin¨¹berflossen, wie seine heimliche Hoffnung hin¨¹berflo., ihm von dr¨¹ben wieder entgegen-kam. Diesem Zuh.rer seine Wunde zu zeigen, war dasselbe, wie sie im Flusse baden, bis sie k¨¹hl und mit dem Flusse eins wurde. W.hrend er immer noch sprach, immer noch bekannte und beichtete, f¨¹hlte Siddhartha mehr und mehr, da. dies nicht mehr Vasudeva, nicht mehr ein Mensch war, der ihm zuh.rte, da. dieser regungslos Lauschende seine Beichte in sich einsog wie ein Baum den Regen, da. dieser Regungslose der Flu. selbst, da. er Gott selbst, da. er das Ewige selbst war. Und w.hrend Siddhartha aufh.rte, an sich und an seine Wunde zu denken, nahm diese Erkenntnis vom ver.nderten Wesen des Vasudeva von ihm Besitz, und je mehr er es empfand und darein eindrang, desto weniger wunderlich wurde es, desto mehr sah er ein, da. alles in Ordnung und nat¨¹rlich war, da. Vasudeva schon lange, beinahe schon immer so gewesen sei, da. nur er selbst es nicht ganz erkannt hatte, ja da. er selbst von jenem kaum noch verschieden sei. Er empfand, da. er den alten Vasudeva nun so sehe, wie das Volk die G.tter sieht, und da. dies nicht von Dauer sein k.nne; er begann im Herzen von Vasudeva Abschied zu nehmen. Dabei sprach er immer fort. Als er zu Ende gesprochen hatte, richtete Vasudeva seinen freundlichen, etwas schwach gewordenen Blick auf ihn, sprach nicht, strahlte ihm schweigend Liebe und Heiterkeit entgegen, Verst.ndnis und Wissen. Er nahm Siddharthas Hand, f¨¹hrte ihn zum Sitz am Ufer, setzte sich mit ihm nieder, l.chelte dem Flusse zu. "Du hast ihn lachen h.ren," sagte er. "Aber du hast nicht alles geh.rt. La. uns lauschen, du wirst mehr h.ren." Sie lauschten. Sanft klang der vielstimmige Gesang des Flusses. Siddhartha schaute ins Wasser, und im ziehenden Wasser erschienen ihm Bilder: sein Vater erschien, einsam, um den Sohn trauernd; er selbst erschien, einsam, auch er mit den Banden der Sehnsucht an den fernen Sohn gebunden; es erschien sein Sohn, einsam auch er, der Knabe, begehrlich auf der brennenden Bahn seiner jungen W¨¹nsche st¨¹rmend, jeder auf sein Ziel gerichtet, jeder vom Ziel besessen, jeder leidend. Der Flu. sang mit einer Stimme des Leidens, sehnlich sang er, sehnlich flo. er seinem Ziele zu, klagend klang seine Stimme. The Legal Small Print "H.rst du?" fragte Vasudevas stummer Blick. Siddhartha nickte. "H.re besser!" fl¨¹sterte Vasudeva. Siddhartha bem¨¹hte sich, besser zu h.ren. Das Bild des Vaters, sein eigenes Bild, das Bild des Sohnes flossen ineinander, auch Kamalas Bild erschien und zerflo., und das Bild Govindas, und andre Bilder, und flossen ineinander ¨¹ber, wurden alle zum Flu., strebten alle als Flu. dem Ziele zu, sehnlich, begehrend, leidend, und des Flusses Stimme klang voll Sehnsucht, voll von brennendem Weh, voll von unstillbarem Verlangen. Zum Ziele strebte der Flu., Siddhartha sah ihn eilen, den Flu., der aus ihm und den Seinen und aus allen Menschen bestand, die er je gesehen hatte, alle die Wellen und Wasser eilten, leidend, Zielen zu, vielen Zielen, dem Wasserfall, dem See, der Stromschnelle, dem Meere, und alle Ziele wurden erreicht, und jedem folgte ein neues, und aus dem Wasser ward Dampf und stieg in den Himmel, ward Regen und st¨¹rzte aus dem Himmel herab, ward Quelle, ward Bach, ward Flu., strebte aufs Neue, flo. aufs Neue. Aber die sehnliche Stimme hatte sich ver.ndert. Noch t.nte sie, leidvoll, suchend, aber andre Stimmen gesellten sich zu ihr, Stimmen der Freude und des Leides, gute und b.se Stimmen, lachende und trauernde, hundert Stimmen, tausend Stimmen. Siddhartha lauschte. Er war nun ganz Lauscher, ganz ins Zuh.ren vertieft, ganz leer, ganz einsaugend, er f¨¹hlte, da. er nun das Lauschen zu Ende gelernt habe. Oft schon hatte er all dies geh.rt, diese vielen Stimmen im Flu., heute klang es neu. Schon konnte er die vielen Stimmen nicht mehr unterscheiden, nicht frohe von weinenden, nicht kindliche von m.nnlichen, sie geh.rten alle zusammen, Klage der Sehnsucht und Lachen des Wissenden, Schrei des Zorns und St.hnen der Sterbenden, alles war eins, alles war ineinander verwoben und Yerkn¨¹pft, tausendfach verschlungen. Und alles zusammen, alle Stimmen, alle Ziele, alles Sehnen, alle Leiden, alle Lust, alles Gute und B.se, alles zusammen war die Welt. Alles zusammen war der Flu. des Geschehens, war die Musik des Lebens. Und wenn Siddhartha aufmerksam diesem Flu., diesem tausendstimmigen Liede lauschte, wenn er nicht auf das Leid noch auf das Lachen h.rte, wenn er seine Seele nicht an irgendeine Stimme band und mit seinem Ich in sie einging, sondern alle h.rte, das Ganze, die Einheit vernahm, dann bestand das gro.e Lied der tausend Stimmen aus einem einzigen Worte, das hie. OM : die Vollendung. "H.rst du," fragte wieder Vasudevas Blick. Hell gl.nzte Vasudevas L.cheln, ¨¹ber all den Runzeln seines alten Antlitzes schwebte es leuchtend, wie ¨¹ber all den Stimmen des Flusses das Om schwebte. Hell gl.nzte sein L.cheln, als er den Freund anblickte, und hell gl.nzte nun auch auf Siddharthas Gesicht dasselbe L.cheln auf. Seine Wunde bl¨¹hte, sein Leid strahlte, sein Ich war in die Einheit geflossen. In dieser Stunde h.rte Siddhartha auf, mit dem Schicksal zu k.mpfen, h.rte auf zu leiden. Auf seinem Gesicht bl¨¹hte die Heiterkeit des Wissens, dem kein Wille mehr entgegensteht, das die Vollendung kennt, das einverstanden ist mit dem Flu. des Geschehens, mit dem Strom des Lebens, voll Mitleid, voll Mitlust, dem Str.men hingegeben, der Einheit zugeh.rig. Als Vasudeva sich von dem Sitz am Ufer erhob, als er in Siddharthas Augen blickte und die Heiterkeit des Wissens darin strahlen sah, ber¨¹hrte er dessen Schulter leise mit der Hand, in seiner behutsamen und zarten Weise, und sagte: "Ich habe auf diese Stunde gewartet, Lieber. Nun sie gekommen ist, la. mich gehen. Lange habe ich, auf diese Stunde gewartet, lange bin ich der F.hrmann Vasudeva gewesen. Nun ist es genug. Lebe wohl, H¨¹tte, lebe wohl, Flu., lebe wohl, Siddhartha!" Siddhartha verneigte sich tief vor dem Abschiednehmenden. "Ich habe es gewu.t," sagte er leise. "Du wirst in die W.lder gehen?" "Ich gehe in die W.lder, ich gehe in die Einheit," sprach Vasudeva strahlend. The Legal Small Print Strahlend ging er hinweg; Siddhartha blickte ihm nach. Mit tiefer Freude, mit tiefem Ernst blickte er ihm nach, sah seine Schritte voll Frieden, sah sein Haupt voll Glanz, sah seine Gestalt voll Licht. GOVINDA Mit anderen M.nchen weilte Govinda einst w.hrend einer Rastzeit in dem Lusthain, welchen die Kurtisane Kamala den J¨¹ngern des Gotama geschenkt hatte. Er h.rte von einem alten F.hrmanne sprechen, welcher eine Tagereise entfernt vom Hain am Flusse wohne, und der von vielen f¨¹r einen Weisen gehalten werde. Als Govinda des Weges weiterzog, w.hlte er den Weg zur F.hre, begierig diesen F.hrmann zu sehen. Denn ob er wohl sein Leben lang nach der Regel gelebt hatte, auch von den Jungeren M.nchen seines Alters und seiner Bescheidenheit wegen mit Ehrfurcht angesehen wurde, war doch in seinem Herzen die Unruhe und das Suchen nicht erloschen. Er kam zum Fl¨¹sse, er bat den Alten um ¨¹berfahrt, und da sie dr¨¹ben aus dem Boot stiegen, sagte er zum Alten: "Viel Gutes erweisest du uns M.nchen und Pilgern, viele von uns hast du schon ¨¹bergesetzt. Bist nicht auch du, F.hrmann, ein Sucher nach dem rechten Pfade?" Sprach Siddhartha, aus den alten Augen l.chelnd: "Nennst du dich einen Sucher, o Ehrw¨¹rdiger, und bist doch schon hoch in den, Jahren, und tr.gst das Gewand der M.nche Gotamas?" "Wohl bin ich alt," sprach Govinda, "zu suchen aber habe ich nicht aufgeh.rt. Nie werde ich aufh.ren zu suchen, dies scheint meine Bestimmung. Auch du, so scheint es mir, hast gesucht. Willst du mir ein Wort sagen, Verehrter?" Sprach Siddhartha: "Was sollte ich dir, Ehrw¨¹rdiger, wohl zu sagen haben? Vielleicht das, da. du allzu viel suchst? Da. du vor Suchen nicht zum Finden kommst?" "Wie denn?" fragte Govinda. "Wenn jemand sucht," sagte Siddhartha, "dann geschieht es leicht, da. sein Auge nur noch das Ding sieht, das er sucht, da. er nichts zu finden, nichts in sich einzulassen vermag, weil er nur immer an das Gesuchte denkt, weil er ein Ziel hat, weil er vom Ziel besessen ist. Suchen hei.t: ein Ziel haben. Finden aber hei.t: frei sein, offen stehen, kein Ziel haben. Du, Ehrw¨¹rdiger, bist vielleicht in der Tat ein Sucher, denn, deinem Ziel nachstrebend, siehst du manches nicht, was nah vor deinen Augen steht." "Noch verstehe ich nicht ganz," bat Govinda, "wie meinst du das?" Sprach Siddhartha: "Einst, o Ehrw¨¹rdiger, vor manchen Jahren, bist du schon einmal an diesem Flusse gewesen, und hast am Flu. einen Schlafenden gefunden, und hast dich zu ihm gesetzt, um seinen Schlaf zu beh¨¹ten. Erkannt aber, o Govinda, hast du den Schlafenden nicht." Staunend, wie ein Bezauberter, blickte der M.nch in des F.hrmanns Augen. "Bist du Siddhartha?" fragte er mit scheuer Stimme. "Ich h.tte dich auch diesesmal nicht erkannt! Herzlich gr¨¹.e ich dich, Siddhartha, herzlich freue ich mich, dich nochmals zu sehen! Du hast dich sehr ver.ndert, Freund.--Und nun bist du also ein F.hrmann geworden?" Freundlich lachte Siddhartha. "Ein F.hrmann, ja. Manche, Govinda, m¨¹ssen sich viel ver.ndern, m¨¹ssen allerlei Gewand tragen, ihrer einer bin ich, Lieber. Sei willkommen, Govinda, und bleibe die Nacht in meiner H¨¹tte." The Legal Small Print Govinda blieb die Nacht in der H¨¹tte und schlief auf dem Lager, das einst Vasudevas Lager gewesen war. Viele Fragen richtete er an den Freund seiner Jugend, vieles mu.te ihm Siddhartha aus seinem Leben erz.hlen. Als es am andern Morgen Zeit war, die Tageswanderung anzutreten, da sagte Govinda, nicht ohne Z.gern, die Worte: "Ehe ich meinen Weg fortsetze, Siddhartha, erlaube mir noch eine Frage. Hast du eine Lehre? Hast du einen Glauben, oder ein Wissen, dem du folgst, das dir leben und rechttun hilft?" Sprach Siddhartha: "Du wei.t, Lieber, da. ich schon als junger Mann, damals, als wir bei den B¨¹.ern im Walde lebten, dazu kam, den Lehren und Lehrern zu mi.trauen und ihnen den R¨¹cken zu wenden. Ich bin dabei geblieben. Dennoch habe ich seither viele Lehrer gehabt. Eine sch.ne Kurtisane ist lange Zeit meine Lehrerin gewesen, und ein reicher Kaufmann war mein Lehrer, und einige W¨¹rfelspieler. Einmal ist auch ein wandernder J¨¹nger Buddhas mein Lehrer gewesen; er sa. bei mir, als ich im Walde eingeschlafen war, auf der Pilgerschaft. Auch von ihm habe ich gelernt, auch ihm bin ich dankbar, sehr dankbar. Am meisten aber habe ich hier von diesem Flusse gelernt, und von meinem Vorg.nger, dem F.hrmann Vasudeva. Es war ein sehr einfacher Mensch, Vasudeva, er war kein Denker, aber er wu.te das Notwendige so gut wie Gotama, er war ein Vollkommener, ein Heiliger." Govinda sagte: "Noch immer, o Siddhartha, liebst du ein wenig den Spott, wie mir scheint. Ich glaube dir und wei. es, da. du nicht einem Lehrer gefolgt bist. Aber hast nicht du selbst, wenn auch nicht eine Lehre, so doch gewisse Gedanken, gewisse Erkenntnisse gefunden, welche dein eigen sind und die dir leben helfen? Wenn du mir von diesen etwas sagen m.chtest, w¨¹rdest du mir das Herz erfreuen." Sprach Siddhartha: "Ich habe Gedanken gehabt, ja, und Erkenntnisse, je und je. Ich habe manchmal, f¨¹r eine Stunde oder f¨¹r einen Tag, Wissen in mir gef¨¹hlt, so wie man Leben in seinem Herzen f¨¹hlt. Manche Gedanken waren es, aber schwer w.re es f¨¹r mich, sie dir mitzuteilen. Sieh, mein Govinda, dies ist einer meiner Gedanken, die ich gefunden habe: Weisheit ist nicht mitteilbar. Weisheit, welche ein Weiser mitzuteilen versucht, klingt immer wie Narrheit." "Scherzest du?" fragte Govinda. "Ich scherze nicht. Ich sage, was ich gefunden habe. Wissen kann man mitteilen, Weisheit aber nicht. Man kann sie finden, man kann sie leben, man kann von ihr getragen werden, man kann mit ihr Wunder tun, aber sagen und lehren kann man sie nicht. Dies war es, was ich schon als J¨¹ngfing manchmal ahnte, was mich von den Lehrern fortgetrieben hat. Ich habe einen Gedanken gefunden, Govinda, den du wieder f¨¹r Scherz oder f¨¹r Narrheit halten wirst, der aber mein, bester Gedanke ist. Er hei.t: Von jeder Wahrheit ist das Gegenteil ebenso wahr! N.mhch so: eine Wahrheit l..t sich immer nur aussprechen und in Worte h¨¹llen, wenn sie einseitig ist. Einseitig ist alles, was mit Gedanken gedacht und mit Worten gesagt werden kann, alles einseitig, alles halb, alles entbehrt der Ganzheit, des Runden, der Einheit. Wenn der erhabene Gotama lehrend von der Welt sprach, so mu.te er sie teilen in Sansara und Nirvana, in T.uschung und Wahrheit, in Leid und Erl.sung. Man kann nicht anders, es gibt keinen andern Weg f¨¹r den, der lehren will. Die Welt selbst aber, das Seiende um uns her und in uns innen, ist nie einseitig. Nie ist ein Mensch, oder eine Tat, ganz Sansara oder ganz Nirvana, nie ist ein Mensch ganz heilig oder ganz s¨¹ndig. Es scheint ja so, weil wir der T.uschung unterworfen sind, da. Zeit etwas Wirkliches sei. Zeit ist nicht wirklich, Govinda, ich habe dies oft und oft erfahren. Und wenn Zeit nicht wirklich ist, so ist die Spanne, die zwischen Welt und Ewigkeit, zwischen Leid und Seligkeit, zwischen B.se und Gut zu liegen scheint, auch eine T.uschung." "Wie das?" fragte Govinda .ngstlich. "H.re gut, Lieber, h.re gut! Der S¨¹nder, der ich bin und der du bist, der ist S¨¹nder, aber er wird einst wieder Brahma sein, er wird einst Nirvana erreichen, wird Buddha sein--und nun siehe: dies 'Einst' ist T.uschung, ist nur Gleichnis! Der S¨¹nder ist nicht auf dem Weg zur Buddhaschaft unterwegs, er ist nicht in einer The Legal Small Print Entwickelung begriffen, obwohl unser Denken sich die Dinge nicht anders vorzustellen wei.. Nein, in dem S¨¹nder ist, ist jetzt und heute schon der k¨¹nftige Buddha, seine Zukunft ist alle schon da, du hast in ihm, in dir, in jedem den werdenden, den m.glichen, den verborgenen Buddha zu verehren. Die Welt, Freund Govinda, ist nicht unvollkommen, oder auf einem langsamen Wege zur Vollkommenheit begriffen: nein, sie ist in jedem Augenblick vollkommen, alle S¨¹nde tr.gt schon die Gnade in sich, alle kleinen Kinder haben schon den Greis in sich, alle S.uglinge den Tod, alle Sterbenden das ewige Leben. Es ist keinem Menschen m.glich, vom anderen zu sehen, wie weit er auf seinem Wege sei, im R.uber und W¨¹rfelspieler wartet Buddha, im Brahmanenwartet der R.uber. Es gibt, in der tiefen Meditation, die M.glichkeit, die Zeit aufzuheben, alles gewesene, seiende und sein werdende Leben als gleichzeitig zu sehen, und da ist alles gut, alles vollkommen, alles ist Brahm an. Darum scheint mir das, was ist, gut, es scheint mir Tod wie Leben, S¨¹nde wie Heiligkeit, Klugheit wie Torheit, alles mu. so sein, alles bedarf nur meiner Zustimmung, nur meiner Willigkeit, meines liebenden Einverst.ndnisses, so ist es f¨¹r mich gut, kann mich nur f.rdern, kann mir nie schaden. Ich habe an meinem Leibe und an meiner Seele erfahren, da. ich der S¨¹nde sehr bedurfte, ich bedurfte der Wollust, des Strebens nach G¨¹tern, der Eitelkeit, und bedurfte der schm.hlichsten Verzweiflung, um das Widerstreben aufgeben zu lernen, um die Welt lieben zu lernen, um sie nicht mehr mit irgendeiner von mir gew¨¹nschten, von mir eingebildeten Welt zu vergleichen, einer von mir ausgedachten Art der VollkommenhReit, sondern sie zu lassen, wie sie ist, und sie zu lieben, und ihr gerne anzugeh.ren.--Dies, o Govinda, sind einige,von den Gedanken, die mir in den Sinn gekommen sind." Siddhartha b¨¹ckte sich, hob einen Stein vom Erdbodene auf und wog ihn in der Hand. "Dies hier," sagte er spielend, "ist ein Stein, und er wird in einer bestimmten Zeit vielleicht Erde sein, und wird aus Erde Pflanze werden, oder Tier oder Mensch. Fr¨¹her nun h.tte ich gesagt: Dieser Stein ist blo. ein Stein, er ist wertlos, er geh.rt der Welt der Maja an; aber weil er vielleicht im Kreislauf der Verwandlungen auch Mensch und Geist werden kann, darum schenke ich auch ihm Geltung. So h.tte ich fr¨¹her vielleicht gedacht. Heute aber denke ich: dieser Stein ist Stein, er ist auch Tier, er ist auch Gott, er ist auch Buddha, ich verehre und liebe ihn nicht, weil er einstmals dies oder jenes werden k.nnte, sondern weil er alles l.ngst und immer ist--und gerade dies, da. er Stein ist, da. er mir jetzt und heute als Stein erscheint, gerade darum liebe ich ihn, und sehe Wert und Sinn in jeder von seinen Adern und H.hlungen, in dem Gelb, in dem Grau, in der H.rte, im Klang, den er von sich gibt, wenn ich ihn beklopfe, in der Trockenheit oder Feuchtigkeit seiner Oberfl.che. Es gibt Steine, die f¨¹hlen sich wie .l oder wie Seife an, und andre wie Bl.tter, andre wie Sand, und jeder ist besonders und betet das Om auf seine Weise, jeder ist Brahman, zugleich aber und ebensosehr ist er Stein, ist .lig oder saftig, und gerade das gef.llt mir und scheint mir wunderbar und der Anbetung, w¨¹rdig.--Aber mehr la. mich davon nicht sagen. Die Worte tun dem geheimen Sinn nicht gut, es wird immer alles gleich ein wenig anders, wenn man es ausspricht, ein wenig verf.lscht, ein wenig n.rrisch--ja, und auch das ist sehr gut und gef.llt mir sehr, auch damit bin ich sehr einverstanden, da. das, was eines Menschen Schatz und Weisheit ist, dem andern immer wie Narrheit klingt." Schweigend lauschte Govinda. "Warum hast du mir das von dem Steine gesagt?" fragte er nach einer Pause z.gernd. "Es geschah ohne Absicht. Oder vielleicht war es so gemeint, da. ich eben den Stein, und den Flu., und alle diese Dinge, die wir betrachten und von denen wir lernen k.nnen, liebe. Einen Stein kann ich lieben, Govinda, und auch einen Baum oder ein St¨¹ck Rinde. Das sind Dinge, und Dinge kann man lieben. Worte aber kann ich nicht lieben. Darum sind Lehren nichts f¨¹r mich, sie haben keine H.rte, keine Weiche, keine Farben, keine Kanten, keinen Geruch, keinen Geschmack, sie haben nichts als Worte. Vielleicht ist es dies, was dich hindert, den Frieden zu finden, vielleicht sind es die vielen Worte. Denn auch Erl.sung und Tugend, auch Sansara und Nirvana sind blo.e Worte, Govinda. Es gibt kein Ding, das Nirvana w.re; es gibt nur das Wort Nirvana." Sprach Govinda: "Nicht nur ein Wort, Freund, ist Nirvana. Es ist ein Gedanke." The Legal Small Print Siddhartha fuhr fort: "Ein Gedanke, es mag so sein. Ich mu. dir gestehen, Lieber: ich unterscheide zwischen Gedanken und Worten nicht sehr. Offen gesagt, halte ich auch von Gedanken nicht viel. Ich halte von Dingen mehr. Hier auf diesem F.hrboot zum Beispiel war ein Mann mein Vorg.nger und Lehrer, ein heiliger Mann, der hat manche Jahre lang einfach an den Flu. geglaubt, sonst an nichts. Er hatte gemerkt, da. des Flusses Stimme zu ihm sprach, von ihr lernte er, sie erzog und lehrte ihn, der Flu. schien ihm ein Gott, viele Jahre lang wu.te er nicht, da. jeder Wind, jede Wolke, jeder Vogel, jeder K.fer genau so g.ttlich ist und ebensoviel wei. und lehren kann wie der verehrte Flu.. Als dieser Heilige aber in die W.lder ging, da wu.te er alles, wu.te mehr als du und ich, ohne Lehrer, ohne B¨¹cher, nur weil er an den Flu. geglaubt hatte." Govinda sagte: "Aber ist das, was du Dinge' nennst, denn etwas Wirkliches, etwas Wesenhaftes? Ist das nicht nur Trug der Maja, nur Bild und Schein? Dein Stein, dein Baum, dein Flu.--sind sie denn Wirklichkeiten?" "Auch dies," sprach Siddhartha, "bek¨¹mmert mich nicht sehr. M.gen die Dinge Schein sein oder nicht, auch ich bin alsdann ja Schein, und so sind sie stets meinesgleichen. Das ist es, was sie mir so lieb und verehrenswert macht: sie sind meinesgleichen. Darum kann ich sie lieben. Und dies ist nun eine Lehre, ¨¹ber welche du lachen wirst: die Liebe, o Govinda, scheint mir von allem die Hauptsache zu sein. Die Welt zu durchschauen, sie zu erkl.ren, sie zu verachten, mag gro.er Denker Sache sein. Mir aber liegt einzig daran, die Welt lieben zu k.nnen, sie nicht zu verachten, sie und mich nicht zu hassen, sie und mich und alle Wesen mit Liebe und Bewunderung und Ehrfurcht betrachten zu k.nnen." "Dies verstehe ich," sprach Govinda. "Aber eben dies hat er, der Erhabene, als Trug erkannt. Er gebietet Wohlwollen, Schonung, Mitleid, Duldung, nicht aber Liebe; er verbot uns, unser Herz in Liebe an Irdisches zu fesseln." "Ich wei. es", sagte Siddhartha; sein L.cheln strahlte golden. "Ich wei. es, Govinda. Und siehe, da sind wir mitten im Dickicht der Meinungen drin, im Streit um Worte. Denn ich kann nicht leugnen, meine Worte von der Liebe stehen im Widerspruch, im scheinbaren Widerspruch zu Gotamas Worten. Eben darum mi.traue ich den Worten so sehr, denn ich wei., dieser Widerspruch ist T.uschung. Ich wei., da. ich mit Gotama einig bin. Wie sollte denn auch Er die Liebe nicht kennen, Er, der alles Menschensein in seiner Verg.nglichkeit, in seiner Nichtigkeit erkannt hat, und dennoch die Menschen so sehr liebte, da. er ein langes, m¨¹hevolles Leben einzig darauf verwendet hat, ihnen zu helfen, sie zu lehren! Auch bei ihm, auch bei deinem gro.en Lehrer, ist mir das Ding lieber als die Worte, sein Tun und Leben wichtiger als sein Reden, die Geb.rde seiner Hand wichtiger als seine Meinungen. Nicht im Reden, nicht im Denken sehe ich seine Gr..e, nur im Tun, im Leben." Lange schwiegen die beiden alten M.nner. Dann sprach Govinda, indem er sich zum Abschied verneigte: "Ich danke dir, Siddhartha, da. du mir etwas von deinen Gedanken gesagt hast. Es sind zum Teil seltsame Gedanken, nicht alle sind mir sofort verst.ndlich geworden. Dies m.ge sein, wie es wolle, ich danke dir, und ich w¨¹nsche dir ruhige Tage." (Heimlich bei sich aber dachte er: Dieser Siddhartha ist ein wunderlicher Mensch, wunderliche Gedanken spricht er aus, n.rrisch klingt seine Lehre. Anders klingt des Erhabenen reine Lehre, klarer, reiner, verst.ndlicher, nichts Seltsames, N.rrisches oder L.cherliches ist in ihr enthalten. Aber anders als seine Gedanken scheinen mir Siddharthas H.nde und F¨¹.e, seine Augen, seine Stirn, sein Atmen, sein L.cheln, sein Gru., sein Gang. Nie mehr, seit unser erhabener Gotama in Nirvana einging, nie mehr habe ich einen Menschen angetroffen, von dem ich f¨¹hlte: dies ist ein Heiligert Einzig ihn, diesen Siddhartha, habe ich so gefunden. Mag seine Lehre seltsam sein, m.gen seine Worte n.rrisch klingen, sein Blick und; seine Hand, seine Haut und sein Haar, alles an ihm strahlt eine Reinheit, strahlt eine Ruhe, strahlt eine Heiterkeit und Milde und Heiligkeit aus, welche ich an keinem anderen Menschen seit dem letzten Tode unseres erhabenen Lehrers gesehen habe.) Indem Govinda also dachte, und ein Widerstreit in seinem Herzen war, neigte er sich nochmals zu Siddhartha, The Legal Small Print von Liebe gezogen. Tief verneigte er sich vor dem ruhig Sitzenden. "Siddhartha", sprach er, "wir sind alte M.nner geworden. Schwerlich wird einer von uns den andern in dieser Gestalt wiedersehen. Ich sehe, Geliebter, da. du den Frieden gefunden hast. Ich bekenne, ihn nicht gefunden zu haben. Sage mir, Verehrter, noch ein Wort, gib mir etwas mit, das ich fassen, das ich verstehen kann! Gib mir etwas mit auf meinen Weg. Er ist oft beschwerlich, mein Weg, oft finster, Siddhartha." Siddhartha schwieg und blickte ihn mit dem immer gleichen, stillen L.cheln an. Starr blickte ihm Govinda ins Gesicht, mit Angst, mit Sehnsucht, Leid und ewiges Suchen stand in seinem Blick geschrieben, ewiges Nichtfinden. Siddhartha sah es, und l.chelte. "Neige dich zu mir!" fl¨¹sterte er leise in Govindas Ohr. "Neige dich zu mir her! So, noch n.her! Ganz nahe! K¨¹sse mich auf die Stirn, Govinda!" W.hrend aber Govinda verwundert, und dennoch von gro.er Liebe und Ahnung gezogen, seinen Worten gehorchte, sich nahe zu ihm neigte und seine Stirn mit den Lippen ber¨¹hrte, geschah ihm etwas Wunderbares. W.hrend seine Gedanken noch bei Siddharthas wunderlichen Worten verweilten, w.hrend er sich noch vergeblich und mit Widerstreben bem¨¹hte, sich die Zeit hinwegzudenken, sich Nirvana und Sansara als Eines vorzustellen, w.hrend sogar eine gewisse Verachtung f¨¹r die Worte des Freundes in ihm mit einer ungeheuren Liebe und Ehrfurcht stritt, geschah ihm dieses: Er sah seines Freundes Siddhartha Gesicht nicht mehr, er sah statt dessen andre Gesichter, viele, eine lange Reihe, einen str.menden Flu. von Gesichtern, von hunderten, von tausenden, welche alle kamen und vergingen, und doch alle zugleich dazusein schien-en, welche alle sich best.ndig ver.nderten und erneuerten, und welche doch alle Siddhartha waren. Er sah das Gesicht eines Fisches, eines Karpfens, mit unendlich schmerzvoll ge.ffnetem Maule, eines sterbenden Fisches, mit brechenden Augen--er sah das Gesicht eines neugeborenen Kindes, rot und voll Falten, zum Weinen verzogen--er sah das Gesicht eines M.rders, sah ihn ein Messer in den Leib eines.Menschen stechen--er sah, zur selben Sekunde, diesen Verbrecher gefesselt knien und sein Haupt vom Henker mit einem Schwertschlag abgeschlagen werden--er sah die K.rper von M.nnern und Frauen nackt in Stellungen und K.mpfen rasender Liebe--er sah Leichen ausgestreckt, still, kalt, leer--er sah Tierk.pfe, von Ebern, von Krokodilen, von Elefanten, von Stieren, von V.geln--er sah G.tter, sah Krischna, sah Agni--er sah alle diese Gestalten und Gesichter in tausend Beziehungen zueinander, jede der andern helfend, sie liebend, sie hassend, sie vernichtend, sie neu geb.rend, jede war ein Sterbenwollen, ein leidenschaftlich schmerzliches Bekenntnis der Verg.nglichkeit, und keine starb doch, jede verwandelte sich nur, wurde stets neu geboren, bekam stets ein neues Gesicht, ohne da. doch zwischen einem und dem anderen Gesicht Zeit gelegen w.re--und alle diese Gestalten und Gesichter ruhten, flossen, erzeugten sich, schwammen dahin und str.mten ineinander, und ¨¹ber alle war best.ndig etwas D¨¹nnes, Wesenloses, dennoch Seiendes, wie ein d¨¹nnes Glas oder Eis gezogen, wie eine durchsichtige Haut, eine Schale oder Form oder Maske von Wasser, und diese Maske l.chelte, und diese Maske war Siddharthas l.chelndes Gesicht, das er, Govinda, in eben diesem selben Augenblick mit den Lippen ber¨¹hrte. Und, so sah Govinda, dies L.cheln der Maske, dies L.cheln der Einheit ¨¹ber den str.menden Gestaltungen, dies L.cheln der Gleichzeitigkeit ¨¹ber den tausend Geburten und Toten, dies L.cheln Siddharthas war genau dasselbe, war genau das gleiche, stille, feine, undurchdringliche, vielleicht g¨¹tige, vielleicht sp.ttische, weise, tausendf.ltige L.cheln Gotamas, des Buddha, wie er selbst es hundertmal mit Ehrfurcht gesehen hatte. So, das wu.te Govinda, l.chelten die Vollendeten. Nicht mehr wissend ob es Zeit gebe, ob diese Schauung eine Sekunde oder hundert Jahre gew.hrt habe, nicht mehr wissend, ob es einen Siddhartha, ob es einen Gotama, ob es Ich und Du gebe, im Innersten wie von einem g.ttlichen Pfeile verwundet, dessen Verwundung s¨¹. schmeckt, im Innersten verzaubert und aufgel.st, stand Govinda noch eine kleine Weile, ¨¹ber Siddharthas stilles Gesicht gebeugt, das er soeben gek¨¹.t hatte, The Legal Small Print das soeben Schauplatz aller Gestaltungen, alles Werdens, alles Seins gewesen war. Das Antlitz war unver.ndert, nachdem unter seiner Oberfl.che die Tiefe der Tausendf.ltigkeit sich wieder geschlossen hatte, er l.chelte still, l.chelte leise und sanft, vielleicht sehr g¨¹tig, vielleicht sehr sp.ttisch, genau, wie er gel.chelt hatte, der Erhabene. Tief verneigte sich Govinda, Tr.nen liefen, von welchen er nichts wu.te, ¨¹ber sein altes Gesicht, wie ein Feuer brannte das Gef¨¹hl der innigsten Liebe, der dem¨¹tigsten Verehrung in seinem Herzen. Tief verneigte er sich, bis zur Erde, vor dem regungslos Sitzenden, dessen L.cheln ihn an alles erinnerte, was er in seinem Leben jemals geliebt hatte, was jemals in seinem Leben ihm wert und heilig gewesen war. Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes "Siddhartha", von Hermann Hesse. End of The Project Gutenberg Etext of "Siddhartha", by Hermann Hesse. Siddhartha, by Hermann Hesse A free ebook from http://manybooks.net/